Bundesliga: S04, VfB Stuttgart, Hoffenheim & Co. mit Rollentausch im Tabellenkeller
Rollentausch im Keller: S04, VfB & Co. zwischen Hoffen und Bangen
11.04.2023 | 19:13 Uhr
Fans und Verantwortliche fürchten vor allem in der Saison-Endphase einen ungebetenen Gast: Das Abstiegsgespenst. In Gelsenkirchen, Stuttgart und Co. schwebt es schon seit Monaten über den Dächern. Während bei manchen Klubs die Nerven blank liegen, zeigen andere sieben Spieltag vor Schluss eine breite Brust. Sky blickt auf die Stimmungslage im Abstiegskrimi.
FC Schalke 04
Schalke scheint nach einem beeindruckenden Start in die Rückrunde (zwei Siege, sechs Remis) wieder in der Realität angekommen zu sein - und die fühlt sich für alle S04-Fans schmerzhaft an. Nach dem 0:2 in Hoffenheim und der gleichzeitigen zweiten Niederlage in Folge rutschen die Knappen auf den letzten Tabellenplatz ab - wieder mal.
Die Wolken über Gelsenkirchen ziehen sich zu und werden immer grauer. Die Hoffnung auf den Klassenverbleib bekommt wieder deutlich mehr Risse. "Im letzten Angriffsdrittel fehlt einfach die Klasse", analysiert Sky Reporter Jesco von Eichmann die Pleite bei der TSG.
Die Mannschaft enttäuscht, die Fans begeistern. Aber auch die zahlreichen königsblauen Anhänger konnten den Ball nicht hinein schreien. "Ich habe als Schalke-Trainer schon viel erlebt. Aber das ist die nächste Stufe", sagte Trainer Thomas Reis kurz vor dem Anpfiff bei DAZN.
Nach dem Spiel schwappte die Stimmung beim Coach schnell um. Die Enttäuschung über die Leistung seiner Mannschaft war riesengroß: "Es war heute unterirdisch. Wir arbeiten das auf. Ich glaube, dass wenige behaupten können, an ihre Leistung herangekommen zu sein, wenn ich Ralf Fährmann rausnehme."
Reis bemängelte vor allem die fehlende Leidenschaft: "Wenn man vom Abstiegskampf redet, habe ich nur eine Mannschaft gesehen, die alles dafür investiert hat, und das war Hoffenheim. Die erste Halbzeit war eines Abstiegskampfes nicht würdig."
Schlussmann Ralf Fährmann hatte schon das Duell Letzter gegen Vorletzter mit der Hertha am kommenden Freitag im Kopf: "Ich wollte das Wort Finale bisher nicht in den Mund nehmen, aber ich denke, am Freitag wird das eins."
Zeichen zu setzen im Abstiegsstrudel: Einsatz, Leidenschaft und Kampf zu zeigen - all das ließ S04 vermissen. Doch noch darf man S04 nicht abschreiben. Zuletzt hieß es vor dem Duell gegen Stuttgart: Jetzt müssen sie gewinnen, sonst ist es aus. Und Schalke zeigte mit zwei Siegen in Serie eine starke Reaktion. Doch eins ist auch klar: "Schalke muss seine Topelf, in Topzustand und mit einer Topeinstellung auf den Rasen bringen, ansonsten wird das nichts", bringt es von Eichmann auf den Punkt.
Restprogramm: Hertha BSC (H), SC Freiburg (A), Werder Bremen (H), Mainz 05 (A), FC Bayern (A), Eintracht Frankfurt (H), RB Leipzig (A)
TSG Hoffenheim
Klimatisch ganz anders sieht es knapp 280 Kilometer Luftlinie in Sinsheim aus. 1899 Hoffenheim bringt wohl von den letzten fünf Vereinen spielerisch das beste Personal auf den Rasen - und mittlerweile auch die beste Form. Nach dem ernüchternden Auftakt nach Amtsantritt von Pellegrino Matarazzo im Februar mit vier Niederlagen in Serie, konnte die TSG das Ruder rumreißen und die letzten drei Partien gewinnen.
Der Coach hat für Kapitän Oliver Baumann einen großen Anteil daran: "Der Sieg ist extrem viel wert, denn es war Druck auf dem Kessel. Wir sind viel besser geworden nach der ewig langen Serie, in der wir nur auf die Fresse bekommen haben. Wir spielen mit viel Herz und haben Charakter. Pellegrino Matarazzo hat einen großen Anteil daran, dass wir drei Spiele nacheinander gewonnen haben. Er ist sehr ehrlich, hat gute Ideen. Auch unser Mannschaftsabend war wichtig. Die Serie gibt uns extrem viel Selbstvertrauen."
Matarazzo selbst zeigte sich nach dem Sieg wie die Mannschaft locker und zuversichtlich: "Der Erfolg gibt uns eine breite Brust für den restlichen Weg. Die Situation sieht besser aus als vor drei Spieltagen, aber wir müssen weiterhin jede Woche unsere Leistung abrufen, sonst kommen wir in Schwierigkeiten. Wir wollen auch in München etwas holen."
Mit nunmehr acht Siegen auf der Habenseite, haben Kramaric, Baumann & Co. fast beruhigende fünf Punkte Vorsprung vor dem Relegationsplatz 16.
Restprogramm: FC Bayern (A), 1. FC Köln (H), RB Leipzig (A), Eintracht Frankfurt (H), VfL Wolfsburg (A), Union Berlin (H), VfB Stuttgart (A)
VfB Stuttgart
Dort rangiert nach der 27. Runde der VfB Stuttgart. Im Schwabenland scheinen nach dem ersten Auswärtssieg seit 485 Tagen wieder deutlich mehr Sonnenstrahlen. Nach dem Pokalsieg in Nürnberg und dem Einzug ins Halbfinale jubeln die Mannen von Neu-Coach Sebastian Hoeneß auch in der Bundesliga. Mit dem 3:2-Sieg beim direkten Konkurrenten VfL Bochum verlässt der VfB nach einer Ewigkeit einen direkten Abstiegsplatz.
Sebastian Hoeneß hat die Mannschaft wiederbelebt. Mit zwei Siegen binnen einer Woche gelangen dem VfB genauso viele Siege unter der Regie des 40-Jährigen wie unter seinem Vorgänger Bruno Labbadia, der seit Dezember auf der Trainerbank saß.
Der VfB Stuttgart meldet sich eindrucksvoll zurück im Kampf um den Klassenerhalt! Gründe für den Erfolg unter Hoeneß liegen auf der Hand. Zum einen aus taktischer Sicht: Der Coach stellte von einer Viererkette auf Dreierkette um. Damit kann Borna Sosa seinen intensiven Flügelläufen deutlich mehr Nachdruck verleihen. Das Spiel nach vorne strahlt mehr Gefahr aus als noch unter Labbadia.
Die größere Umstellung gelang Hoeneß jedoch wohl im Kopf der Profis. Die Auftritte unter Labbadia waren verkrampft - "das Vertrauen der Spieler in den Trainer schwand", berichtet Sky Reporter Dennis Bayer aus Stuttgart. Die Spieler hatten selbst nicht mehr an sich geglaubt.
In Bochum ein ganz anderes Bild. Dem VfB gelang ein Sieg des Willens. Spielerisch war noch Luft nach oben, aber die Gier auf den Sieg war von der ersten Minute an spürbar. Die Verkrampfung scheint gelöst zu sein. "Man hat von Anfang an gespürt, dass es für beide Mannschaften um sehr viel ging. Das hat man auch direkt an der Körpersprache, am Fokus und der Konzentration gesehen. Wir haben auf die langen Bälle der Bochumer von Beginn an gut reagiert, waren hinten sehr gut strukturiert und haben viele Kopfballduelle gewonnen", zeigte sich VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth erleichtert.
Auch der Trainer lobt besonders die Einstellung seiner Mannschaft: "Meine Mannschaft hat einen Fighting-Spirit bewiesen, der überragend war. Jeder, der auf dem Platz stand, hat bis zur letzten Minute alles gegeben, um das Spiel zu gewinnen. Ich habe heute gesehen, dass die Mannschaft die Köpfe nach dem Gegentor direkt wieder hochnimmt. Das ist der Weg und für so ein Spiel enorm wichtig. Ich bin super happy mit dem Sieg. Das waren Big Points, die nehmen wir mit, genau wie das positive Gefühl."
Restprogramm: Borussia Dortmund (H), FC Augsburg (A), Borussia Mönchengladbach (H), Hertha BSC (A), Bayer Leverkusen (H), Mainz 05 (A), TSG Hoffenheim (H)
VfL Bochum
Weiter stark bewölkt sieht es am Bochumer Himmel aus. Die ausgeglichene Heimbilanz (sechs Siege & sechs Niederlagen, plus ein Remis) lässt die VfL-Fans weiter an den Klassenerhalt glauben. Bochum hat durchaus spielerische Stärke, aber vor allem eins: Emotionen. Für den Aufreger am Ostersonntag sorgte Schlussmann Manuel Riemann. Der Keeper legte sich mit einem Zuschauer auf der Tribüne an. Riemann und der Anhänger standen dabei sogar Kopf-an-Kopf. Beide konnten aber gerade noch vor einer Eskalation getrennt werden.
Die Nerven im Abstiegskampf werden bei allen Beteiligten strapaziert. Der Druck nach der Niederlage gegen den direkten Konkurrenten steigt an der Castroper Straße wieder leicht an. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz (drei) und direkten Abstiegsplatz (vier) schmolz um einen Zähler. "Die Niederlage gegen den VfB Stuttgart ist für alle Blau-Weißen eine große Enttäuschung, für das Team ebenso wie für die Fans. Aber: Wir sind noch mittendrin, die Saison ist nicht vorbei. Wir haben es selbst in der Hand, den Klassenerhalt zu schaffen", schreibt der VfL optimistisch auf der Homepage.
Auch für Coach Thomas Letsch ist die Niederlage gegen den VfB kein Grund nervös zu werden: "Wir haben eine große Chance verpasst, nichtsdestotrotz wirft uns das nicht um. Der Abstiegskampf wird noch eine Weile gehen, mit den üblichen Verdächtigen."
Restprogramm: Union Berlin (A), VfL Wolfsburg (H), Borussia Dortmund (H), Borussia Mönchengladbach (A), FC Augsburg (H), Hertha BSC (A), Bayer Leverkusen (H)
Hertha BSC
Leichte Sturmböen wehen weiter in der Hauptstadt. Vor 50.679 Zuschauern im Olympiastadion lieferten die Herthaner gegen RB Leipzig einen heißen Fight, blieben jedoch zum fünften Mal in Folge ohne einen Dreier. Mit nur 22 Zählern rangiert die Alte Dame auf dem Relegationsplatz und muss weiter um den Klassenerhalt bangen - und noch gravierender: Hertha könnte am Freitag mit einer Niederlage auf Schalke sogar ans Tabellenende abrutschen (ab 20:30 Uhr im LIVETICKER). Auf Rechenspiele hat kaum einer richtig Lust, allerdings sind sie im Abstiegskrimi unumgänglich. Der Abstand auf das rettende Ufer beträgt vier Punkte.
Zum Auftakt des 28. Spieltags kommt es zum Showdown: Letzter gegen Vorletzter. Ein Sieg ist ein MUSS! Kevin-Prince Boateng scheint zumindest heiß auf das Duell gegen S04 zu sein. "Da wird es noch mehr Rangelei geben, vielleicht wird es eine Rote Karte geben. Das ist Abstiegskampf." Wenn dann noch die Lokalrivalen von Eisern Union am Sonntag gegen den VfL Bochum siegen, reißt die Wolkendecke auch in ganz Berlin etwas weiter auf.
Restprogramm: FC Schalke 04 (A), Werder Bremen (H), FC Bayern (A), VfB Stuttgart (H), 1. FC Köln (A), VfL Bochum (H), VfL Wolfsburg (A)
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