Heckflügel-Trick & Ferrari-Update: Neue Hoffnung für Vettel & Mick
29.07.2022 | 21:52 Uhr
Aston Martin und Haas sind mit einem Update nach Ungarn gekommen. Der Trainingstag am Freitag hat gezeigt: Die Updates funktionieren. Sebastian Vettel und Mick Schumacher könnten in der zweiten Saisonhälfte damit weiter vorne mitfahren.
Sebastian Vettel beendet am Saisonende seine glorreiche F1-Karriere. Das bislang aus sportlicher Sicht so enttäuschende Jahr hat der Heppenheimer allerdings noch nicht aufgegeben. Am Freitag auf dem Hungaroring war Vettel richtig gut unterwegs. Das Update, das Aston Martin mit nach Ungarn gebracht hat, scheint zu funktionieren.
Zuletzt hatte Vettel gleich viermal in Folge Q3 verpasst, dreimal davon war bereits nach Q1 Schluss. Der Aston Martin war auf eine Runde gesehen offensichtlich nicht konkurrenzfähig, da auch Lance Stroll nicht mehr aus dem Auto herausholen konnte. Durch die schlechten Startpositionen war es dann im Rennen jeweils schwierig, noch in die Punkte zu fahren. Vettel hing oftmals im Verkehr fest.
Doch mit einem neuen Heckflügel soll es bei Aston Martin schon in Ungarn - aber vor allem auch in der zweiten Saisonhälfte - aufwärtsgehen. Dabei haben die Ingenieure des britischen Traditionsrennstalls offenbar eine Regellücke gefunden und einen ganz innovativen Heckflügel konstruiert.
Das untere Heckflügelblatt des AMR22 war am Freitag mit einer Endplatte ausgestattet. Eigentlich sind die klassischen Endplatten am Heckflügel, die über die Flügelprofile hinausgehen, seit diesem Jahr verboten. Bei der Version von Aston Martin nimmt die Endplatte allerdings in der Dichte zu und ähnelt von der Form an einen Griff. Ein genialer Trick.
Denn damit ist der Heckflügel nicht nur regelkonform, sondern auch deutlich effizienter, da dieser mehr Abtrieb bei weniger Luftwiderstand erzeugen kann. Somit verbessert das Update das Auto sowohl in den Kurven als auch auf der Geraden. Aston Martin war bei der Konstruktion des neuen Heckflügels im engen Austausch mit der FIA, der Weltverband erklärte diesen auch bereits für legal.
Auch wenn die Zeiten und Ergebnisse am Freitag immer mit Vorsicht zu bewerten sind, hinterließ doch vor allem Vettel einen starken Eindruck auf der Strecke. In FP1 landete der Deutsche auf P11, nur wenige Tausendstel hinter dem Alpine-Duo Esteban Ocon und Fernando Alonso. In FP2 raste Vettel auf P7 und ließ dabei nicht nur Ocon hinter sich, sondern auch George Russell und Lewis Hamilton (beide Mercedes) sowie Sergio Perez (Red Bull).
Im Vergleich dazu: In Frankreich und Österreich waren die besten Trainingsergebnisse des 35-Jährigen jeweils ein 13. Platz. Auf eine Runde gesehen, scheint der Aston Martin mit dem Update durchaus mit Mercedes und Alpine mitfahren zu können. Damit hat Vettel, der in Ungarn mit einem speziellen Helmdesign unterwegs ist, durchaus eine realistische Chance auf einen Q3-Einzug und somit bessere Voraussetzungen für das Rennen.
Was zudem positiv auffiel und noch mehr Grund zur Hoffnung gibt: Auch die Pace in den Longruns von Vettel (und auch von Stroll) konnte sich mehr als sehen lassen. Der viermalige Weltmeister fuhr im Schnitt mittlere 1,24er-Zeiten - damit war Vettel absolut auf Augenhöhe mit McLaren und Perez und "nur" rund eine halbe Sekunde langsamer als Weltmeister Max Verstappen. Vettel spulte zudem im Durchschnitt schnellere Runden als die Mercedes-Piloten sowie Alonso ab.
"Auf den ersten Blick sah unsere Pace richtig gut aus. Unsere Longruns waren recht konkurrenzfähig. Ich denke, wir haben als Team einen sehr soliden Job gemacht", wird der Heppenheimer auf der Homepage von Aston Martin zitiert. Insgesamt kam Vettel mit 31 Runden (zusammen mit Yuki Tsunoda) auf die meisten Umläufe aller Fahrer in FP2.
Ebenfalls Hoffnungen für die zweite Saisonhälfte - wenn auch nicht ganz so große wie bei Vettel - kann sich nach diesem Trainingstag Mick Schumacher machen. Denn auch Haas brachte in Budapest am Freitag das lang erwartete Update ans Auto. Allerdings nicht bei Schumacher, sondern nur bei Teamkollege Kevin Magnussen, da aufgrund von Zeit und Budget nicht genügend Teile für zwei Autos vorhanden waren.
Und dieses Update fiel umfangreich aus. Unter anderem wurde der Unterboden, die Hinterachse, die Motorabdeckung sowie die Kühler an den Seiten überarbeitet. Insgesamt wirkte der "neue" Haas von Magnussen deutlich schlanker als der "alte" von Schumacher und ähnelte mit dem neuen Look doch auffällig an eine B-Version des Ferrari. Haas ist Kundenteam der Scuderia und bezieht auch die Motoren der Italiener.
"Es waren keine schlechten Sessions für uns. Wir versuchen aber noch, das Upgrade-Paket an Kevins Auto komplett zu verstehen. Es gibt noch einiges zu tun, aber im Moment sieht das doch sehr vielversprechend aus", zeigte sich Haas-Teamchef Günther Steiner auf der Webseite des US-Rennstalls durchaus zufrieden.
Auf eine schnelle Runde gesehen war der Unterschied zwischen Magnussen und Schumacher allerdings sowohl in FP1 als auch FP2 kaum zu erkennen. Der Däne war jeweils knapp eine Zehntel schneller. Insgesamt scheint auch nach dem Update nur Williams auf eine Runde gesehen langsamer zu sein. Doch bei den Longruns nahm Magnussen Schumacher im Schnitt eine ganze Sekunde ab - sieben Zehntel alleine im kurvenreichen zweiten Sektor.
"Gerade in den schnellen Passagen war Magnussen besser unterwegs. Das ist auch der Sinn der Sache, dass Haas wieder tiefer fahren kann und dadurch mehr Aerodynamik hat. In solchen Bereichen (wie in Sektor 2) merkt man es dann am meisten", erklärte Sky Experte Ralf Schumacher die Verbesserungen beim US-Rennstall.
Gerade auf Kursen mit vielen verwinkelten Abschnitten, wie zum Beispiel in Baku, fuhr der Haas mit wenig Abtrieb der Konkurrenz zumeist hinterher. Daher macht das "Ferrari-Update" in Ungarn durchaus Hoffnung. Auch für Mick Schumacher, der dann nach der Sommerpause ebenfalls die neuen Teile ans Auto bekommen soll.
Bei McLaren scheint es wieder bergauf zu gehen. Nachdem der Rennstall um den deutschen Teamchef Andreas Seidl im Saisonverlauf nicht nur den Anschluss Mercedes verloren hatte, sondern auch von Alpine als vierte Kraft abgelöst wurde, geht es nun offenbar wieder in die richtige Richtung. Schon in Frankreich hatte McLaren ein Update ans Auto gebracht und dabei die Seitenkästen sowie Kühlrippen verbessert.
Auf eine Runde waren Lando Norris und Daniel Ricciardo vor den Toren Budapests sowohl in FP1 als auch FP2 damit schnell unterwegs. Im zweiten Training sprangen sogar die Plätze zwei und fünf heraus. In den Longruns konnten beide Piloten konstant schnellere Runden als Mercedes und Alpine drehen und fuhren Zeiten auf Vettel-Niveau. Für ganz nach vorne reichte es allerdings (noch) nicht. Denn dort zog Ferrari einsam seine Kreise.
Die Scuderia konnte als einziges Team 1,23er-Zeiten auf den Longruns gehen und gewann mit Carlos Sainz (FP1) und Charles Leclerc (FP2) zudem beide Trainingssessions. "Die Änderungen, die wir vom Ersten zum Zweiten Training durchgeführt haben, haben nichts gebracht. Das ist eher schlechter geworden. Wir müssen da noch einen besseren Kompromiss finden. Vor allem auf dem Medium-Reifen ist die Überlegenheit von Ferrari beängstigend", meinte Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko am Sky Mikrofon schon fast ein wenig resignierend vor der Stärke der Roten.
Auf die Frage, was Red Bull Ferrari für das restliche Wochenende im Kampf um Pole und Rennsieg entgegenzusetzen hat, antwortete Marko: "Regen". In der Tat soll der Regen in Budapest bereits in der Nacht einsetzen und zumindest den ganzen Samstag anhalten.
Damit könnte die Startaufstellung beim Qualifying auf dem Hungaroring (ab 16 Uhr LIVE & EXKLUSIV bei Sky Sport F1) - trotz der vielen Updates bei einigen Teams - noch einmal kräftig durcheinander gewürfelt werden.
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