Pro & Contra: Verhelfen Playoffs der Bundesliga zu mehr Spannung?
11.02.2022 | 19:36 Uhr
Ein Finalturnier um die Deutsche Meisterschaft? Rund um die Bundesliga wird um die Einführung von Playoffs diskutiert, um die Attraktivität der Liga zu steigern. Sinnvoll oder nicht? Sky Sport mit einem Pro & Contra.
Die neue Geschäftsführerin der Deutschen Fußball-Liga (DFL), Donata Hopfen, brachte kürzlich die Einführung von Playoff-Spielen zur Steigerung der Attraktivität der Bundesliga ins Spiel. Der Gedanke daran ließ Diskussionen aufkochen. Einen prominenten Befürworter der Playoffs fand sie in Bayern Münchens Vorstandsvorsitzendem Oliver Kahn.
"Ich finde es spannend, über neue Modelle wie Playoffs für die Bundesliga nachzudenken", sagte der Chef des deutschen Rekordmeisters aus München dem Kicker. "Ein Modus in der Bundesliga mit Halbfinals und Finale würde Spannung für die Fans bedeuten. Es macht also Sinn, so einen Gedanken durchzuspielen. Wir beim FC Bayern sind für neue Ideen immer offen", meinte der 52-Jährige. Doch was spricht überhaupt für die Meisterschafts-Playoffs und was dagegen? Sky Sport mit einem Pro & Contra.
Von Thorsten Mesch
Seit 2013 heißt der Deutsche Meister Jahr für Jahr FC Bayern München. Die Dominanz der Bayern hat dazu geführt, dass sich viele Fans kaum noch für den Titelkampf und die Liga im Allgemeinen, sondern nur noch für ihre Vereine im Speziellen interessieren.
Playoffs wären eine gute Möglichkeit, das Interesse dieser Fans zurückzugewinnen und wieder für mehr Spannung zu sorgen. In den US-Sportarten gehören Playoffs dazu wie Burger, Hot Dogs oder Chicken Wings. Natürlich ist die (Sport)-Kultur in den USA nicht mit den europäischen oder deutschen Verhältnissen vergleichbar, aber auch bei uns machen zum Beispiel im Eishockey (DEL) oder im Basketball (BBL) gerade die Playoffs den Reiz aus. Eishockey-Fans sprechen auch von der "geilsten Zeit".
Die Modi Best-of-Three (wer zuerst zwei Spiele gewinnt, kommt weiter) oder Best-of-Five (drei Siege in den direkten Duellen) kommen eher den Favoriten entgegen. Es kann aber auch mal ein Team wie der ERC Ingolstadt, nach der Hauptrunde nur Neunter und Pre-Playoff-Teilnehmer, am Ende Meister werden.
Im Handball werden der DHB-Pokal und die Champions League in einem Final4-Turnier mit Halbfinals und Endspiel entschieden. Dieses Format ist für die Zuschauer in der Halle und vor dem Fernseher traditionell ein Spektakel - und birgt Potenzial für Überraschungen. Im vergangenen Jahr schlug der TBV Lemgo im Final4-Halbfinale den großen Favoriten THW Kiel und gewann den DHB-Pokal.
Im Fußball gab es das Final4-Format bereits in der Champions-League-Saison 2019/20, als am Ende der FC Bayern triumphierte. Warum also nicht auch in der höchsten deutschen Spielklasse?
Der FC Bayern sei "immer offen für neue Ideen", so Oliver Kahn. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch auf andere Klubs zutrifft. Sich neuen Ideen mit dem ewigen Verweis auf Tradition zu sperren, ist einfach nicht zeitgemäß.
In den USA gibt es in der Major League Soccer seit 2013 neun verschiedene Titelträger - auch dank des Playoff-Systems.
Wie auch immer der Modus in Deutschland am Ende aussehen würde, Playoffs könnten dafür sorgen, dass sich wieder mehr Fans für den Meisterkampf interessieren, selbst wenn am Ende der Meister doch wieder FC Bayern München heißt.
Von Max Georg Brand
Wenn es um die Erhöhung der Spannung in der Bundesliga geht, dann darf es, wie BVB-Boss Hans-Joachim Watzke sagt, "keine Denkverbote" geben. Dazu gehören sicherlich auch Playoffs. Inwiefern diese jedoch die Bundesliga attraktiver und bestenfalls ausgeglichener gestalten, darf aber bezweifelt werden.
Die Einführung von Playoffs würde das Kernformat der Bundesliga erschüttern. Wer in 34 Spielen die konstanteste und beste Leistung abgerufen hat, sollte sich am Ende Deutscher Meister nennen dürfen. Wo bliebe die Gerechtigkeit, wenn am Ende ein einziges Finale über den Ausgang einer langen Saison entscheidet? Wo bliebe die Belohnung für die beste Arbeit über eine gesamte Saison? Ähnliche Diskussionen führen wir jährlich, wenn es um die Relegationsspiele geht. Wieso kann sich der Drittletzte der Bundesliga in zwei abschließenden Spielen nochmal aus der Abstiegsschlinge befreien, wenn es doch der drittbeste der 2. Bundesliga verdient hätte aufzusteigen? Die Meisterschaft könnte ihr Prädikat als "ehrlichsten Titel" verlieren.
Hinzu kommt, dass es auch durch die Einführung der Playoffs natürlich keine Garantie gäbe, dass der FC Bayern München nicht doch Serienmeister bleiben würde. Von den Bundesliga-Teams wäre es wahrscheinlich aktuell nur drei oder vier Klubs zuzutrauen, den Münchnern im Playoff-Duell, wenn es wirklich in die entscheidende Phase geht, ein Bein zu stellen. Noch unwahrscheinlicher wird es, wenn man über Hin- und Rückspiel in der K.o.-Phase oder eine Meisterrunde diskutiert. Lohnt es sich für einen von zehn Fällen deshalb die ganze Liga umzukrempeln?
Dass aber ausgerechnet Bayern-Boss Oliver Kahn es "spannend" fände, über die Playoffs zu diskutieren, ist vielleicht nicht so überraschend, wie es auf den ersten Blick scheint. Der Großteil der Liga kann mit der Playoff-Idee dagegen nicht viel anfangen und wäre wohl lieber an finanziellen Maßnahmen interessiert. Möglicherweise befürchtet man in München einfach die Neuverteilung der TV-Gelder oder die Umverteilung der Prämien aus den europäischen Wettbewerben. Maßnahmen, welche die Liga auf Dauer vermutlich spannender gestalten und besser ausbalancieren würden als Playoffs.
Dass es in der Liga keine K.o.-Spiele gibt, unterscheidet sie von sämtlichen Pokalwettbewerben hierzulande. Die Wettbewerbe haben alle ihre Reize - auch weil sie unterschiedlich sind. Eine so tiefgreifende Veränderung im Spielmodus würde sicherlich weiter zu einer Entfremdung vom Kern der Fans führen, die sich im immer größer werdenden Fußball-Kosmos gerade noch in der Bundesliga zu Hause fühlen. Hauptaugenmerk sollte eher die Annäherung an den Fan werden, nicht eine weitere Entfernung.
Dass sich beispielsweise noch höhere Ticketpreise mit dem neuen Reiz der Playoff-Spiele leicht begründen ließen, wäre wohl nur eine von vielen Begleiterscheinungen, die es dem Volkssport Fußball schwerer machen dürften, sich wieder der Basis anzunähern. Das kann nicht im Sinne der DFL und ihrer Klubs sein.
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