Hintergründe zum Anschlag nahe Jeddah: Teamchefs reagieren
25.03.2022 | 21:56 Uhr
Eine Explosion in Folge eines Anschlags während des 1. Freien Trainings in Jeddah überschattete das Sportliche am Formel-1-Freitag. Nach einem kurzen Meeting fand das 2. Training statt. Doch die Stimmung im F1-Zirkus ist getrübt. Sky Sport fasst die Reaktionen zusammen.
... zum Anschlag rund 20 Kilometer vom Jeddah Corniche Circuit entfernt: "Ich glaube, dass es grundsätzlich ein Risiko gibt. Man muss allerdings auch sagen, dass diese Anschläge nicht überraschend kommen. Wir sehen, dass sich in den letzten zwei bis drei Jahren die Anschläge der Huthi-Rebellen aus dem Jemen auf saudischem Territorium dramatisch erhöht haben. Mittlerweile sind es über 1000 Anschläge in den letzten Jahren. Normalerweise - und das war auch heute so - richten sich diese Anschläge gegen die Energieinfrastruktur Saudi-Arabiens, also gegen Ölraffinierie wie Saudi-Aramco, der ja auch Premiumsponsor der Formel 1 ist. Von daher ist ein Risiko da. Es ist auch eine strategische Eskalation der Huthis. Ich glaube auch, dass die Entscheidung der Formel 1, das Wochenende weiterzuführen, von den saudischen Behörden und von Saudi-Arabien selbst durchgedrückt werden wird, weil die Formel 1 politisch einfach enorm wichtig ist für Saudi-Arabien."
... zu den Hintergründen des Konflikts: "Der Krieg im Jemen dauert seit 2015 an. Saudi-Arabien bekämpft dort die Huthi-Rebellen, die große Landesteile erobert haben. In den letzten Jahren hat sich der Krieg in eine Sackgasse manövriert. Für die Saudis ist er militärisch nicht zu gewinnen. Man versucht mit den Huthis zu verhandeln. Aber wie diese Anschläge jetzt auch zeigen, sind die Huthis weit davon entfernt, einer Verhandlungslösung zuzustimmen. Dieser Krieg findet leider etwas abseits der Weltöffentlichkeit statt, obwohl es mit die größte humanitäre Katastrophe in der Welt ist. Durch den Ukraine-Krieg ist die Aufmerksamkeit auch nochmal woanders hingerückt und deshalb versuchen die Huthis jetzt, die Aufmerksamkeit in Richtung Jemen zu lenken."
... zur Gefahr, dass weitere Anschläge folgen und auch die Strecke in Jeddah betroffen sein könnte: "Die Huthis werden weitere Anschläge in Saudi-Arabien durchführen. Das war auch in den letzten Wochen nochmal massiv so - vor allen Dingen gegen Ölinfrastruktur, gegen Produktionsstätten etc. Ich gehe deswegen aber davon aus, dass die massive Eskalation, die Formel 1 direkt anzugreifen, nicht stattfinden wird. Aber die Formel 1 und die saudischen Behörden müssen sich Gedanken machen, ob in einer solchen Situation die Austragung eines Formel-1-Rennens grundsätzlich Sinn macht."
... vor dem Statement der Huthi-Rebellen, die sich zu diesem Anschlag bekannt haben: "Es ist nur 20 Kilometer weg. Da fühlt man sich nicht wirklich gut und sollte es wirklich ein Anschlag sein, dann wundert es mich wirklich, was wir hier noch tun. Da sollte man so schnell wie möglich zusammenpacken und so ein Land verlassen."
... zum möglichen Druck Saudi-Arabiens auf die Formel 1: "Ich muss erstmal klarstellen, dass ich Experte für Formel 1 bin und nicht für versicherungstechnische Geschichten oder für Business. Ich glaube, dass der Druck auf die Formel 1 enorm hoch ist. Es werden sehr, sehr viele hohe Gelder bezahlt und es besteht ein langfristiger Vertrag. Jetzt wird die Diskussion sein, dass die saudische Regierung sagt, wir versichern, dass es sicher ist. Das heißt, ihr könnt nicht einfach die Reißleine ziehen. Ich denke, da liegt das Problem. Ich habe eine klare Meinung dazu und habe meine Entscheidung getroffen. Aber das muss natürlich jeder für sich machen."
"Der Sport muss zusammenstehen. Jeglicher aktiver Terror kann nicht geduldet werden. Eine Situation wie diese ist nicht akzeptabel. Stefano und der [FIA-]Präsident kümmern sich darum. Es gibt alle Garantieren von den Organisatoren. Wir werden fahren."
"Es war ein gutes Meeting. Die Fahrer sprechen jetzt im Fahrermeeting, und uns Teamchefs wurde versichert, das wir hier geschützt sind. Das ist vermutlich der sicherste Ort, an dem man momentan in Saudi-Arabien sein kann. Darum werden wir fahren"
"Es war für uns alle eine sehr beunruhigende Situation. Von daher war es einfach wichtig, den Dialog mit der Formel 1 zu haben, um zu verstehen, welche Informationen dort vorliegen. Stefano [Domenicali] hat uns versichert, dass die Behörden hier den Vorfall untersucht haben und dass es keine Sicherheitsbedenken wegen der Fortsetzung des Events hier gibt. Von daher verlassen wir uns auf diese Information und sind deshalb auch wieder zurück an die Box gegangen."
... zu seinem Gefühl und das der McLaren-Fahrer: "Natürlich ist es nicht beruhigend. Wenn man von so einem Vorfall hört, der nicht weit weg von der Strecke ist. Aber wir müssen uns jetzt einfach auf die Auskunft verlassen, die wir bekommen haben. Wir haben da ein Vertrauen, dass die Formel 1 die richtigen Entscheidungen trifft."
"Wir sind informiert worden, dass vom Jemen eine Drohne losgeschickt wurde. Die Saudis haben ein Abwehrsystem und aus irgendeinem Grund wurde die Drohe nicht abgefangen. Dadurch kam es zu diesem Anschlag. Der Termin ist meiner Meinung nach bewusst ausgesucht worden. Die Rebellen wissen, dass sie während des Grand Prix eine wesentliche größere Aufmerksamkeit haben. Das ist ja Teil dieses Konzepts. Es fand dann eine Versammlung statt, auf der beschlossen wurde, dass das Rennen normal stattfindet. Danach soll es von offizieller Seite eine Erklärung geben, wie die Sicherheit gewährleistet werden kann, sodass das Rennen ohne Gefährdung der Fahrer und Zuschauer abgehalten werden kann."
... zur Stimmung im Team: "Der Max sieht das etwas lockerer. Checo ist etwas verängstigt. Wir haben die Pandemie, wir haben den Krieg in Europa und jetzt 20 Kilometer von uns entfernt einen de facto Raketenangriff. Normal und angenehm ist das nicht mehr."
... ob es richtig ist, weiterzufahren: "Ich glaube schon, dass es das Richtige ist. Man darf sich durch Terror in Bezug auf das normale Leben nicht einschüchtern lassen. Wenn für die nächsten zwei Tage die Sicherheit garantiert ist, dann sollten wir fahren."
"Es wurde besprochen, wie die Sicherheit hier ist. Es wurde uns versichert, dass es überall wo Personen sind, sicher ist und dass es schon viel Attacke gab, aber in Gebieten, die unbewohnt sind. Selbst alle Minister sind hier und wenn das kein sicherer Platz wäre, dann wären sie sicherlich die ersten, die nicht da wären."
... ob er sich sicher fühlt: "Ich fühle mich sicher. Wenn ich mich nicht sicher fühlen würde, dann würde ich mich für das gesamte Team nicht sicher fühlen, weil ich die Verantwortung für das ganze Team habe. Es gab keine Diskrepanz bei den Fahrern und Teams. Ich glaube an diesem Wochenende ist es richtig hier zu fahren, weil wir alle da sind. Wenn, dann hätte man es davor diskutieren müssen."