Nach dem DFB-Pokal-Halbfinale
23.05.2019 | 09:48 Uhr
Werder Bremen tobte nach der umstrittenen Elfmeter-Entscheidung - doch das war Bayern München herzlich egal. Nach dem spektakulären 3:2 im Pokal-Halbfinale greift der Rekord-Champion nach dem Double. Ein Extralob gab es für Trainer Niko Kovac.
Kapitän Max Kruse schimpfte wie ein Rohrspatz, Sportchef Frank Baumann fühlte sich betrogen - doch Uli Hoeneß konnte über das ganze Theater um den fragwürdigen Elfmeter in der Schlussphase nur müde lächeln. Während die Bremer Fußball-Seele kochte und in den Katakomben des Weserstadions mal wieder über den berüchtigten Bayern-Bonus getuschelt wurde, würdigte Bayern Münchens Präsident lieber ein "fantastisches Spiel" und verteilte ein seltenes Sonderlob für Niko Kovac.
"Wenn ein Trainer ins Pokal-Endspiel kommt und vier Spieltage vor Schluss Tabellenführer ist, hat er eine gute Arbeit geleistet", sagte Hoeneß anerkennend. Das spektakuläre 3:2 (1:0) im Pokal-Halbfinale in Bremen und vor allem die Aussicht aufs erste Double seit 2016 zauberten dem großen Zampano des Bundesliga-Tabellenführers ein Dauergrinsen ins Gesicht. Und der Elfmeter? "Keine Diskussion. Den fand ich hundertprozentig in Ordnung."
Diese Meinung hatte Hoeneß exklusiv. Bremens Torjäger Kruse nannte den Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Daniel Siebert "lächerlich", Bremens Trainer Florian Kohfeldt "brutal". Und selbst Kovac sprach hinterher von einer "harten Entscheidung. Wenn er ihn nicht pfeift, können wir uns nicht beklagen."
Weil der Videoschiedsrichter aber nach Ansicht der Bilder keine Veranlassung sah, Siebert nach leichtem Schubser von Theodor Gebre Selassie an Kingsley Coman vor den Bildschirm zu zitieren, und Robert Lewandowski vom Punkt die Nerven behielt (80.), dürfen sich die Bayern auf ihr 23. Pokalfinale freuen.
Der Bundesliga-Tabellenführer hat nach dem frühen Aus in der Champions League nun alle Trümpfe für das nationale Titel-Doppel aus Pokal und Meisterschaft in der Hand. Gelingt das, würde die Saison nach Ermessen von Klub-Patriarch Hoeneß zumindest noch die Note "1-" bekommen.
Für die Bayern geht es im Finale am 25. Mai gegen RB Leipzig um Pokalsieg Nummer 19, für Kovac, der in München seit Monaten unter Dauer-Druck steht, womöglich auch um seine Zukunft. Nach dem Triumph im vergangenen Jahr mit Eintracht Frankfurt würde ihm die erfolgreiche "Titelverteidigung" in seinem Lieblingswettbewerb weitere Argumente bei den Bayern-Bossen sichern.
Die Bremer leckten unterdessen ihre emotionalen Wunden. Die irre grün-weiße Aufholjagd nach 0:2-Rückstand durch Lewandowski (36.) und Thomas Müller (63.) mit zwei Toren binnen 67 Sekunden durch Yuya Osako (74.) und Milot Rashica (75.) wurde nicht belohnt, am Ende stand die erste Heim-Niederlage im Pokal seit 31 Jahren. "Es wird die nächsten Tage auch noch sehr weh tun, aber wir müssen wieder aufstehen", sagte Geschäftsführer Baumann.
Und so schob Kohfeldt den Elfer-Ärger schnell beiseite und fokussierte sich auf das große Ziel - und das heißt die Rückkehr nach Europa. "Wir werden jetzt damit anfangen, uns zu regenerieren und werden am Samstag in Düsseldorf versuchen, einen großen Schritt in Richtung Europa zu gehen, damit die Lichter in Bremen häufiger wieder angehen", sagte der 36-Jährige.
Einen schwachen Trost für alle Bremer hielt der Final-Einzug der Bayern dann doch noch bereit: Da weder der Spitzenreiter aus München noch der Tabellendritte aus Leipzig an den ausstehenden vier Bundesliga-Spieltagen von den ersten sechs Rängen verdrängt werden können, wird der Tabellensiebte in der Qualifikation zur Europa League antreten. Werder ist momentan Achter.