Dreßen kann nicht mehr! Ski-Star erklärt Rücktritt in Kitzbühel
18.01.2024 | 16:10 Uhr
Thomas Dreßen schluckte schwer, als er an der Stätte seines größten Triumphes das vorzeitige Ende seiner Karriere bekannt gab.
"Es fällt mir schwer, dass ich Servus sagen muss, aber ich bin mit mir im Reinen", sagte der beste deutsche Abfahrer der Weltcup-Geschichte in einem Hotel in Kirchberg. Von demselbem Ort war er am frühen Morgen des 20. Januar 2018 als Außenseiter aufgebrochen, um wenige Stunden später als sensationeller Sieger auf der berühmten wie berüchtigten Streif im benachbarten Kitzbühel zurückzukehren.
Ein Rennen noch, dann ist Schluss: Am Samstag wird Dreßen bei der klassischen Hahnenkamm-Abfahrt seine Abschiedsfahrt bestreiten - vor 40.000 Zuschauern und auf den Tag genau sechs Jahre nach seinem großen Triumph. Nach dann 80 Starts, fünf Siegen und zahlreichen Top-Platzierungen schließt sich so ein Kreis - allerdings früher als erwartet, und anders als erhofft: Dreßen (31) hatte am vergangenen Wochenende in Wengen einsehen müssen, dass sein rechtes Knie, schwer beschädigt bei einem Sturz im November 2018, den Belastungen nicht nicht mehr standhalten kann.
"Natürlich gibt es auch ein Leben danach, und ich will mit meinen Kindern Sport treiben und sie aktiv erziehen", sagte Dreßen. Auf seinen Abschied freut er sich: "Was gibt es Würdevolleres als die Karriere in Kitzbühel zu beenden? Das will ich noch einmal genießen."
Für den Deutschen Skiverband (DSV) ist Dreßens Rücktritt ein Tiefschlag in ohnehin schwierigen Zeiten. "Da hast du schon einen, der nach dem Sternenhimmel greifen kann, und dann so etwas. Es ist bitter, vor allem, weil er noch so jung ist. Es ist wie ein Fluch", sagte Alpinchef Wolfgang Maier dem SID und ergänzte: "Dabei bräuchten wir einen Leader wie den Tom."
Dreßen war ein großes Versprechen, seit er vor sechs Jahren auf der Streif gewann, doch schon ein paar Monate später geriet die Karriere erstmals aus der Bahn: Am 30. November 2018 stürzte Dreßen schwer in Beaver Creek - Kreuzbandriss, Totelschaden im rechten Knie, die Hüfte geschädigt. Auf den Tag genau ein Jahr später die wundersame Auferstehung: Dritter Weltcup-Sieg beim Comeback in Lake Louise, bis Saisonende im März 2020 zwei weitere. Alles wieder gut? Nein.
Der Sturz von Beaver Creek blieb gegenwärtig bis heute, genau genommen seine Folgen. Zwischen März 2020 und November, also zweieinhalb Jahre lang, bestritt Dreßen mit Ausnahme der WM-Abfahrt 2021 (18.) kein Rennen. Erst bedurfte die Hüfte eines operativen Eingriffs, dann wiederholt am Knie. Schon als Dreßen vergangenen Winter wieder regelmäßig starten wollte, spielte der Körper oft nicht mit. Gut fuhr er, trotz Krankheit und Knieschmerzen, nur bei der WM: Rang zehn in der Abfahrt, nur 0,26 Sekunden weg von Bronze.
Diesen Winter begann Dreßen mit großem Optimismus. Die Geburt seiner Tochter im Juni habe ihm "einen Schub", gegeben, berichtete der Olympiafünfte von 2018 stolz, und ja, betonte er mehrfach, "ich freue mich auf die neue Saison". Fragen nach der körperlichen Verfassung beantwortete er mit dem Vergleich, er müsse mittlerweile gepflegt werden wie ein "Oldtimer" oder "wie ein Formel-1-Auto" - also gewissenhaft bis zur letzten Schraube.
In der Tat waren sie im deutschen Team beeindruckt, mit welcher Entschlossenheit Dreßen an sich arbeitete. Nur: Spätestens in Wengen musste Dreßen erkennen, dass die Rückkehr an die Weltspitze nicht mehr gelingen würde. "Man haut sich voll rein, und ich probiere wirklich alles. Aber es ist bitter, wenn halt einfach der Körper nicht mehr mitspielt."
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