Arminia Bielefeld ist vor dem Spiel in Mönchengladbach am Sonntag seit vier Spielen ungeschlagen und hat gute Chancen, den Klassenerhalt zu erreichen. Dieser wäre eine große Überraschung. Ähnlich groß wie der von außen viel kritisierte Trainerwechsel vor einigen Wochen.
Etwas ungläubig schaute Fußball-Deutschland am 1. März dieses Jahres auf Bielefeld. Mit Uwe Neuhaus wurde der Mann entlassen, der den DSC Arminia innerhalb von eineinhalb Jahren aus der Abstiegsregion der Zweiten Liga bis in die Bundesliga geführt hatte.
Und für viele Experten war vor der Saison ohnehin so eindeutig wie selten klar: Der Absteiger Nummer 1 kommt aus Ostwestfalen. Nach elf Jahren abseits der Eliteklasse und im finanziellen Negativstrudel schien der qualitative Unterschied zwischen Arminia und dem Rest der Liga viel zu groß.
Doch die Bielefelder profitierten zum einen vom Schalker Dilemma, zum anderen hatte sich das Team im Dezember an die neue, viel schnellere Liga gewöhnt. Es folgte eine gute Phase Mitte Januar und im weiteren Verlauf sogar ein Punktgewinn bei den Bayern.
Neuhaus-Entlassung als notwendiger Schritt?
Und dennoch: Nach klaren Niederlagen gegen Wolfsburg und in Dortmund entschied sich Sportgeschäftsführer Samir Arabi dazu, den Aufstiegstrainer zu beurlauben. Für viele Fans der falsche Schritt, spiegelte die Tabellenkonstellation doch wider, dass Bielefeld über den eigenen Verhältnissen spielte.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Uninspirierte Auftritte wie bei der Niederlage in Köln, eine fehlende Weiterentwicklung und unterschiedliche Ausrichtungen in Zukunftsfragen führten zu dem wohl notwendigen Entlassungsakt.
Kramer als Investition in die Zukunft
Arabi entschied sich mutig, holte Frank Kramer, dessen Karriere als Bundesligatrainer bis dato kurz und schon lange unterbrochen war. "Wir waren einfach deckungsgleich in der Art und Weise, was wir glauben, was diese Mannschaft braucht", sagt der Sportgeschäftsführer heute.
Kramer passt zum Verein. Nicht nur, weil er mit seiner positiven Ausstrahlung und dem engagierten Auftreten ganz anders wirkt als der reservierte Neuhaus. Der 48-Jährige steht für Nachwuchsförderung. Davon zeugt seine Arbeit in den U-Nationalmannschaften des DFB und im Nachwuchsleistungsbereich von RB Salzburg.
Arminia ist auf diese Talentförderung angewiesen, da aus finanziellen Gründen gar keine andere Ausrichtung möglich ist. Und so ist der vorgezogene Trainerwechsel eine schon viel länger geplante Investition in die Zukunft.
Der kürzere Weg zum Tor und die defensive Sicherheit
Doch was hat sich verändert unter dem neuen Coach? In seinen bisherigen acht Spielen konnte Kramer mit dem DSC zwölf Zähler holen, hat den Punkteschnitt von 0,82 unter Neuhaus auf 1,5 pro Partie gesteigert. Warum das so ist, erklärt der gebürtige Memminger so: "Höhere Ballgewinne, kürzere Wege zum Tor und dass wir etwas schneller versuchen, mit dem Ball zum Tor zu gehen."
In der Tat wirkt Arminia zielstrebiger, in der Art und Weise Torgefahr zu erzwingen. Auswirkung hat die Intensität, die Kramer von seiner Mannschaft fordert, aber vor allem auch auf die Defensive. Nur fünf Gegentreffer kassierte Bielefeld seit seinem Amtsantritt - was natürlich nicht allein am teilweise herausragend reagierenden Torhüter Stefan Ortega Moreno liegt.
Hätte der DSC vorne seine Chancen effizienter genutzt, wäre die Ausgangslage vor den letzten vier Spielen wohl noch etwas besser, als sie ohnehin schon ist. Denn den fünf Gegentreffern stehen auch nur fünf eigene Tore gegenüber.
"It's not over till it's over"
Kramer bemüht zurecht die englische Phrase "It's not over till it's over" - es ist nicht vorbei, solange es nicht vorbei ist. Denn aktuell lügt die Tabelle sehr wohl, ist sie doch aufgrund von Herthas Quarantäne etwas in Schieflage geraten.
Das ändert allerdings nichts daran, dass nur wenige dem DSC diese Position kurz vor Saisonende zugetraut hätten. "Wir gehen das jetzt weiter, volle Kanne, und schauen was dabei herauskommt", sagt der Trainer vor dem Spiel bei Borussia Mönchengladbach (Sonntag, ab 18 Uhr Live auf Sky).
Egal, wie es ausgeht: Frank Kramer hat Arminia Bielefeld einen neuen Schwung verpasst und wird seinen eingeschlagenen Weg auch bei Abstieg in Ostwestfalen fortsetzen.