Von 20 auf 8: "Hulk" rührt Werbetrommel mit starker Aufholjagd
16.10.2020 | 10:47 Uhr
Nico Hülkenberg macht beim Rekordsieg von Lewis Hamilton am Nürburgring mit seinem Spontan-Einsatz erneut Werbung für ein dauerhaftes Formel-1-Cockpit in der nächsten Saison. Dennoch ist eine Zukunft in der Königsklasse des Motorsports alles andere als sicher.
Während Hamilton aufgrund des Ausfalls seines Teamkollegen Valtteri Bottas ungefährdet zum 91. Sieg seiner Karriere raste und damit den Rekord von Michael Schumacher egalisierte, fuhr Hülkenberg sein eigenes Rennen ein paar Plätze weiter hinten.
Nach dem Kaltstart im Qualifying sowie dem 20. und letzten Startplatz beim GP in der Eifel wollte der Emmericher die Hoffnungen der deutschen Fans am Nürburgring nicht allzu sehr schüren. "Ich werde komplett ins kalte Wasser geschmissen und habe ein riesiges Defizit im Vergleich zu den anderen Fahrern", so Hülkenberg am Sky Mikro. "Daher würde ich heute nicht zu viel erwarten."
Dennoch glaubte und hoffte ein Großteil der Fans auf eine starke Leistung des 33-Jährigen - und wurde nicht enttäuscht. Von Platz 20 in die Punkteränge auf Platz 8! "Hut ab! Er hat wieder bewiesen, dass er ein außergewöhnlicher Fahrer ist", lobte ihn McLaren-Teamchef Andreas Seidl nach dem Rennen gegenüber Sky. "Heute Punkte zu holen ist natürlich super, denn es war gestern extrem schwierig für ihn, komplett kalt ins Auto zu springen."
Während es Sebastian Vettel auf Platz elf knapp nicht in die Punkte schaffte, sahen die deutschen Fans in der Eifel zumindest eine starke Aufholjagd Hülkenbergs. Dieser ersetzte Lance Stroll im Racing Point, den Magen-Darm-Probleme plagten. Hülkenberg, der bereits in Silverstone den an Covid-19 erkrankten Sergio Perez ersetzt hatte, wurde auch dieses Mal äußerst spontan zu Hilfe gerufen.
"Es ist verrückt. Es geht alles so schnell. Ich muss das erstmal selbst verarbeiten. Es sind noch keine 24 Stunden vergangen, seit ich angekommen bin", so ein erleichterter Racing-Point-Fahrer nach dem Rennen am Sky Mikro. "Ich bin gerade glücklich und dankbar, das so zu beenden und vom letzten auf den achten Platz zu fahren. Das kann sich sehen lassen."
Sehen lassen kann sich die Leistung in jedem Fall, schließlich hat "Hulk" in zwei Rennen bereits zehn WM-Punkte für Racing Point gesammelt. Damit müsste im nächsten Jahre ein Cockpit in der Formel 1 doch fast sicher sein? Könnte man meinen, in Wahrheit sieht es jedoch nicht ganz so rosig aus. Die Frage nach einer möglichen Zukunft in der Königsklasse kann Hülkenberg selbst nur "schwer beantworten. Natürlich war das heute eine gute Visitenkarte und gute Werbung. In Silverstone war das auch schon so. Aber es hat sich nichts verändert, denn mir wurde nicht gleich ein Vertrag vorgelegt."
Und weiter: "In der Formel 1 spielt nicht immer nur die Leistung eine Rolle. Aber ich sehe der Situation entspannt entgegen. Wenn es nicht sein soll, soll es nicht sein."
Da Sebastian Vettel vor wenigen Wochen einen Vertrag bei Racing Point unterschrieb und Sergio Perez, der ebenso noch auf Cockpit-Suche ist, ersetzt, ist beim künftigen Werksteam von Aston Martin kein Platz mehr für den sympathischen Deutschen.
Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer, der mit Sergio Perez (P4) und Hülkenberg (P8) beide Fahrer in den Punkten hatte, zeigte sich am Sky Mikro zufrieden: "Nico hat einen fantastischen Job gemacht. Er ist der Fahrer des Tages."
Eigentlich ist nämlich Sergei Sirotkin Ersatzfahrer von Racing Point - dennoch entschieden sich die Verantwortlichen erneut für den ehemaligen Renault-Piloten. Eine Entscheidung, die Szafnauer nicht bereut. "Es war die richtige Entscheidung. Sergei ist auch ein super Fahrer, aber Nico kennt das Team und ist in dem Auto auch bereits gefahren und war glücklich, ins Auto steigen zu dürfen."
Selbst Renault-Teamchef Cyril Abiteboul lobte seinen ehemaligen Schützling in den höchsten Tönen. Das Team feierte mit Platz drei von Daniel Ricciardo das erste Podium seit 2011 - und Abiteboul vergaß nicht, auch dem langjährigen Renault-Fahrer Hülkenberg zu danken. "Ich liebe diesen Typen einfach und eigentlich ist er auch ein Teil dieses Podiums, denn er hat so viel für das Team gemacht in den Jahren, als er Teil des Teams war. Auch wenn ich es hasse, ihn in Pink zu sehen, liebe ich es, ihn Rennen fahren zu sehen."
Mit seiner Leistung und seinem Auftreten hat Nico Hülkenberg erneut kräftig die Werbetrommel in eigener Sache gerührt. Ob es im nächsten Jahr zu einem dauerhaften F1-Comeback kommt, bleibt abzuwarten. Der Fahrer selbst meint zu einem möglichen Cockpit bei Red Bull: "Die Chance ist sehr klein. Wir wissen, dass sie immer zu ihrem Red-Bull-Fahrerkader stehen. Daher ist nicht davon auszugehen." Haas? "Schöner Teamname, aber unrealistisch." Alpha Tauri? "Man weiß es nicht, die Zeit wird es zeigen."
Auch Abiteboul schwärmt immer noch von Hulk und bedauert nur eine Sache: "Alles was ich sagen kann: Ich wünschte, ich hätte ein drittes Auto. Er verdient es, Rennen in der Formel 1 zu fahren." Auch Szafneuer von Racing Point schlägt in die gleiche Kerbe: "Die Cockpits entscheide nicht ich, aber er verdient es in jedem Fall, in der Formel 1 zu fahren."