"Ausgleichende Gerechtigkeit": BVB gegen Wolfsburg zu früh vom Glück verlassen
09.11.2022 | 11:15 Uhr
Mit dem 0:2 beim VfL Wolfsburg hat der BVB die Chance, den Anschluss an die Bayern über die Winterpause hinaus zu halten, verpasst.
Nach der Pleite herrscht bei den Dortmundern zwar Enttäuschung - aber auch eine Menge Einsicht. Dass die Borussen bei den formstarken Wölfen kein Selbstläufer erwartet, war im Voraus wohl jedem in schwarz und gelb klar. Vor dem Duell waren Niko Kovac und seine Truppe in sieben aufeinanderfolgenden Pflichtspielen ungeschlagen. Zuletzt zauberten die Wolfsburger beim 3:0 gegen Mainz 05 und dem 4:0-Erfolg gegen den VfL Bochum. Ein undankbarer Gegner für den BVB also, der seit Saisonbeginn mit der eigenen Konstanz zu kämpfen hat.
Dienstag, 18:30 Uhr: Der VfL hat Anstoß und gibt die Kugel erstmal nicht her. In den ersten fünf Minuten haben die Dortmunder kaum Zugriff und die Wölfe wittern ihre Möglichkeit: Eine scharfe Ecke von WM-Kandidat Maximilian Arnold wird verlängert und landet beim freistehenden Mick van de Ven. Der Youngster muss bloß einnicken und das Worst-Case-Szenario aus BVB-Sicht vergolden.
"Wir haben gefühlt in den ersten fünf bis zehn Minuten nicht einmal den Ball gesehen. Wir sind wieder sehr schlecht ins Spiel gekommen, was relativ unerklärlich ist, weil uns das doch sehr, sehr häufig passiert dieses Jahr", zeigte sich Niklas Süle nach der Partie am Sky Mikrofon ernüchtert. In seiner Analyse erhält der neue Stamm-Rechtsverteidiger Bestätigung von Kapitän Mats Hummels und Trainer Edin Terzic.
Nach der schwachen Anfangsphase wird es dann das erwartete Spiel auf Augenhöhe. Eine muntere Partie, bei der beide Klubs schnell zu einer Reihe an Möglichkeiten kommen. Der BVB baut Druck auf, um den 0:1-Rückstand der 6. Minute zu egalisieren - die Wolfsburger kontern blitzschnell. Einzig am Abschluss und den starken Keepern beider Teams hapert es.
Für den BVB, der gegen den VfL Bochum am zurückliegenden Wochenende nach drei Schüssen aufs Tor bereits mit 3:0 führte, ein zermürbender Verlauf. "Für mich ist das relativ simpel: Wir hatten die fünf schlechten Anfangsminuten und dann fehlt Effektivität. Wir sind so oft gut durch die gegnerische Abwehrreihe gekommen, wie vielleicht noch nie in dieser Saison. Wir hatten genug Chancen, um zu treffen", meint Hummels konsterniert bei Sky.
Emotional wird der 34-Jährige dabei kaum. "Einverstanden" sei der Abwehrchef mit dem Spiel, wenn auch nicht zufrieden. "Wir alle wissen, dass wir nach Ergebnissen bewertet werden. Aber wenn das gleiche Spiel mit dem Glück auf unserer Seite endet, dann gehen wir hier nicht als Verlierer nach Hause", ist sich Hummels sicher, der damit auf Kaltschnäuzigkeit und Aluminium-Treffer hinweist. "Glück": Ein Faktor der dem BVB in den vergangenen Wochen das ein ums andere Mal Punkte beschert und gerettet hat.
Gute Chancenverwertung wie gegen Bochum, ein nicht gegebener Elfmeter nach Adeyemi-Stoß in Frankfurt oder ein überragender Kobel, der Dortmund in den vergangenen Wochen mehrfach in Spielen gehalten hat. Über zu wenig "Glück" durften sich die Borussen nicht beschweren. Und das wissen die Borussen auch.
"Vielleicht war das ausgleichende Gerechtigkeit, weil wir das Glück in dieser Saison auch schon zwei, drei Mal auf unserer Seite hatten", gesteht Hummels, der nach einer insgesamt soliden Leistung nicht vom verbalen Vorschlaghammer der vergangenen Wochen Gebrauch macht. Auch Terzic hält sich mit Kritik zurück, ist anders als Hummels aber nicht mit dem Ausgang des Spiels einverstanden: "Wir hatten das Gefühl, dass ein Unentschieden das gerechtere Ergebnis wäre. Aber wenn wir so ins Spiel starten, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir verlieren."
Das vorwiegende Gefühl nach der Partie ist Enttäuschung. Obwohl man nicht öffentlich über Themen wie den Meisterschafts-Kampf sprechen möchte, so sind sich die Dortmunder wohl bewusst: Diese Pleite könnte rückblickend den Anfang vom Ende einer Titelchance markieren. Mit der BVB-Niederlage als Sicherheit im Rücken haben die Münchner Werder Bremen im anschließenden Heimspiel indes mit 6:1 überrannt und damit den Vorsprung auf sechs Punkte ausgebaut.
Für die Dortmunder steht als nächstes das unangenehmes Borussen-Duell in Gladbach an. Der deutsche Rekordmeister hingegen muss zum FC Schalke, bei dem in der aktuellen Verfassung beider Teams ein Sieg absolute Pflicht für die Münchner ist. Der Vorsprung von sechs Punkten - auf das Team von Edin Terzic - droht augenscheinlich erstmal nicht zu schmelzen.
Ein komfortables Polster für die nahende Pause, denn nach dem 15. Spieltag steht zunächst die Weltmeisterschaft - dann die Winterpause an. Gut für die Bayern, bitter für den BVB. Das "Glück" hat die Borussen ein paar Tage zu früh verlassen. Auch, wenn man die Niederlage in Wolfsburg sogar in Dortmund als "ausgleichende Gerechtigkeit" anerkennt.
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