Vor- und Nachteile: Ist die Dreierkette Bayerns Zukunft?
03.02.2023 | 22:35 Uhr
Der FC Bayern hat beim 4:0-Pokalsieg gegen den 1. FSV Mainz erstmals in dieser Saison von Beginn an mit einer Dreierkette gespielt und so die jüngste Remis-Serie beendet. Nun stellt sich die Frage: Hat das neue System eine Zukunft in München?
Dreimal spielten die Bayern zuletzt nur unentschieden. Gegen RB Leipzig, Eintracht Frankfurt und den 1. FC Köln reichte es nach der Winterpause jeweils nur zu einem 1:1. Drei Punkte aus drei Spielen - viel zu wenig für den Rekordmeister, der dem Meisterschaftskampf so plötzlich wieder Spannung verliehen hat.
Im DFB-Pokal wollten die Münchner die Enttäuschung der vergangenen Spiele ablegen und einen ungefährdeten Einzug ins Viertelfinale gegen Mainz klarmachen. Vor der Partie überraschte Trainer Julian Nagelsmann dann. Einerseits brachte er Neuzugang Joao Cancelo von Beginn an, andererseits stellte der Coach die Defensive von einer Vierer- auf eine Dreierkette um. Die Kniffe des Coaches trugen Früchte. Die Bayern setzten sich souverän mit 4:0 gegen die Rheinhessen durch.
Doch wie groß ist der Anteil der neuen Abwehrreihe am Sieg und ist das System in Zukunft eine echte Option? Die Umstellung auf eine Formation mit drei Innenverteidigern bringt durchaus Vorteile mit. "Wir wollten einfach einen zusätzlichen Spieler im Zentrum haben. In meiner ersten Saison bei Bayern haben wir auch in einer sehr erfolgreichen Phase alles mit Dreierkette gespielt", erinnert Julian Nagelsmann nach der Partie am Sky Mikrofon.
Mit einem kompakten Defensiv-Zentrum haben die Kreativspieler im Mittelfeld mehr Freiheiten. Joshua Kimmich, als einziger defensiver Mittelfeldspieler im Einsatz, erwies sich als starker Anker vor der Abwehrreihe. Der DFB-Star gewann 62 Prozent seiner Zweikämpfe, eröffnete immer wieder das Umschaltspiel und bereitete einen Treffer vor. Nach Abpfiff erfolgte die verdiente Auszeichnung als "Man of the Match".
Vor Kimmich agierten Jamal Musiala und Leroy Sane sehr flexibel. Die flinken Offensivspieler genossen dank ihres Abräumers viele Freiheiten, interpretierten ihre Laufwege kreativ und entfalteten so ihr Potenzial vor allem durch die Mitte. Da in der Defensive mit Matthijs de Ligt, Dayot Upamecano und Benjamin Pavard drei Spieler in der Abwehr absichern konnten, bekamen auch die Außenspieler Kingsley Coman und Bayern-Debütant Cancelo mehr Möglichkeiten. Die Schienenspieler konnten in Umschaltsituationen eine Überzahl in der Offensive erzeugen und bei Gegenangriffen der Mainzer zurück arbeiten. Ein Kraftakt, der gegen Mainz allerdings gelang.
Dass die Arbeitsleistung im Pokal beachtlich war, lag laut Nagelsmann allerdings nicht am System: "Es ist meistens keine Frage der Ordnung, weder in guten wie in schlechten Zeiten, sondern immer eine Frage der Einstellung und eine Frage der Umsetzung. Es geht da immer nur um eine Raumaufteilung und heute haben wir uns für diese entschieden und das haben die Jungs sehr gut gemacht."
Mit Cancelo haben die Bayern nun einen Spieler, der sowohl in der Dreier- als auch der Viererkette auf der rechten Seite agieren kann. Je nach System müssen künftig wohl Rechtsverteidiger Pavard oder Rechtsaußen Serge Gnabry mit der Bank Vorlieb nehmen. Womit der erste Negativ-Effekt der Dreierkette deutlich wird. Im Münchner Kader sind mit Sadio Mane, Sane, Coman und Gnabry gleich vier Weltklasse-Flügelstürmer gelistet. Durch die flexiblen Außenverteidiger wird den Angreifern ein Platz in der Formation genommen. Ausnahme: Nagelsmann lässt die Flügelstürmer auf den Defensivflügeln ran.
Das eröffnet allerdings ein weiteres Problem. Durch die offensive Ausrichtung wäre der FC Bayern deutlich konteranfälliger auf den Flügeln. Zwar stünden dann noch drei Innenverteidiger parat, doch ein Angriff der mit hohem Tempo über Außen eingeleitet wird, ist immer schwer zu verteidigen. Gegen Mannschaften mit einer sehr starken Offensive und schnellen Stürmern droht Gefahr.
Was also ist die richtige Aufstellung für die Bayern? Der Sieg mit Dreierkette gegen Mainz ist ein Indiz dafür, dass das System durchaus eine Option ist. Eine Option von mehreren. "Wir werden in Zukunft sicherlich die ein oder andere verschiedene Variante sehen", ist sich Sky Bayern-Reporter Torben Hoffmann sicher und meint: "Bei den Spielen gegen Paris bin ich gespannt. Da kann ich mir nicht vorstellen, dass sie mit einer Dreierkette spielen werden. Aber die Flexibilität ist erstmal ein großes Plus."
Trainer Nagelsmann könnte künftig also variieren und die Aufstellung immer nach dem entsprechenden Gegner ausrichten. Diese Flexibilität ist definitiv ein Vorteil. Nagelsmann, der sowohl bei der TSG Hoffenheim und RB Leipzig aber auch in seiner ersten Bayern-Saison regelmäßig mit drei Innenverteidigern aufstellte, spielt das in die Karten.
Auf die Frage, ob die Dreierkette auch in den kommenden Wochen und Monaten eine ernsthafte Option darstellt, antwortete der Bayern-Coach grinsend: "Für mich immer."
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Welt des Sports gibt es bei uns im News Update.