Wimbledon: Jule Niemeier im Viertelfinale gegen Tatjana Maria
Deutsches Duell in Wimbledon: Mischa Zverev hat eine Favoritin
05.07.2022 | 13:31 Uhr
Vor dem deutschen Viertelfinal-Duell zwischen Jule Niemeier und Tatjana Maria erklärt Mischa Zverev bei Sky, wer von beiden die besseren Chancen hat.
Damit hatten sicherlich die Wenigsten gerechnet. Beim legendären Rasenturnier in Wimbledon stehen mit Jule Niemeier und Tatjana Maria zum fünften Mal gleich zwei deutsche Tennisspielerinnen im Viertelfinale.
Und eine der beiden wird es sogar ins Halbfinale schaffen. Denn am Dienstag (14 Uhr live und exklusiv auf Sky) treten die beiden im direkten Duell gegeneinander an.
Spielstil spricht für Niemeier
Geht es nach Sky Experte Mischa Zverev, ist die 22-jährige Niemeier die Favoritin. "Jule hat einen sehr aggressiven Spielstil. Und in so einem Viertelfinale muss man aggressiv und mutig sein. Tatjana dagegen spielt mehr aus der Defensive und agiert viel mit Slice."
Dazu komme, dass Maria in den vergangenen Tagen viel Kraft gelassen hat. "Tatjana hatte am Sonntag ein schwieriges Match über drei Sätze. Sie musste viel laufen und hatte auch davon schon mehrere lange Matches."
Maria musste beim Dreisatz-Erfolg gegen Jelena Ostapenko zwei Matchbälle abwehren. Auch in den ersten beiden Runden gingen ihre Matches über die volle Distanz. Die Dortmunderin hatte im Achtelfinale beim 6:2, 6:4 gegen Heather Watson dagegen deutlich weniger Mühe.
Was für Maria spricht, ist allerdings ihr Alter, wie Zverev betont: "Tatjana hilft es sicher, dass sie älter ist. Als Mutter von zwei Kindern nimmt sie das alles etwas gelassener."
Auch Endspiel-Teilnahme möglich
Dabei ist der Hype um die tennisspielende Mama auch in den internationalen Medien nicht klein. Niemeier wird ebenfalls ungewohnte Aufmerksamkeit zuteil. Unter anderem gratulierten die BVB-Spieler Mats Hummels und Nico Schlotterbeck zum Viertelfinal-Einzug.
Und der Hype muss noch nicht zu Ende sein. Auch den ganz großen Erfolg, den Grand-Slam-Titel in Wimbledon, will Zverev für beide Frauen nicht ausschließen.
"Es kann alles passieren. Wenn man im Halbfinale steht, kann man über sich hinauswachsen. Man weiß, dass nur noch zwei Siege bis zum Grand-Slam-Sieg fehlen. Da erlebt man Menschen in ganz neuen Situationen. Die einen werden nervös und ängstlich, die anderen fangen an, die Situation zu dominieren und strahlen eine ganz besondere Aura aus."
Im Halbfinale trifft die Siegerin aus dem deutschen Duell entweder auf die an Nummer drei gesetzte Tunesierin Ons Jabeur oder die ungesetzte Tschechin Marie Bouzkova.
Einleuchtende Erklärung für deutsche Erfolge
Sieben Mal bei den letzten zehn Austragungen stand mindestens eine deutsche Tennisspielerin im Viertelfinale des Rasen-Klassikers. Angelique Kerber gewann das Turnier 2018, sie stand 2016 ebenso im Endspiel wie 2013 Sabine Lisicki.
Vor allem in Lisickis erfolgreichen Jahren verwendete die englische Presse den vielzitierten Begriff des "deutschen Fräuleinwunders". Allerdings handelt es sich mitnichten um ein Wunder. Zverev findet für die konstanten Erfolge der deutschen Frauen in Wimbledon eine einleuchtende Erklärung.
"Das Rasentennis ähnelt dem Hallentennis auf Teppich." Und auf diesem Belag werde in der Jugend hauptsächlich trainiert. "Ein halbes Jahr haben wir in der Halle gespielt", erinnert sich Zverev an die Anfänge seiner eigenen Tennis-Karriere.
"Mit dem flachen und schnellen Ballabsprung sind die Verhältnisse auf Rasen vergleichbar. Dadurch können sich die Frauen offenbar besser anpassen, auch wenn Wimbledon natürlich immer eine Umstellung ist", analysiert der 34-Jährige. "Wir sind keine Nation, die viele Rasenplätze hat wie Australien oder England. Deshalb ist das meine Erklärung."
Otte als Hoffnung der Zukunft
Die Männer hinken im Vergleich zu den Frauen in den vergangenen Jahren etwas hinterher. Die 80er- und 90er-Jahre, als Boris Becker und Michael Stich das Turnier in London für sich entschieden hatten, liegen weit zurück. Deren potenzieller Nachfolger Alexander Zverev musste seine Teilnahme nach seiner bei den French Open erlittenen Verletzung absagen. Oscar Otte scheiterte in der dritten Runde als letzter Deutscher gegen Jungstar Carlos Alcaraz.
Zverev kann sich aber durchaus vorstellen, dass es auch bald wieder zwei deutsche Männer in die Runde der letzten Acht schaffen: "Man kann es nicht erzwingen, aber irgendwann passiert es. Wie lange musste die Schweiz auf Roger Federer und Stan Wawrinka warten?"
Eine günstigere Auslosung vorausgesetzt, ist Otte seiner Meinung nach durchaus ein Kandidat für Erfolge in Wimbledon. "Er hat zuletzt Woche für Woche sein Potenzial gesteigert. Die Auslosung spielt eine große Rolle. Es gab auch schon Spieler, die sind ins Finale gekommen, ohne gegen einen Top-30-Spieler angetreten zu sein."
Mischa Zverevs Bruder Alexander werde wahrscheinlich in knapp drei Wochen das Tennistraining wieder aufnehmen. Ob es für eine Teilnahme an den am 29. August beginnenden US Open und an der Davis Cup-Zwischenrunde Mitte September in Hamburg reichen wird, könne man aber noch nicht vorhersehen.