Barcas Finanzkrise: Messis Abschied als Rettung?
28.01.2021 | 14:56 Uhr
Mehr als eine Milliarde (!) Euro Schulden, Umsatzeinbruch um 125 Millionen und ausstehende Zahlung für Transfers von fast 200 Millionen. Die finanzielle Situation des FC Barcelona ist so bedrohlich, dass die spanische Zeitung "El Mundo" sogar schrieb, Barca stehe "am Rande des Bankrotts".
Doch warum sorgen die Zahlen, die schon teilweise seit Anfang Oktober vergangenen Jahres im Umlauf sind, jetzt für so große Schlagzeilen? Welche Rolle spielt der ehemalige Barca-Präsident Bartomeu?
Was bedeutet die Krise für die Zukunft von Lionel Messi und wie könnten der Verein, dessen Motto "mehr als ein Klub" heißt, den Kopf aus der Schlinge ziehen?
Sky Sport hat diese Fragen mit einem Barca-Kenner disktutiert.
"Der vor Kurzem auf Barcas Internetseite veröffentliche Finanzreport ist schon einige Monate alt", erklärt Alex Truica, Freier Journalist und Chefredakteur von barcawelt.de.
Nach einem Bericht der Zeitung SPORT wurde der Report schon am 17. August verfasst, aber jetzt erst veröffentlicht, weil wegen der Corona-Pandemie die Mitgliederversammlung nicht stattfinden konnte und die drei Präsidentschaftskandidaten Joan Laporta, Toni Freixa und Victor Font nun Einblick in die finanzielle Situation des Vereins haben müssen.
Für Truica zeigt der Zeitpunkt der Veröffentlichung aber auch, "wie bei Barca gearbeitet wird."
Bei Barca herrscht seit geraumer Zeit ein institutionelles Chaos - Ex-Präsident Bartomeu stand viele Monate im Zentrum der Kritik und trat schließlich am 27. Oktober vergangenen Jahres zurück.
Bartomeu "war berühmt/berüchtigt dafür, dass er zwielichtige Dinge betreibt", meint der Barca-Fachmann. Unter Bartomeu sei "viel vertuscht" worden, "deshalb wundert es mich nicht, dass der Report erst jetzt aufgetaucht ist. Hätte er ihn damals veröffentlicht, hätte es seine Position noch mehr geschwächt."
Das liegt vor allem an der Höhe der Summe. "Zum ersten Mal wurde eine Milliarde überschritten, deshalb herrscht jetzt Alarmstufe Rot", meint Truica.
Auch in der Vergangenheit habe Barca ein Schuldenberg belastet, auf der anderen Seite hätten die Katalanen aber auch zuletzt fast eine Milliarde Euro eingenommen. Dass nun der Umsatz um 125 Millionen Euro eingebrochen ist, hat die Situation verschärft. Auch wenn Barca immer noch der Verein mit den weltweit größten Einnahmen ist, hat Corona auch bei den Katalanen zu schmerzlichen Einbußen geführt.
Normalerweise würde ich sagen, Barca ist "too big to fall", so der Klubkenner. Schließlich seien hohe Schulden für spanische Vereine nichts Ungewöhnliches und der spanische Fiskus drücke gern einmal ein Auge zu. Man denke an Real Madrid. Barcelonas Erzrivale plagen ebenfalls Schulden in mehrstelliger Millionenhöhe.
Die Zeit drängt, denn bis Ende Juni muss Barca 266 Millionen Euro an Bankkrediten zurückzahlen.
Die schnellste und einfachste Möglichkeit an Geld zu kommen, wäre wahrscheinlich der Verkauf der Namensrechte für das Stadion. Es gibt sicher einer Reihe großer Firmen, die daran interessiert wäre, dass ihr Logo über dem Camp Nou prangt.
Eine weitere Einnahmequelle ist natürlich der Verkauf von Spielern. Wenngleich in Zeiten von Corona nicht so rentabel wie sonst.
Luis Suarez (zu Atletico Madrid), Ivan Rakitic (FC Sevilla) und Arturo Vidal (Inter Mailand) sind die wohl prominentesten Namen, die Barca wegen seiner finanziellen Probleme abgeben musste.
"Sie haben Suarez quasi verschenkt, weil sie sich sein Gehalt nicht mehr leisten konnten", erklärt Truica. Auch Rakitic und Vidal mussten gehen, weil Barca sie nicht mehr bezahlen konnte oder wollte. Der vor dieser Saison eingeleitete Umbruch sei zwar auch sportlich nötig gewesen, vor allem aber finanziell.
"Barca wird versuchen, weiter Spieler zu verkaufen. Sie müssen Ausgaben reduzieren", stellt Truica fest.
Dazu gehören vor allem die Gehälter, die in Barcelona bis ein Drittel höher sind als bei anderen großen Vereinen. Schon im vergangenen November hat Barcelona zu einem Gehaltsverzicht aufgerufen. Teile der Gehälter werden gestundet, erfolgsbedingte Prämien zum Teil erst in einigen Jahren ausgezahlt.
Da Messis Vertrag Ende Juni ausläuft, ist der Superstar aus Argentinien ablösefrei. Ob er verlängert oder den Klub verlässt, hat der 33-Jährige noch nicht entschieden.
Gerüchte um einen Wechsel zu Paris St. Germain gibt es schon länger, seit Messis Landsmann Mauricio Pochettino den Trainerposten bei PSG übernommen hat, verdichten sich die Spekulationen.
Messi selbst hat jedoch einen Wechsel im Winter ausgeschlossen.
"Letzten Sommer wollte er weg, durfte aber nicht", erinnert Truica an den Wirbel im vergangenen Jahr. Sollte Messi im Sommer gehen, würde Barcelona eine enorme Summe einsparen, allein Messis Fixgehalt soll laut Spiegel-Recherchen 71 Millionen Euro pro Jahr betragen.
Das Geld, was Barca an Gehalt einsparen würde, könnte nicht den Schaden aufwiegen, den der Verlust seines Aushängeschilds bedeuten würde.
Messi ist Identifikationsfigur, Vereins-Legende und Werbe-Ikone in einer Person. So lange er da ist, wird es Barca an Sponsoren nicht mangeln. Messis Abschied könnte gravierende Folgen haben.
Er könnte fast einem Bankrott gleichkommen. Sportlich und finanziell.