Lothar Matthäus Kolumne über Vincent Kompany, Joshua Kimmich und FC Bayern
"Das ist der größte Sieg des FC Bayern"
30.09.2024 | 20:12 Uhr
Lothar Matthäus schwärmt in seiner Kolumne von der Spielanlage des FC Bayern unter Vincent Kompany und vergleicht den Belgier mit erfolgreichen FCB-Trainern. Den deutschen Rekordmeister sieht er auf dem richtigen Weg.
Ich habe am Sonntag bei Sky90 gesagt, dass der FC Bayern momentan noch besser spielt als unter Pep Guardiola. Ob die Bayern irgendwann einmal so erfolgreich sind wie unter Guardiola, wird sich erst herausstellen, aber mir gefällt das Spiel unter Vincent Kompany besser. Die Spielanlage habe ich so selten oder noch nie gesehen.
Hohes Anlaufen, schnelles Passspiel, häufige Positionswechsel gab es bei Guardiola auch - aber nicht in dieser ganz klaren Form. Das Spiel geht mehr nach vorne als in die Breite oder nach hinten. Das ist gegen eine tiefstehende Abwehr wie die von Leverkusen am Samstag zwar nicht immer möglich, aber man versucht immer, den Vorwärtsmodus einzuschalten. Das macht das Spiel für mich attraktiver, als ich es bisher bei den Bayern gesehen habe. Der rechte Sechser lässt sich nach hinten rechts, der linke Sechser nach hinten links fallen, wenn der offensive Spieler nach vorne geht. Das ist alles fließend und einstudiert.
Abwehrspieler haben wieder Sicherheit gewonnen
Auch die zentralen Abwehrspieler gehen ins 1:1-Risiko. Nach den Diskussionen um Kim und Upamecano, die in den letzten zwölf Monaten zurecht kritisiert wurden, haben beide wieder Sicherheit gewonnen und treten selbstbewusst auf.
Wenn ich sehe, wie Kim am Samstag gespielt hat, dann weiß ich auch, warum er vor zwei Jahren noch der beste Verteidiger der italienischen Liga war. Nicht nur die Kanes oder Musialas, auch die unauffälligen Spieler erledigen ihre Arbeit sehr gut. Ich glaube, dass die Spieler viel Freude haben und in der Mannschaft ein gutes Miteinander herrscht.
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Parallelen zwischen Kompany und großen Bayern-Trainern
Kompany gibt den Spielern die Wertschätzung im zwischenmenschlichen Bereich. Nichts gegen Thomas Tuchel, aber was er ab und zu nach Außen losgelassen hat und auch intern angesprochen hat, das hat viele Spieler verletzt und nicht dazu beigetragen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
Die Abstimmung im Positionsspiel funktioniert, weil jeder für den anderen arbeitet und bereit ist, das zu tun, was ihm der Trainer mitgegeben hat.
Kompany verkörpert mit seiner Art und Weise das Gleiche wie einige seiner Vorgänger, die vor 20, 30 oder 40 Jahren mit dem FC Bayern Geschichte geschrieben haben. Er macht klare Ansagen, gibt den Spielern auch mal einen Tag länger frei, aber er fordert sie auch und wird sicher mal einen raueren Ton einschlagen.
Ehrlichkeit kommt gut bei den Spielern an
Ich habe Udo Lattek, Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes selbst erlebt und weiß, wie diese Trainer mit den Spielern umgegangen sind: manchmal hart, aber immer menschlich. Ich glaube, dass diese Ehrlichkeit gut in der Mannschaft ankommt.
Kompany hat die Spieler wieder besser gemacht. Fehler passieren auch weiterhin, aber nicht mehr in dieser Häufigkeit. Man sieht, wie Kim jetzt in die Zweikämpfe geht und hoch verteidigt. So etwas ist möglich, wenn man den Spielern ihre Stärken lässt.
Bayern muss Kimmich und Musiala halten
Joshua Kimmich ist für mich aus dem Zentrum nicht wegzudenken. Die Kritik an ihm habe ich nie verstanden. Mit der Art und Weise, wie er vorangeht und sich auf dem Platz zerreißt, erinnert er mich auch ein bisschen an mich selbst.
Er sagt seine Meinung und legt seinen Finger in die Wunde, wenn es nötig ist. Man sieht, wie fit er ist, welche Freude er hat und welchen Ehrgeiz er mitbringt. Kimmich, vorausgesetzt er bleibt gesund, wird in den kommenden zwei Jahren der Kapitän des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft sein.
Kimmich und Musiala sind zwei der wichtigsten Spieler, die der FC Bayern im Kader hat. Deswegen ist es wichtig, dass man diese beiden Gesichter des Vereins unter allen Umständen hält.
Man sieht wieder lächelnde Gesichter
Ich bin immer wieder von Uli Hoeneß kritisiert worden, wenn ich etwas gegen Oliver Kahn oder Thomas Tuchel gesagt habe und angemerkt habe, dass das "Mia san mia" nur noch auf dem Trikot existiert. Der Verein hatte sich in dieser Zeit unglaubwürdig gemacht. Jetzt erlebt man den FC Bayern wieder so, wie ich es mir immer gewünscht habe.
Ich höre nicht nur, was die Stars sagen, sondern ich höre auch die Stimmen der Fans und der Mitarbeiter. Das sagt mir teilweise viel mehr als das, was auf dem Platz zu sehen ist. In der Allianz Arena, an der Säbener Straße, am FCB-Campus und bei den Fans auf der Straße sieht man wieder lächelnde Gesichter. Das liegt auch an Kompany und das ist, glaube ich, der größte Gewinn und der größte Sieg des FC Bayern.
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