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Wimbledon: Julia Görges exklusiv über das Damen-Finale

Görges: "Jabeur spielt für den ganzen afrikanischen Kontinent"

Im Wimbledon-Finale der Damen trifft Ons Jabeur (TUN/6) am Samstag (ab 14.45 Uhr LIVE & EXKLUSIV bei Sky) auf die tschechische Außenseiterin Marketa Vondrousova. Sky Wimbledon-Expertin Julia Görges spricht über die Stärken beider Finalistinnen und zieht zudem ein deutsches Fazit.

Sky Sport: Wie fällt das sportliche Fazit in Wimbledon aus Sicht der deutschen Damen aus?

Julia Görges: "Wenn man das mit dem Vorjahr vergleicht, ist der Anspruch der deutschen Damen in Wimbledon natürlich ein anderer gewesen. Allerdings muss man auch bei der Beurteilung berücksichtigen, gegen wen unsere deutschen Spielerinnen gespielt haben. Da war die Auslosung mit den Spielertypen nicht ideal für unseren Damen. Aber der Anspruch sollte natürlich anders sein, wir hatten keine unserer vier deutschen Spielerinnen in der dritten Runde. Zumindest eine Spielerin in der zweiten Woche, das wäre schon gut und auch machbar gewesen. Es ist nicht ideal gelaufen."

Sky Tennis-Experin Julia Görges erreichte 2018 das Halbfinale von Wimbledon. Dort unterlag sie Serena Williams.
Image: Sky Tennis-Expertin Julia Görges erreichte 2018 das Halbfinale von Wimbledon. Dort unterlag sie Serena Williams.  © DPA pa

Sky Sport: Mit Marketa Vondrousova ist erstmals seit 60 Jahren wieder eine ungesetzte Spielerin ins Endspiel eingezogen. Eine große Überraschung?

Görges: "Vondrousova ist auf dem Belag sicher die große Überraschung und das als ungesetzte Spielerin. Sie ist vorher ja noch nie über die zweite Runde in Wimbledon hinausgekommen. Sie spielt aber einfallsreich, macht was mit ihrer Gegnerin, stellt diese vor Herausforderungen. Vondrousova spielt unorthodox, ändert häufig den Rhythmus und bringt selbst viel Übersicht mit. Sie kommt damit in den Kopf ihrer Gegnerin rein, die sich umstellen muss."

Sky Sport: In der jüngeren Vergangenheit haben mit Petra Kvitova und Karolina Pliskova bereits zwei Tschechinnen in Wimbledon für Furore gesorgt. Reiht sich Vondrousova in diese Riege ein?

Görges: "Vondrousova agiert vom Spielstil anders als Kvitova und Pliskova. Vondrousova fühlt sich eigentlich auf den langsameren Belegen wohler, stand bei den French Open 2019 schon mal im Finale. Dort kann sie ihren Spielwitz noch besser auf den Court bringen. Der Rasen in Wimbledon ist über die Jahre etwas langsamer geworden, da hat sie jetzt mit ihrem Spiel auch mehr Zeit. Für mich ist sie aber nicht die typische Rasenspielerin. Trotzdem überrascht es mich nicht, dass sie bis ins Finale gekommen ist, weil sie ihr Spiel und ihre Stärken gut auf den Platz gebracht hat."

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Sky Sport: Was sagen Sie zu den Leistungen von Ons Jabeur?

Görges: "Vor Wimbledon hätte ich nicht gedacht, dass es Jabeur bis ins Endspiel schafft. In den vergangenen Wochen hat sie nicht sehr überzeugend gewirkt, vom Spiel und vom Mentalen her wirkte sie einfach nicht so präsent. Da hat mir das letzte Quäntchen an Effizienz gefehlt. Im Vorjahr war sie auch im Finale gegen Elena Rybakina auf dem Weg zum Titel und für mich die bessere Spielerin. Dort ist sie dann an ihren Nerven gescheitert. Jetzt hat sie die Erfahrung mit der Finalniederlage gemacht."

Sky Sport: Was zeichnet die Tunesierin aus?

Görges: "Jabeur bringt Spielwitz mit, hat immer eine Idee parat und nimmt das Ganze einfach locker. Vielleicht ist es auch einfach ihre Art, wie sie mit den Emotionen umgeht. Jabeur bekommt immer großartige Unterstützung, sie weiß natürlich, dass sie für den ganzen afrikanischen Kontinent spielt. Ich weiß manchmal aber nicht, ob ihr das nicht doch zu viel Extradruck gibt. Sie macht sie schon genügend Druck, hat im Vorjahr das Finale verloren und will in diesem Jahr einen Schritt weitergehen. Schauen wir mal, ob sie das in positive Energie umwandeln kann. Sie hat aber schon gezeigt, dass sie das schaffen kann."

Sky Sport: Wie schätzen Sie die Entwicklung von Aryna Sabalenka ein, die jetzt beim dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres zum dritten Mal mindestens das Halbfinale erreicht hat?

Görges: "Sabalenka hat bei den Australian Open ihren ersten Grand-Slam-Titel bereits gewonnen, das war natürlich das große Ziel von ihr. Auch wenn sie jetzt im Halbfinale gescheitert ist, bringt sie in ihrem Spiel mehr Konstanz an den Tag, macht deutlich weniger Doppelfehler als früher und hat ihre Emotionen unter Kontrolle. Ich sehe sie in naher Zukunft mit Iga Swiatek und Elena Rybakina dauerhaft an der Spitze. Das wird spannend zu sehen sein, wie es sich zwischen den drei Spielerinnen entwickelt. Es ist aber zum Glück keine One-Women-Show."

Wimbledon 2023

  • Datum: 3.-16. Juli
  • Ort: London (England)
  • Kategorie: Grand Slam
  • Übertragung TV und Livestream:
  • Sky, skysport.de & Sky Sport App

Sky Sport: Was sagen Sie zum Erfolgslauf von Elina Svitolina, die nach ihrer Babypause mit einer Wildcard bis ins Halbfinale gestürmt ist?

Görges: "Wow, eine ganz große Leistung von Svitolina. Wenn du ein Jahr kein Spiel mehr bestreitest und auch nicht weiß, in welcher Verfassung dein Körper nach der Rückkehr ist, dann ging das bei ihr jetzt verdammt schnell. Wenn du im April wiederkommst, direkt mit Straßburg ein Turnier gewinnt, bei den French Open ins Viertelfinale kommst und jetzt in Wimbledon noch einen draufsetzt, dann ist das einfach sehr beeindruckend. Sie hat einen unglaublich guten Körper, war immer eine tolle Athletin, auch schon vor ihrer Schwangerschaft und ihr ist die Abstinenz überhaupt nicht anzumerken. Sie wirkt insgesamt jetzt sogar sehr viel relaxter und hat noch klarere Ziele als vorher."

Sky Sport: Haben die Auftritte Svitolinas Sie überrascht?

Görges: "Mich hat ihre Leistung nicht überrascht. Svitolina war die Nummer drei der Welt, hat die WTA-Finals in Singapur und viele weitere große Turniere gewonnen, darunter zweimal Rom. Die einzige Überraschung ist vielleicht, dass sie das jetzt auf Rasen geschafft hat. Aber der Rasen ist langsamer geworden und das passt besser zu ihrem Spiel. Sie ist eine der besten Wettkämpferinnen. Wie sie sich in die Matches zurückfightet, in denen sie deutlich hinten liegt, das finde ich so imponierend. Sie ist immer da, egal wie es steht und ist sehr neutral bei ihren Emotionen, wenn es nicht so läuft. Positiv ist sie dann wiederum immer sehr dabei, das zeichnet sie aus. Sie war zudem immer schon sehr patriotisch, jetzt ist die Situation natürlich noch eine sehr extreme. Sie nimmt das mit auf den Platz und verwertet das sehr positiv. Es gibt ihr mehr Kraft und noch mehr Motivation für ihre Landsleute zu spielen."

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