Nagelsmann liegt immer richtig
30.06.2024 | 14:36 Uhr
Julian Nagelsmann jubelte ausgelassen während des Spiels über die Tore von Kai Havertz und Jamal Musiala. Der Bundestrainer hat mit seiner Marschroute und seinen Entscheidungen hier und da für Kopfschütteln gesorgt. Aber: Der Erfolg gibt Nagelsmann bislang recht!
Viertelfinale bei einem großen Turnier. Das gab es für Deutschland zuletzt bei der EM 2016 in Frankreich. Anschließend blamierte sich das DFB-Team dreimal in Serie bei WM, EM und wiederum WM. Nagelsmann hat es mit seinem Team bei seinem ersten Turnier als Bundestrainer durch das 2:0 gegen Dänemark auf Anhieb geschafft.
Nagelsmann verfolgt spätestens seit den Testspielen im März gegen Frankreich und die Niederlande eine eindeutige Philosophie. "Man merkt schon, dass er fokussierter, straighter und klarer ist als noch zu seinen Bayern-Zeiten", meinte Sky Reporter Patrick Berger und zog damit einen Vergleich zur Nagelsmann-Zeit in München.
"Er trifft klare Entscheidungen. Das fing an mit Goretzka und Hummels. Das geht weiter mit Entscheidungen wie Wirtz, wo alle sagen: "wie kannst du nur den Wirtz rausnehmen?" Oder auch einen Raum statt Mittelstädt zu bringen. Das sind schon alles Entscheidungen, die letztendlich aufgehen. Natürlich auch diese Überredungskunst, Toni Kroos noch mal mit ins Boot zu holen. Das könnte ein entscheidender Schachzug gewesen sein", erklärt Berger weiter.
Dazu legte sich Nagelsmann früh auf Manuel Neuer im Tor fest und verteidigte den Rio-Weltmeister auch nach dessen Patzer in der EM-Generalprobe gegen Griechenland. Neuer zahlt ihm das Vertrauen mit starken Leistungen zurück, besonders gegen Ungarn hielt der 38-Jährige mehrfach glänzend.
Auch Ilkay Gündogan stärkte Nagelsmann öffentlich immer wieder den Rücken, obwohl der Kapitän oftmals bei Länderspielen untertauchte. Zum EM-Auftakt gegen Schottland war Gündogan aber sofort präsent, gegen Ungarn glänzte der Barca-Star als Torschütze und wurde Man of the Match.
Nachdem Joker Niclas Füllkrug der Nagelsmann-Elf mit seinem Treffer gegen die Schweiz den Gruppensieg sicherte, forderten viele Stimmen von außen, dass der BVB-Angreifer statt Kai Havertz gegen Dänemark in der Sturmspitze starten solle. Doch der Bundestrainer hielt an Havertz fest - und der Arsenal-Profi machte eine starke Partie inklusive seines Tores vom Punkt.
Nagelsmann hat mit seiner Rollenverteilung zudem eine klare Hierarchie geschaffen, verteilt aber auch kleine Belohnungen. Denn bis auf Robin Koch und den beiden Ersatztorhütern Marc-Andre ter Stegen sowie Oliver Baumann haben alle Spiele bereits Einsatzminuten gesammelt. So stärkt der 36-Jährige das Teamgefüge und sorgt für eine gute Stimmung innerhalb der Nationalmannschaft.
"Der Trainer hat mich am meisten bei Deutschland beeindruckt. Er hat wirklich viele Dinge in den vergangenen Monaten geändert. Herzlichen Glückwunsch dazu an ihn. Natürlich hat Deutschland großartige Spieler, das wissen wir alle. Aber wie der Trainer diesen Umschwung zum Positiven geschafft hat: Hut ab!", staunte selbst Dänemarks Pierre Emil Höjbjerg am Sky Mikrofon.
Im Viertelfinale am kommenden Freitag (18 Uhr in Stuttgart) wartet dann mit großer Wahrscheinlichkeit mit Spanien die bislang beste Mannschaft dieser EM und damit ein ganz dicker Brocken. "Der richtige Test kommt jetzt, dann werden wir sehen, ob wir so weit sind. Ich habe gewisse Zweifel, dass wir da Paroli bieten können", äußerte sich Felix Magath, Europameister von 1980, kritisch bei Sky.
Doch Nagelsmann hat auch für die nächste K.o.-Runde bereits einen Plan und legte sich bei einer Schlüsselposition für seine Aufstellung schon fest. Auf die Frage, ob der im Achtelfinale gelbgesperrte Jonathan Tah zurückkehren werde, sagte der Bundestrainer in seiner gewohnt konsequenten Art: "Ja. Nico hat sehr gut gespielt, aber Jona hat alle Spiele auch herausragend gut gestaltet."
Nagelsmann ist mit seiner klaren Linie und seinen bislang goldrichtigen Entscheidungen zuzutrauen, dass er auch diesen dicken Brocken aus dem Weg räumen wird. 2016 ging es für Deutschland übrigens bis ins Halbfinale. Nach acht Jahren wird es aus deutscher Sicht mal wieder Zeit, an frühere Erfolge anzuknüpfen.
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