Champions League: Ein Kommentar zu Ilkay Gündogan
Gündogan und Neumann zeigen: Mehr "cringe" geht nicht
11.06.2023 | 20:07 Uhr
Ilkay Gündogan krönt seine Karriere und feiert mit Manchester City das Triple. In Deutschland stoßen diese Erfolge auf kein großes Interesse, auch TV-Kommentatorin Claudia Neumann läuft dem DFB-Kicker den Rang ab, leider aus einem erbärmlichen Grund. Ein Kommentar.
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Inmitten seines größten Erfolgs suchte Ilkay Gündogan den Weg zu den Inter-Akteuren, nahm sie in den Arm und spendete Trost. Schließlich weiß er aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, ein Champions-League-Finale zu verlieren, gleich zwei Mal (2013 & 2021) musste er diese Tortur durchmachen.
Empathie mit dem unterlegenen Gegner, Fairness und Sportsmanship - für diese gelebten Werte genießt der deutsche Nationalspieler innerhalb der Fußball-Branche große Anerkennung. Einen hohen Stellenwert hat Gündogan auch in England, speziell in Manchester.
Guardiola lobt Gündogan in höchsten Tönen
Das Foto, wie er als Kapitän den Henkelpott in den Nachthimmel von Istanbul reckt, ist eines für die Ewigkeit. Seit Samstagabend darf er sich Champions-League-Gewinner und Triple-Sieger nennen, dazu wurde er fünf Mal englischer Meister und zwei Mal FA-Cup-Sieger. Nicht als Nebendarsteller, sondern als Führungsfigur und Entscheider. Wie 2022, als er City am letzten Spieltag per Doppelpack die Meisterschaft sicherte. Oder am 3. Juni, als er mit zwei Volley-Toren im FA-Cup-Finale gegen Manchester United zum umjubelten Matchwinner avancierte.
Gündogan hat sich bei den Skyblues seit seiner Ankunft 2016 zu einer Institution entwickelt. Sein Wort hat unheimliches Gewicht - und das in einer mit Weltstars gespickten Mannschaft. Er ist Guardiolas verlängerter Arm auf dem Rasen, innerhalb des Teams eine natürliche, zurückhaltende Autorität. Stellvertretend dafür steht die Geste von Erling Haaland, der absolut aufs Toreschießen fixiert ist, aber seinem Kapitän in dieser Saison den Ball für einen Elfmeter überließ, damit dieser die Chance auf seinen ersten Hattrick hat.
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Gündogan ist der erfolgreichste deutsche Spieler in der Premier League, hat die meisten Tore geschossen und wird nach seiner Karriere in einem Atemzug mit Mittelfeld-Legenden wie Steven Gerrard, Frank Lampard, Patrick Vieira oder Paul Scholes genannt werden. Pep Guardiola bezeichnete seinen Schützling als einen der "intelligentesten und klügsten Spieler", die er je trainiert habe. Nun sind Guardiola'sche Lobhudeleien alles andere als eine Seltenheit, doch ein größerer verbaler Ritterschlag ist kaum mehr möglich, schließlich hat der Ausnahmetrainer die besten Spieler der Welt wie Lionel Messi und Masterminds wie Xavi, Andres Iniesta, Xabi Alonso oder Philipp Lahm unter seinen Fittichen gehabt.
Gündogan teilt das Schicksal von Kroos
Gündogan ist anerkannt, er genießt die höchste Wertschätzung - nur nicht in seinem Heimatland, wo er in Gelsenkirchen geboren wurde, wo er in Nürnberg und Dortmund seine fußballerischen Meriten erworben hat. Seine Errungenschaften werden registriert, aber nicht von der breiten Masse honoriert, wie es mit Blick auf seine sportliche Vita eigentlich der Fall sein sollte. Stattdessen hat der 32-Jährige hierzulande mit einem bestimmten Phänomen zu kämpfen: dem "Kroos-Syndrom".
Höchst erfolgreich im Ausland, aber in Deutschland stets immer etwas unter dem Radar - Kroos kennt dieses Mysterium wie kein Zweiter. Kein Spieler der Welt hat die Champions League häufiger gewonnen (fünf Mal), seit fast einer Dekade prägt er das Mittelfeld beim renommiertesten Klub der Welt mit dem wohl aufgeregtesten Umfeld. Dennoch gibt es immer noch eine Vielzahl von unverbesserlichen Spöttern, die nicht aufhören, den Weltmeister von 2014 als "Querpass-Toni" zu bezeichnen. Wohlgemerkt nicht in Spanien, sondern in Deutschland. Der Fall von Gündogan ist aber noch etwas anders gelagert.
Der Stratege mit der Rückennummer acht hat im DFB-Dress (66 Länderspiele, 17 Tore) seit seinem Debüt im Oktober 2011 noch keine großen Spuren hinterlassen. Aus verschiedensten Gründen. Schwerwiegende Verletzungen kosteten ihm die WM 2014 und die EM 2016, dazu der Eklat um das Erdogan-Foto vor der WM 2018 und andere Positionen sowie Aufgaben als bei City, weshalb er seine in Manchester gefeierten Qualitäten nur punktuell einbringen konnte.
Gündogan mit vorbildlicher Einstellung
Erst die WM 2022 hatte das Potenzial für eine Zeitenwende. Gündogan glänzte im Eröffnungsspiel gegen Japan als Taktgeber, erzielte das Elfmetertor zur Führung, war der beste Spieler auf dem Platz und musste dennoch nach 67 Minuten für Leon Goretzka weichen. Das Ende ist hinlänglich bekannt, doch Flicks damalige Maßnahme hatte eines deutlich gemacht: Beim DFB ist Gündogan - anders als bei City - nicht unantastbar. Und dennoch gibt er nicht auf. Auch das nötigt Respekt ab.
Schließlich hätte nach der langen, kräftezehrenden Saison manch anderer auf die Reise zum Nationalteam verzichtet und die Fußballschuhe mit den Flip-Flops ausgetauscht. Nicht so Gündogan. Er will mehr Verantwortung übernehmen, eine tragende Rolle bei der Heim-EM 2024 spielen und weiß, dass die Testspiele für dieses Unterfangen unheimlich wichtig sind. Eine Einstellung, die an Professionalität nicht zu überbieten ist, aber nicht gebührend gewürdigt wird. Doch sowohl Gündogan als auch Kroos sind damit keineswegs alleine.
Fußball wird nicht mehr um des Fußballs Willen geschaut
Marc-Andre ter Stegen hütet seit Jahren das Tor des FC Barcelona, hat in dieser Saison mit 26 Zu-Null-Spielen einen historischen LaLiga-Rekord aufgestellt und dennoch wird in Fußball-Deutschland häufiger darüber diskutiert, ob Manuel Neuer wieder zur alten Stärke zurückfinden wird. Sami Khedira (Real Madrid und Juventus) und Mesut Özil (bevor er seine Verbindung zu Erdogan öffentlich zur Schau stellte) erging es größtenteils nicht anders. Doch wie ist dieses leidige Phänomen zu erklären?
Natürlich liegt hierzulande der große Fokus auf der Bundesliga, allerdings haben wir Medienschaffende auch den Auftrag, die Leistungen der deutschen Spieler im Ausland sichtbar zu machen. Es gilt zu hinterfragen, ob wir dem wirklich ausreichend gerecht werden. Bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage hilft aber auch ein Blick in die Sozialen Medien. Dort ist ein eindeutiger Trend zu erkennen: Millionen von TV-Zuschauer schauen Fußball nicht mehr um des Fußballs Willen.
Mal werden - übrigens völlig berichtigt - die unsäglichen Show-Acts der UEFA vor einem Champions-League-Finale verhöhnt oder jeder kleinste Fehler und Versprecher der TV-Kommentatorin Claudia Neumann gezählt, um diese bei Twitter mit dem entsprechenden Hashtag zu verbreiten und dadurch einen Shitstorm zu entfachen. Der Sport verkommt zur Nebensache und so trendete am Sonntag auf Twitter Deutschland #Neumann statt #Guendogan. Eine Entwicklung, die beschämend ist. Oder im Jargon der Jugendlichen gesprochen: cringe.
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