Unverhofft kommt oft: Bubi-Torwart führt die Löwen zum Sieg
08.11.2020 | 16:54 Uhr
45 Spielminuten, acht Paraden und eine Quote von 33 Prozent - so einen erfolgreichen Sonntagnachmittag hatte Jung-Löwe David Späth sicherlich nicht erwartet. Der erst 18-Jährige trug mit seiner Leistung im Heimspiel gegen HBW-Balingen-Weilstetten einen entscheidenden Teil zum 36:27-Sieg bei.
Manch ein Handball-Fans dürfte sich am Sonntagnachmittag die Augen beim Spiel der Rhein-Neckar Löwen gegen HBW Balingen-Weilstetten gerieben haben. Zwischen den Pfosten stand nicht Mikael Appelgren, Andreas Palicka oder Neuzugang Nikolas Katsigiannis, sondern ein schlaksiger, blonder Bub, der ein ums andere Mal die Bälle der Gegner hielt.
Aufgrund des großen Torhüter-Problems bei den Mannheimern ist nun Jung-Löwe David Späth die neue Nummer zwei. Und obwohl er im anschließenden Sky Interview etwas schüchtern wirkte, waren seine Leistungen am 6. Spieltag in der LIQUI MOLY HBL alles andere als zurückhaltend.
Seine Feuertaufe bei den Profis hat er bereits hinter sich. Es war der vierte Einsatz im Bundesliga-Team. Doch der Sonntagnachmittag dürfte ein ganz besonderer Tag für Späth gewesen sein - denn mit seinen Leistungen war er - laut Trainer Martin Schwalb - mitentscheidend für den deutlichen Heimsieg gegen die Gallier. Damit dürfte sich der erst 18-Jährige bei den Löwen nach den ganzen Verletzungen der Stammkeeper zu einer festen Größe - zumindest bis Jahresende - etabliert haben.
Der rasante Aufstieg von Späth ist leider aber auch dem vielen Pech seiner Kollegen verschuldet: Aufgrund der Verletzung von Profi-Keeper Appelgren rückte der Youngster von der A-Jugend in den HBL-Kader auf und wurde damit zum Backup von Palicka. Vor zwei Wochen gaben die Verantwortlichen der Rhein-Neckar Löwen dann die Verpflichtung des ehemaligen Erlangers Nikolas Katsigiannis bekannt.
Doch das Glück war nicht auf seitens der Gelben, denn auch der zweite Stammkeeper Palicka verletzte sich schwer und fällt lange aus. Nun ist Späth Backup von Katsigiannis - der erwischte gegen die Gallier aber einen schlechten Tag. Doch kein Vorwurf an ihn, schließlich sollte er nur eine Aushilfe sein. "Es ist nicht einfach für Niko als Nummer 1, zu wissen, dass man einen A-Jugend-Torhüter als Backup hat, der zwar sehr talentiert ist, aber keinerlei Erfahrung in der Bundesliga hat. Das ist nochmal eine extra Herausforderung", hatte Trainer Martin Schwalb noch vor dem Top-Spiel am Sky Mikrofon gesagt.
Aber es kam, wie es kommen musste: Nach 18. Minuten beim Stand von 9:11 für die Gallier musste Schwalb seine neue Nummer eins vom Platz nehmen, das Spiel drohte zu kippen. Drei Paraden von "Katze" waren einfach zu wenig. "Die Abwehr hat überhaupt gar keinen Zugriff bekommen, wir haben Würfe von allen Positionen zugelassen, die dann ganz schwer für den Keeper zu parieren sind. Da will ich Katsigiannis kein Vorwurf machen, da haben einfach die gemeinsamen Bewegungen in der Abwehr gefehlt", analysierte Schwalb die Partie.
Der ehemalige Sky Experte musste handeln - und als er dann den Namen des Youngsters nannte, klopfte das Herz von Späth ganz schön schnell, wie er im anschließenden Interview mit Sky Moderator Jens Westen erzählte: "Egal, bei welchem Spiel, ich bin immer aufgeregt. Aber ich habe es versucht, auszublenden und Spaß zu haben. Und das ist mir auch gelungen.
Vollends zufrieden war der Keeper mit seiner Leistung dennoch nicht: "Es waren noch ein oder zwei Paraden dabei, die ich gern gehalten hätte. Man kann nie zufrieden sein. Ich war überglücklich, dass ich überhaupt spielen durfte und dafür danke ich auch Martin, dass er mir die Chance gegeben hat."
Für den blonden Schlaks, der auch bei den Löwen II unverzichtbar ist, gab es nach dem Spiel lobende Worte vom Coach: "Er macht viele logischen Sachen, arbeitet mit dem Block zusammen, geht gut in die Ecken, ist wirklich toll ausgebildet bei den Jung-Löwen, man muss das im Auge behalten. Er ist halt aber auch erst nur 18 Jahre. Für heute gilt, dass David hat uns definitiv mitentscheidend geholfen, dass wir dieses Spiel so entscheiden konnten."
Eine Dauerlösung ist der Youngster für die ambitionierten Löwen aber wohl nicht: "Ich will David Späth oder Niklas Gierse, der aus der zweiten Mannschaft dann vielleicht das ein oder andere Spiel bestreiten wird, nicht schlecht reden. Das sind gute Jungs, man muss nur aufpassen, dass man nicht zu viel von denen verlangt. Mit 18 Jahren bei den Rhein-Neckar Löwen die Kohlen aus dem Feuer zu holen, ist schon eine echte Herkules-Aufgabe - ich würde mich riesig freuen, wenn das funktioniert, und sie haben alle meine Unterstützung - aber es ist nicht einfach."
Schwalb sehnt sich dagegen nach einem weiteren Backup für die Torhüter-Position, doch die finanziellen Mittel bei den Löwen sind knapp. "Im Topf ist momentan recht wenig. Ich kann es aus sportlicher Sicht verstehen, dass noch ein Backup kommen soll. Aber wir haben noch keine Entscheidung getroffen und sind noch in der Diskussion", so Geschäftsführerin Jennifer Kettemann in der Halbzeitpause.
Fest steht: Die Löwen werden keinen Keeper für den Rest der Saison verpflichten. "Aber es könnte noch eine Übergangslösung geben. Wenn man jemanden findet, der für zwei Monate einspringt." Die aktuelle finanzielle Lage sei sehr angespannt und dadurch rückten auch die sportlichen Ziele teilweise ein bisschen in den Hintergrund. "Aber wir sind die Löwen, wollen oben mitspielen und haben dennoch hohe Ansprüche."
Die finanzielle Knappheit könnte zur Chance für Späth werden. Mit seinen Leistungen hat sich das Nachwuchstalent allemal für weitere Einsätze bei den Profis empfohlen. Das Experiment mit der jungen Alternative hat sich mehr als gelohnt. Und die Vergangenheit hat gezeigt: Man kann es als Jung-Löwe durchaus zum Nationalspieler und Handballstar schaffen - siehe Uwe Gensheimer.