Gladbach nach dem Favre-Schock: Die Suche nach Mister X
02.06.2022 | 15:03 Uhr
Sportchef Roland Virkus gerät langsam unter Druck. Dass noch kein neuer Trainer gefunden ist, blockiert Borussia auf mehreren Ebenen.
Er war fast ein wenig zu bemitleiden - Roland Virkus, Gladbachs Geschäftsführer Sport - als er den Borussia-Mitgliedern die sportliche Analyse der abgelaufenen Saison präsentieren musste. Der Mann, der erst Mitte Februar zum Nachfolger des plötzlich ausgeschiedenen Max Eberl ernannt wurde, musste die schwächste Spielzeit seit zehn Jahren erklären. Dass Virkus am Montagabend selbst noch einmal betonte, dass er diesen verantwortungsvollen Posten eigentlich gar nicht übernehmen wollte - es passte ins Bild seines Auftritts.
Über eine halbe Stunde stellte er die Analyse vor und versuchte einen Ausblick auf die Ziele der neuen Saison zu geben. Dass mit Lucien Favre der Trainer, den er unbedingt verpflichten wollte, bereits abgesagt hatte - das erwähnte Virkus mit keiner Silbe. Erst als die Mitglieder im weiteren Verlauf der Versammlung Fragen stellen durften, wurde Virkus auf Favre konkret angesprochen.
"Ich glaube nicht, dass Lucien Favre in den nächsten beiden Jahren Trainer von Borussia Mönchengladbach ist", so Virkus. Gleichzeitig bestätigte er, dass der Schweizer Gladbachs Wunschkandidat war: "Sie können sicher sein, dass wir alles getan haben in den letzten beiden Wochen, viele Gespräche geführt haben."
Das öffentliche Bekanntwerden der Favre-Absage stellt Borussia nun gleich vor zwei Probleme. Zum einen, weil sich jeder künftige Kandidat in den Gesprächen bestenfalls als Zweit-, je länger die Suche noch andauert sogar als Notlösung fühlen muss. Und zum anderen, weil sich Borussias Position in den Gesprächen zu Vertragsverlängerungen mit Leistungsträgern nicht verbessert.
Zur Erinnerung: Zwölf Spielerverträge laufen 2023 aus - darunter die von Spielern wie Lars Stindl, Yann Sommer, Jonas Hofmann, Marcus Thuram, Breel Embolo, Alassane Plea, Christoph Kramer und Ramy Bensebaini. Virkus sagt zwar: "Wir sind in sehr guten Gesprächen mit unseren Spielern. Die Gespräche genießen höchste Priorität mit dem Ziel: Keine ablösefreien Abgänge." Aber: Trotz der hohen Priorität hat bislang noch kein Profi verlängert.
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Drei Wochen ist es her, dass der Klub und Ex-Trainer Adi Hütter beschlossen haben, nach dem letzten Spieltag getrennte Wege zu gehen. Dass es so weit kommen würde, war nach Sky Informationen schon deutlich früher absehbar. Auch für Virkus. Kontaktaufnahmen zu potenziellen Trainerkandidaten soll es bereits um Ostern herum gegeben haben. Aber: Auch knapp sieben Wochen später steht Gladbach ohne neuen Coach da.
Auf der Mitgliederversammlung erklärte Virkus das so: "Sie können sicher sein, dass wir das so schnell wie möglich erledigen wollen. Aber: Da wir in den letzten drei Jahren keine guten Entscheidungen getroffen haben, was den Trainer angeht, ist es immens wichtig, dass wir eine gute Entscheidung treffen." Als Kritik an seinem Vorgänger wollte er das explizit nicht verstanden wissen. Für viele Beobachter klang es aber genau so.
"Wir haben ein klares Anforderungsprofil erstellt und sind in diversen Gesprächen mit mehreren Kandidaten, mit dem Ziel, endlich den passenden Trainer zu haben", sagte Virkus: "Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Aber Sie können mir vertrauen, dass wir da eine gute Entscheidung treffen werden", so der Sportchef weiter.
Auf wen die Entscheidung am Ende fällt, ist weiter offen. Nach Sky Informationen soll es sowohl zu Daniel Farke (aktuell vereinslos) als auch zu Hannes Wolf (U19-Trainer beim DFB) Kontaktaufnahmen gegeben haben. Vincent Kompany, ein weiterer möglicher Kandidat, steht kurz vor einem Engagement beim FC Burnley. Wer auch der neue Borussia-Trainer wird - eines steht bei der Suche nach Mister X definitiv fest: Den Verein nach drei turbulenten Jahren wieder zu stabilisieren, wird eine enorme Herausforderung.