Emre Can - die ewige Reizfigur
18.09.2024 | 16:25 Uhr
Emre Can hat zuletzt mit seinem polarisierenden Torjubel gegen den 1. FC Heidenheim für Aufsehen gesorgt. Nach dem Spiel stellte er klar: Der Jubel richtete sich an seine Kritiker. Es war nicht das erste Mal, dass sich der deutsche Nationalspieler bei den eigenen Fans rechtfertigen musste.
Emre Can trägt als Führungsspieler des BVB die Kapitänsbinde. Damit sollte der 30-Jährige eigentlich unumstrittener Stammspieler sein und bei den eigenen Fans auf große Beliebtheit stoßen. Sollte - denn derzeit wehrt sich Can gegen die anhaltende Kritik und äußerte jüngst sein Unverständnis über die aktuelle Situation. Über eine Situation, die für den Mittelfeldspieler aber auch nicht ganz neu ist.
Seit 2020 schnürt Can seine Schuhe für die schwarz-gelbe Borussia. Gekommen vom damaligen italienischen Serienmeister Juventus Turin, sollte dieser das Mittelfeld leistungstechnisch auf eine neue Ebene heben. Jedoch schaffte es Can nie so wirklich, sich konstant mit guten Leistungen in der BVB-Zentrale festzuspielen. Oftmals wurde er auch zum Sündenbock ernannt. Kritik, die an dem ehemaligen Bayern-Spieler nicht spurlos vorbeigeht.
Doch ist der BVB wirklich schlechter dran, wenn der eigene Kapitän bei den Spielen außenvor bleibt? Was die reine Datenlage angeht, nein. Denn die Borussen stehen mit Can, der bekannt für sein gutes Defensivverhalten als knallharter Abräumer ist (mit 53% die mit Abstand beste Zweikampfquote der BVB-Mittelfeldspieler 2024/25), deutlich kompakter und bekommen weniger Gegentore (mit Can: 1,2 Gegentore pro Spiel; ohne Can: 1,4).
Auf der anderen Seite hatte Can auch immer wieder mal Böcke in seinem Spiel und verursachte auch Strafstöße gegen sein Team. Zudem konnte er am offensiven Ende im Vergleich zu seinen Mittelfeld-Konkurrenten diese Saison noch keine Torschussvorlage beisteuern.
Trotz dieser Leistungsschwankungen stieg Can in der vergangenen Spielzeit unter Ex-Trainer Edin Terzic zum Mannschaftskapitän auf. Eine Entscheidung, die nicht alle BVB-Fans mit offenen Armen begrüßten. Schließlich musste Publikumsliebling Marco Reus die Binde weitergeben. An dieser Kapitänsentscheidung hielt auch Neu-Coach Nuri Sahin bei seinem Amtsantritt fest. Allerdings ist der Mittelfeldabräumer wie damals unter Terzic (abgelaufene Saison 25 von 34 BL-Einsätzen) auch aktuell nicht immer gesetzt.
Auch gegen Heidenheim kam Can in der 78. Minute nur von der Bank, traf aber noch per Elfmeter zum 4:2-Endstand. Was danach folgte, war eine Schweige-Jubelgeste, die direkt an seine Kritiker adressiert war, wie er nach dem Schlusspfiff klarstellte.
Auf der Pressekonferenz vor dem wichtigen Champions-League-Auftakt gegen Club Brügge legte der Kapitän nochmals nach: "Ich sehe das schon so, dass ich manchmal ungerecht behandelt werde." Damit spielte der DFB-Kicker auf die geäußerte Kritik an. Es sei ihm zu einfach, wenn einzelne Spieler rausgepickt werden, die keine Leistungen bringen würden.
Dennoch ist Can sich seiner Rolle als Kapitän zwar bewusst, wird aber auch nicht für alles geradestehen: "Ich weiß, ich bin der Kapitän, ich weiß, dass ich den Kopf für vieles hinhalten muss, aber es muss auch gerecht sein. Das sind Fakten, die ich spreche, es ist die Wahrheit und deswegen finde ich schon, dass es manchmal ungerecht ist."
Öffentlich stärkte der BVB in Persona von Sportdirektor Sebastian Kehl und Trainer Sahin dem eigenen Spieler den Rücken. "Ich stehe komplett hinter ihm - er ist unser Kapitän" (Kehl bei Sky90) oder "Emre ist, wie er ist und ich bin froh, wie er ist" (Sahin auf Brügge-PK), lauteten jüngst die klaren Bekundungen zum Mittelfeldmann.
Doch auch vereinsintern war Can nicht immer unumstritten. Im Sommer 2023 galt dieser zwischenzeitlich sogar als Verkaufskandidat, wäre BVB-Flirt Edson Alvarez doch nach Dortmund gewechselt.
Klar ist: Sollte Sahin auch in den kommenden Spielen nur bedingt auf den eigenen Kapitän setzen, könnte dieses Thema weiter an Fahrt aufnehmen und auch vereinsintern zur ersten Bewährungsprobe für den Neu-Coach werden.
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