Bundesliga Kolumne: Matthäus über DFB-Team & Lewandowski
Matthäus: Deshalb würde ein Lewy-Ausfall Bayern doppelt weh tun
30.03.2021 | 19:35 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt. Dieses Mal spricht der Rekord-Nationalspieler über die Leistungen des DFB-Teams in der WM-Qualifikation sowie den möglichen Ausfall von Robert Lewandowski im Spitzenspiel gegen RB Leipzig.
Daumen hoch für unsere Nationalmannschaft! Mir hat an den beiden Auftritten in den letzten Tagen so ziemlich alles gefallen. Es war deutlich zu erkennen, dass auf fast allen Gebieten Ruhe und damit Qualität eingekehrt ist. Das Team hat spielerisch überzeugt.
Rüdiger bestes Beispiel, wie wichtig Vertrauen für einen Spieler ist
Gegen die Rumänen hatten wir sehr viele Chancen und beim nächsten Mal gehen auch wieder mehr davon rein, weil der gegnerische Torwart dann mal nicht seinen besten Tag hat. Jogi scheint langsam ein Gerüst von 13, 14 Spieler zu haben. Alternativen dazu sind auch zu sehen.
Man merkt vor allem, was Vertrauen ausmachen kann. Bestes Beispiel ist Antonio Rüdiger. Er bekommt das Vertrauen von Tuchel bei Chelsea und nun genauso auch von Löw. Das riecht langsam nach Abwehr-Chef. Auch Joachim Löw wirkt nach seiner Entscheidung in naher Zukunft als Bundestrainer aufzuhören, viel aufgeräumter an der Seitenlinie. Er scheint mit sich im Reinen zu sein. Der Entschluss hat ihm gut getan.
Nach vorne hat die DFB-Elf feinen Tempo-Fußball gezeigt. Die größte Herausforderung liegt nach wie vor in der Außenverteidigung. Da muss Löw bis zum Turnier vielleicht ein bisschen improvisieren und etwas Anderes kreieren. Sowie 2014, als er zu Beginn des Turniers mit vier Innenverteidigern auf einer Linie agiert hat.
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Boateng, Mertesacker, Hummels und Höwedes bildeten die Viererkette, ehe irgendwann Lahm wieder hinten rechts ran musste. Damals hat Löw Höwedes als Linksverteidiger aus dem Hut gezaubert und wir wurden Weltmeister. Mit Can, Ginter und Süle gibt es mehrere Alternativen.
Kimmich in der Zentrale nicht zu ersetzen
Bei Joshua Kimmich könnte man dieselbe Diskussion wie bei Lahm 2014 führen. Allerdings gibt es für mich keine zwei Meinungen. Kimmich muss auf die Sechs, auch wenn er hinten rechts ebenfalls Weltklasse verkörpert. Aber in der Zentrale ist er von niemanden zu ersetzen. Er ist die einzig wirkliche Sechs. Goretzka, Gündogan, Kroos oder Müller haben eine andere Spieler-DNA. Es gibt als Taktgeber keine Alternative zu Kimmich.
Und damit kommen wir zur Frage, wer der ideale Nebenmann für ihn ist. Sein Bayern-Kompagnon Goretzka, Kroos oder Gündogan? Wenn man davon ausgeht, dass auch Thomas Müller mit zur EM fährt und dann einen Stammplatz bekommen muss, bleibt in der Startelf nur noch ein Platz für die drei eben Genannten im Mittelfeld.
Sollte der Bundestrainer Thomas Müller mitnehmen, wovon ich ausgehe, bin ich der Meinung, dass so ein Spieler gesetzt sein muss. Müller auf der Bank würde nur zu unnötigen Diskussionen führen und das Gebilde vom Wesentlichen ablenken.
Kroos und/oder Gündogan auf der Bank sorgen natürlich auch nicht für sonderlich viel Frieden, aber das ist ein Luxus-Problem. Fakt ist, dass keiner die Qualitäten in der Schaltzentrale mitbringt, die einen Joshua Kimmich auszeichnen. Natürlich könnte man argumentieren, dass das Pärchen aus Kimmich und Goretzka bestehen sollte, weil sie optimal bei Bayern eingespielt sind. Allerdings spielt Gündogan die beste Saison seiner Karriere und Kroos ist eben Kroos.
Zu viele Stars auf der Bank bringen Unruhe
Ich würde Müller aus zwei Gründen mitnehmen. Qualität und Mentalität. Wenn er weiter so spielt wie bisher, führt aufgrund der Qualität kein Weg an ihm vorbei. Und ein Mann mit dieser Erfahrung und dieser Führungsstärke gehört in die Nationalmannschaft. Wir sprechen in ein paar Monaten nicht von Rumänien oder Island, sondern von Holland, Portugal, Spanien, Italien, England oder Frankreich.
Zu viele Stars, die der Meinung sind, spielen zu müssen, jedoch nur auf der Bank sitzen, bringen mehr Unruhe als Erfolg. So war das jedenfalls 1994 bei der WM. In der Offensive gilt es für Löw bis zur EM die beste Kombination aus viel Qualität zu formen. Wir haben viele verschiedene Möglichkeiten dank Gnabry, Sané, Havertz, Werner und auch Thomas Müller, der ja genauso weiter vorne eingesetzt werden kann.
Alles in allem gibt's von mir für diese Länderspiel-Woche eine Menge Lob. Natürlich auch für den neuen TV-Experten Uli Hoeneß. Er hat das klasse gemacht. Fachlich und inhaltlich fand ich die Auftritte top. Auch die Kritik am DFB von ihm kam nicht überraschend. Das ist aktuell ein zerrissener Verband mit zu vielen Machtkämpfen.
Ähnlich wie in der Politik haben viele Menschen das Vertrauen in die handelnden Personen verloren. Aber zum Glück nicht in die Mannschaft. Denn die hat endlich wieder ihre Qualität bewiesen. Genauso wie Uli Hoeneß in seiner neuen Rolle. Er darf gerne als Experte wiederkommen.
Bayern müssen in der Abwehr improvisieren
In der Bundesliga steht das Spiel der Spiele um die Deutsche Meisterschaft an. RB Leipzig gegen den FC Bayern München. Ein Titel-Endspiel. Nur ein Leipzig-Sieg hält die Mannschaft von Julian Nagelsmann weiter im Rennen. Ein Unentschieden und die Bayern sind zum neunten Mal in Folge deutscher Meister.
Allerdings muss sich der Titelverteidiger vor allem defensiv mit einer ungewohnten Formation schlagen. Mit Hernandez und Pavard zwei Weltmeister auf den Außenbahnen und mit Alaba und Martinez immerhin der Abwehr-Chef und ein Routinier innen.
Durch die Ausfälle von Davies und Boateng fehlt vor allem das Tempo. Dafür haben Javi und Lucas sehr viel Erfahrung. Die Bayern werden wohl kompakter stehen müssen und die schnellen Leipziger nicht zum Kontern einladen.
Wenn jetzt allerdings auch noch Robert Lewandowski ausfallen sollte, wären die Bayern in der Summe ziemlich geschwächt. Uli Hoeneß ist nach Ansicht der Bilder und der Knie-Verletzung samt Auswechslung das Herz in die Hose gerutscht. Das ging wohl jedem Bayern Fan so.
Ausfall von Lewandowski eine große Schwächung
Der Pole fällt nun ein paar Tage aus. Wenn er es nicht rechtzeitig zum Topspiel schafft, wäre das ein enormer Nachteil für Bayern und natürlich ein Plus für Leipzig. Aber auch Müller oder Gnabry liefern Torgefahr in der Spitze.
Klar ist aber auch, dass der beste Spieler der Welt niemals eins zu eins zu ersetzen ist. Sein Ausfall in so einem wichtigen Spiel wäre eine große Schwächung für die Bayern. Nicht nur sportlich, sondern auch die Persönlichkeit an sich würde den Bayern auf dem Platz fehlen.
Als Fußball-Fan will ich hoffen, dass er bis Samstag fit wird und wir alle das Spitzenspiel zu sehen bekommen, das sich Fußball-Deutschland verdient hat.
