Traum geplatzt! Alkmaar schnupperte mit Jugend-Plan am Titel
19.05.2020 | 21:18 Uhr
Der AZ Alkmaar jagte mit seinen Youngstern, die seit dem 12. Lebensjahr zusammenspielen, nach dem Titel in der Eredivisie. Doch der Traum platzte. Aber vom Weg, auf Eigengewächse zu bauen, lässt sich AZ nicht abbringen.
AZ war erst zweimal niederländischer Meister, aber in Alkmaar glaubten Fans und Verantwortliche, dass Triumph Nummer drei unmittelbar bevorstehe. Stattdessen hat der KNVB, der Fußballverband des Landes, beschlossen, die Saison abzubrechen und den Titel nicht zu vergeben.
Dennoch hat die Entscheidung weitreichende Folgen: Ajax Amsterdam wird als Tabellenführer der Eredivisie für die UEFA-Qualifikation den ersten Platz einnehmen. AZ hat lediglich eine um acht Treffer schlechtere Tordifferenz.
Amsterdams Klubchef Edwin van der Sar weist jedoch darauf hin, dass Ajax "das ganze Jahr über" die Führung innehatte.
Aber das Momentum hat sich zuletzt eindeutig zu Gunsten von AZ verändert. Alkmaar hat in nur drei Spielen einen Rückstand von sechs Punkten aufgeholt und im vergangenen Monat in Amsterdam sogar Ajax geschlagen. Kein Wunder, dass AZ-Generaldirektor Robert Eenhoorn dem Entschluss "nicht zustimmt". Die Chance war da, dass große Ajax Amsterdam noch vom Thron zu stoßen.
Die Fans fürchten nun, dass zahlreiche Jungstars nicht zu halten sein werden. AZ wird vom 22-jährigen Teun Koopmeiners angeführt. Ihr bester Torschütze ist der erst 19-jährige Myron Boadu. Der Mann mit den meisten Assists ist der 21-jährige Calvin Stengs. Mit dem jungen Linksverteidiger Owen Wijndal (20) tragen die vier Youngster wesentlich zum Erfolg von AZ bei.
Das Quartett streift sich seit seinem 12. Lebensjahr das Trikot des Vereins über und steht sinnbildlich für die Vereinsphilosophie. Nimmt man dann noch die Eigengewächse Thomas Ouwejan (23), Kenzo Goudmijn (18), Joris Kramer (23) und Ferdy Druiijf (22) hinzu, wird leicht verständlich, warum AZ für sich in Anspruch nehmen kann, die beste Akademie Europas zu besitzen.
Paul Brandenburg arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in der Jugendabteilung des Klubs und ist seit 2015 Direktor der Akademie. Er wusste sehr wohl, dass eine herausragende Generation heranwächst, aber diesen Teil kann er nicht kontrollieren. Seine Aufgabe besteht darin, das Potenzial zu maximieren.
"Jede Generation ist anders, es geht um das Talent und den Einzelnen", sagt Brandenburg gegenüber Sky Sports. "Aber mit unserer Vision vom Lernen und indem wir großzügig mit unserer Zeit umgehen, wenn wir Talente sichten, sind wir überzeugt, dass unser Programm dafür sorgen wird, dass die Talente entstehen."
AZ macht mehr als nur Lippenbekenntnisse zur Spielerentwicklung. Ihr erklärtes Ziel ist es, dass 50 Prozent des Kaders der ersten Mannschaft Akademiespieler sein sollen. Dieses Ziel übertrifft der Klub derzeit sogar deutlich.
"Unsere erste Mannschaft besteht zu 67 Prozent aus Akademiespielern, von denen sechs oder sieben reguläre Starter sind", erklärt Brandenburg. "Das ist eine gute Sache. Es ist Teil unserer Vision, dass die größten Talente zum Einsatz kommen. Sie bekommen ihre Chance, sobald sie sie sich verdient haben."
AZ ist nicht nur führend in der Wissenschaft, sondern auch ein Klub, der über den Tellerrand hinausschaut und einen "Leistungsspielplatz" baut, um den Geist des Straßenfußballs zu wecken. Die Fähigkeiten der jungen Spieler werden auf Rasen, aber auch auf Beton und sogar auf Sand getestet. Strandfußball wird als Lernwerkzeug eingesetzt, während Brandenburg und seine Kollegen nach neuen Wegen suchen, um Anregungen zu geben.
"Jede Trainingseinheit sollte überraschend sein, deshalb versuchen wir, die Umstände zu ändern, um unsere Spieler herauszufordern", erklärt der 42-Jährige. "Den Belag zu wechseln ist eine Möglichkeit, weil jeder Belag eine andere Technik erfordert. Manchmal ändern wir auch gerne die Größe des Balls, weil unterschiedliche Größen von Bällen jedes Mal eine andere Technik erfordern."
"Ein weiteres Beispiel ist der Wechsel der Formationen. Wir versuchen, unsere Spieler herauszufordern, über das Spiel, das Spielkonzept nachzudenken und Verständnis zu schaffen und sie so zu eigenen Lösungen zu bewegen. Schauen Sie sich die Besten an. Kennen sie nur einen Trick oder sind es Spieler, die das Spiel als Ganzes verstehen und immer versuchen, Raum zu schaffen?"
"Wir müssen Spieler ausbilden, die in Zukunft in der Lage sind, alles zu tun, und ihnen nicht nur eine Taktik beibringen. Wir glauben, dass diese Denkweise kreative Persönlichkeiten hervorbringen kann", sagt Brandenburg. "Wir können uns nicht zurücklehnen und zuschauen, wir müssen innovativ bleiben, sonst werden uns die größeren Vereine mit den größeren Ressourcen verschlingen", fügt er hinzu.
Diese Saison hätte ein Höhepunkt all dieser harten Arbeit und Planung sein können. Sie hätte den ersten Titel in der Eredivisie seit mehr als einem Jahrzehnt bringen können, der mit einer Generation junger Talente errungen wurde, die von klein auf in der Akademie des Klubs geformt wurden.
Aber das sollte diese Saison scheinbar nicht sein - noch nicht. Doch bei AZ sind alle entschlossen, dass dies nicht das Ende der Reise ist.