Drei Tore vom Real-Superstar
16.06.2018 | 11:50 Uhr
Die große Show des dreifachen Torschützen Cristiano Ronaldo hat Spanien nach nervenzehrenden Chaostagen ein weiteres Mal erschüttert.
Der Weltfußballer rettete dem Europameister Portugal in einem rassigen Bruderduell im Alleingang ein 3:3 (2:1) gegen den Weltmeister von 2010, der unter dem neuen Trainer Fernando Hierro zuvor zweimal einen Rückstand ausgeglichen hatte und sogar in Führung gegangen war. Mit seinem dritten Treffer (88.) setzte Ronaldo den Schlusspunkt hinter das erste Spektakel bei der WM in Russland.
"Ein Wahnsinnsfreistoß", sagte Abwehrspieler Cedric, "Ronaldo gibt uns eine unglaubliche Sicherheit. Er ist der beste Spieler der Welt, das hat er nochmals allen bewiesen."
Selbst Ronaldos Tore reichten Portugal aber im Topspiel der Gruppe B in Sotschi nicht zum Sieg, weil auch Diego Costa für Spanien zweimal traf. Ronaldo verwandelte zunächst einen Foulelfmeter, den er selbst herausgeholt hatte (4.), anschließend profitierte er von einem Fehler des spanischen Torhüters David De Gea (44.). Costa (24./55.) und Nacho (58.) erzielten die Tore für Spanien, ehe Ronaldo spät zurückschlug. Und wie.
"Ich habe an mich geglaubt und viele Jahre darauf hingearbeitet. Wir sind als Mannschaft sehr gut zusammen gewachsen und haben gezeigt, dass wir es bis zum Finale schaffen können", sagte Ronaldo
Portugal war 2014 noch zum WM-Auftakt von Deutschland gedemütigt worden (0:4), diesmal lief es zunächst wunschgemäß. Der Superstar Ronaldo war bereits in der dritten Minute unwiderstehlich in den Strafraum gezogen - er fiel dort dann dankbar über das Bein, das ihm sein Real-Mitspieler Nacho ein wenig zaghaft entgegenstreckte. Der souveräne italienische Schiedsrichter Gianluca Rocchi entschied ohne großes Zögern auf Strafstoß, vom Video-Assistenten in Moskau kam kein Widerspruch.
Spanien, vor vier Jahren in Brasilien bereits in der Vorrunde gescheitert, war durch die spontane Scheidung von Trainer Julen Lopetegui (wechselt zur Real Madrid) massiv erschüttert worden, spielte aber dennoch so, wie Spanien eben so spielt: Mit schnellen Ballpassagen versuchte die Rote Furie, die Abwehr der Portugiesen zu knacken. Getreu Hierros Vorgabe, nichts zu ändern, was in den zwei Jahren unter Lopetegui gut war.
Tatsächlich schienen die Spanier weder vom Trainerwechsel noch von den Rückständen schwer getroffen. Der Ausgleich durch Costa, der Pepe zuvor unsanft aus dem Weg geräumt hatte, hielt auch der Nachfrage Rocchis beim Videoassistenten stand. Isco traf mit einem strammen Schuss die Latte (26.), der Ball sprang von der Linie zurück ins Feld.
Doppel-Torschütze Costa war zufrieden, trotz verpasstem Sieg: "Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung. Nachdem wir das Spiel zweimal gedreht hatten, haben wir es leider noch aus den Händen gegeben. Wir hätten den Sieg verdient gehabt."
Auch Ronaldo ging nicht frei von Aufregung in das Spiel. Eine gerichtliche Quelle bestätigte wenige Stunden vor dem Anpfiff, dass der 33 Jahre alte Portugiese eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung erhält. Zudem muss er 18,8 Millionen Euro zahlen. Ihm wird die Hinterziehung von insgesamt 14,7 Millionen Euro an Steuern vorgeworfen.
Mit seinem Treffer zur Führung fand Ronaldo Eingang in einen exklusiven Kreis: Als erst vierter Spieler hat er nun bei vier WM-Endrunden mindestens ein Tor erzielt - nach Uwe Seeler, Miroslav Klose und Pele. Ebenfalls die Chance gleichzuziehen haben in Russland Tim Cahill (Australien) und Rafa Marquez (Mexiko).
In der zweiten Halbzeit spielte Spanien wie entfesselt. Mit beeindruckender Willensstärke drehte der Weltmeister von 2010 das Spiel und beherrschte Portugal. Es kam der Titelfavorit zum Vorschein, der im Test im März in Düsseldorf die deutsche Mannschaft (1:1) eine halbe Stunde lang geradezu vorgeführt hatte. Dann aber - kam Ronaldo. (sid)