"Ein sauberes Wochenende": Vettel will raus aus dem falschen Film
30.04.2021 | 13:17 Uhr
Sebastian Vettel steckt auch bei Aston Martin im Krisenmodus fest. Für den Ex-Weltmeister kann es wohl nur in kleinen Schritten vorangehen.
Sebastian Vettel hatte abgelegt. 18 Grad, Sonne-Wolken-Mix, leichter Wind, das genügte dem viermaligen Formel-1-Weltmeister, um sich in kurzer Hose und ohne Kappe mit seinen Ingenieuren die Strecke in Portimao anzuschauen. Den Kurs, auf dem sein falscher Film in Überlänge allmählich mal ein Ende finden möge.
"Ein sauberes Wochenende" sei seine Hoffnung, sagte der 33-Jährige bezeichnenderweise vor dem dritten Saisonrennen. Und das ist kein vornehmes Understatement nach einem schlimmen letzten Jahr bei Ferrari und dem Stotterstart im Aston-Martin-Team.
"Die Performance des Autos passt noch nicht. Ich brauche Kilometer im Auto und wünsche mir einfach ein Rennen ohne Probleme", sagte Vettel am Donnerstag bei der Pressekonferenz: "Wir sind noch nicht in der Position, die wir gerne hätten. Kein Team macht Urlaub. Wir versuchen alles, was wir können."
Vettel, dessen Fahrkünste am besten bei einem stabilen Heck zur Geltung kommen, fühlt sich noch nicht wohl im AMR21. Dies liegt auch daran, dass seine "Honey Ryder", von Vettel nach dem ersten Bond-Girl benannt, nach einer Regel-Novelle nicht mehr zu vergleichen ist mit dem starken Vorjahreswagen seines Teams, das als Racing Point den vierten Platz in der Konstrukteurs-WM erreichte.
Beim Start in Bahrain lag der Fehler bei Vettel, in Imola zerstörte das Team sein Rennen, bevor überhaupt die Startampel erloschen war. Vettels Moral habe unter den anhaltenden Nackenschlägen und dem Null-Punkte-Start aber keineswegs gelitten, berichtete Teamchef Otmar Szafnauer. Sein Star-Pilot, der den Rennstall binnen drei Jahren zu einem Sieganwärter machen soll, arbeite "unermüdlich", so Szafnauer.
Der enorme Eigenantrieb zeichnete Vettel stets aus, doch fehlte ihm bei Ferrari gerade nach besagtem Patzer von Hockenheim die Rückendeckung - weswegen er sich für Aston Martin und seinen Freund Szafnauer entschied.
Der US-Amerikaner, der sich selbst am hohen Anspruch der Marke messen lassen muss, hält den Druck noch von Vettel fern. Am meisten bereue er, sagte Szafnauer, "dass wir im Winter nicht so zuverlässig waren, wie wir es hätten sein sollen. Das hat Seb signifikant viel Zeit an seinen eineinhalb Testtagen gekostet. Hätte er mehr Zeit gehabt, wäre er jetzt schon woanders auf der Lernkurve."
Immerhin geht Vettel mit einem gewissen Enthusiasmus in den dritten WM-Lauf. Es mache "Spaß", auf dem abwechslungsreichen und anspruchsvollen Kurs nahe der Küste zu fahren, erklärte der 53-malige Grand-Prix-Gewinner. "Ich denke, Portimao ist eine gute Strecke, um die Limits des AMR21 besser zu verstehen", sagte Vettel und räumte unumwunden ein: "Ich weiß, dass ich noch nicht das Maximum aus dem Auto heraushole."
Vettels früherer Red-Bull-Teamkollege Mark Webber glaubt den Grund zu kennen. "Die aktuellen Autos schenken dir weniger Vertrauen und die Regeln passen nicht zu Vettel", sagte der Australier der spanischen Sporttageszeitung Marca: "Aber du musst mit allen Regeln umgehen können. Schaut euch beispielsweise Lewis Hamilton an, der war bisher immer schnell."