Özcan über Köln-Ziele: "Wer in dieser Stadt hat keinen Bock auf Europa?"
13.04.2022 | 19:17 Uhr
Köln-Spielmacher Salih Özcan hat im exklusiven Interview mit Sky über seine Saisonziele mit dem Klub, das anstehende Derby gegen Borussia Mönchengladbach und seine Entscheidung gegen das DFB-Team und für die türkische Nationalmannschaft gesprochen.
Sky Sport: Herr Özcan, Ihr Team hatte ein überragendes Comeback gegen Mainz 05. Die Ultras waren zum ersten Mal nach langer Zeit wieder dabei, das Stadion ist explodiert. Mit ein paar Tagen Abstand: Wie war das für Sie?
Salih Özcan: Man hat einfach gemerkt, dass die Stimmung mit den Ultras im Stadion noch einmal eine ganz andere ist. Die Choreografie vor dem Spiel war einfach unfassbar. Wir haben es genossen. Das Spiel lief in den ersten 60 Minuten leider nicht so gut, aber dieses Comeback, das wir dann gezeigt haben, hat sich jeder Fan gewünscht.
Sky Sport: Der Sieg war wichtig, weil Hoffenheim gegen Leipzig verloren hat und Sie so im Saisonendspurt mitten im Geschäft um die Internationalen Plätze sind. Mark Uth hat nach dem Spiel gesagt, dass er nach Europa woll. Wollen Sie das auch?
Özcan: Wer in dieser Stadt hat keinen Bock auf Europa? Wir müssen dennoch von Spiel zu Spiel schauen und am Samstag in Mönchengladbach die drei Punkte holen, dann schauen wir weiter was dabei rumkommt.
Sky Sport: In den vergangen fünf Saisons haben 53 Punkte im Schnitt gereicht, um Europa zu erreichen. Sie sind jetzt bei 43 Punkten und noch fünf verbleibenden Spielen. Davon müssten Sie also drei gewinnen und ein Unentschieden holen. Halten Sie das für möglich?
Özcan: Möglich ist einiges! Man hat in dieser Saison bereits gesehen, wozu wir fähig sind. Wie versuchen von Spiel zu Spiel zu schauen und machen uns da gar nicht so viel Druck. Der Blick richtet sich nun auf Samstag, wo wir versuchen drei Punkte zu holen.
Sky Sport: Steffen Baumgart hat nach dem Spiel gegen Mainz gesagt, Sie seien "unersätzlich". Ich habe Ihn so etwas über einen Spieler noch nie sagen hören. Wie kam das bei Ihnen an?
Özcan: Das hat mich auf jeden Fall glücklich gemacht. So etwas vom Trainer zu hören, ist glaube ich für jeden Spieler nochmal ein Push. Ich versuche nun auf jeden Fall, in den kommenden Spielen noch einmal an die Leistungen anzuknüpfen.
Sky Sport: Es ist kein Geheimnis, dass Ihr Vertag hier 2023 ausläuft. Der Effzeh hat Ihnen viel gegeben, Sie sind ein gebürtiger Kölner. Im Verein spricht man davon, mit Ihnen als prägende Figur diesen starken Weg, den der Effzeh eingeschlagen hat, weiter zu gehen. Thomas Kessler hat jüngst gesagt, man wolle sich für Ihren Verbleib strecken. Wie laufen die Gespräche und wie sehr beschäftigt Sie das?
Özcan: Ich halte mich da wirklich bedeckt. Ich habe meinem Berater auch gesagt, dass sie mich mit Wasserstandsmeldungen in Ruhe lassen sollen, weil ich einen freien Kopf haben und die Saison gut zu Ende spielen will. Anschließend werden wir weiterschauen, wie die Gespräche und die Verhandlungen gelaufen sind und dann wird man zu einem Ergebnis kommen.
Sky Sport: Das heißt, eine klare Entscheidung bezüglich Ihrer Zukunft gibt es erst nach Saisonende?
Özcan: Ja.
Sky Sport: Welche Ziele haben Sie noch als Fußballer? Was sind Ihre Träume, die Sie sportlich noch verwirklichen wollen?
Özcan: Wenn ich da an die Nationalmannschaft denke, dann würde ich sehr gerne mal an einer Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft teilnehmen. Jeder Fußballer wünscht sich natürlich auch, auf internationaler Ebene zu spielen oder sogar etwas zu gewinnen. Aber momentan bin ich glücklich. Ich möchte einfach verletzungsfrei bleiben und die aktuelle Leistung weiterhin abrufen. Das ist momentan das Wichtigste.
Sky Sport: Steffen Baumgart hat Sky neulich im Exklusiv-Interview gesagt, dass es vor ein paar Monaten noch gar kein Thema für Sie war, in irgendeiner Art und Weise an eine Nationalmannschaft zu denken. Plötzlich mussten Sie sich entscheiden. Ein Lohn Ihrer harten Arbeit?
Özcan: Ja, auf jeden Fall. Das macht einen sehr stolz, jedoch ging das für mich persönlich alles auch ein bisschen zu schnell. Ich genieße im Moment einfach alles und bin sehr dankbar, dass ich verletzungsfrei durch die Saison gekommen bin und das hoffentlich auch für die restlichen Spiele bleibe. Wir wollen die Saison als Team krönen. Das ist wichtiger.
Sky Sport: Inwieweit hat die große Konkurrenz, die beim DFB auf deiner Position geherrscht hätte, etwas mit Ihrer Entscheidung pro Türkei zu tun?
Özcan: Gar nicht so viel ehrlich gesagt. Darüber habe ich mir gar keinen Kopf gemacht. Hansi Flick hat mich eingeladen und wir haben darüber gesprochen, dass das momentan alles ein bisschen schnell geht und ich mir in Ruhe meine Gedanken über eine Entscheidung machen soll. Er hat mir die Zeit gegeben, darüber nachzudenken. Ich habe mich dann nach ein paar Wochen entschieden, aber nicht groß auf die Konkurrenz im Team geschaut.
Sky Sport: Wie hat Hansi Flick Ihre Entscheidung aufgefasst? War er enttäuscht?
Özcan: Wer Hansi kennt, weiß, dass die Spieler/Trainer-Beziehung mit ihm überragend ist. Wir kennen uns ja schon seit einigen Jahren von den U-Mannschaften, deshalb war da schon auch eine Enttäuschung zu spüren. Er hat die Entscheidung aber mit großem Respekt angenommen und mir alles Gute gewünscht.
Sky Sport: Schauen wir noch auf das kommende Wochenende. Das Derby in Gladbach steht an. Was bedeutet Ihnen das Spiel als gebürtiger Kölner?
Özcan: Die Ultras sind wieder dabei und die Stimmung wird richtig heiß sein. Für jeden FC-Fan und auch für uns ist das ein großes Spiel. Man hat schon im Hinspiel gesehen, dass man Spektakel erwarten kann. Wir freuen uns sehr auf die Partie!
Sky Sport: Sie sind ein echter Talisman für den 1.FC Köln im Derby. Sie standen gegen Borussia Mönchengladbach vier Mal auf dem Rasen und konnten alle vier Spiele gewinnen. Machen Ihnen Ihre Kollegen in der Kabine nun Druck, damit diese Serie ja nicht reißt?
Özcan: Nein, der Druck ist dadurch nicht größer (lacht). Ich hoffe aber, dass die Serie sich fortsetzt. Dann sind wir bei fünf Siegen. Wir versuchen einfach, die Leistungen der letzten Wochen auf den Rasen zu bringen - wie in den letzten 30 Minuten gegen Mainz - dann bin ich guter Dinge, dass wir gewinnen werden.
Das Interview führte Marlon Irlbacher.
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