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BVB: Carsten Cramer zur Corona-Krise und Watzkes Aussagen

BVB-Geschäftsführer Cramer: "BVB ist ein extrem solidarischer Verein"

Dortmunds Geschäftsführer Carsten Cramer spricht im Sky Interview über die aktuelle Situation beim BVB und bezieht Stellung zu früheren Aussagen von Hans-Joachim Watzke zur Corona-Krise.

Sky Sport: Herr Cramer, wie geht es Ihnen und wie sieht der Arbeitstag bei Schwarzgelb momentan aus?

Carsten Cramer: Ich persönlich fühle mich gut. Es herrscht hier vorwiegend Ruhe, ich bin gerade noch einmal durch die Räumlichkeiten gegangen. Wir haben viele Mitarbeiter auf Homeoffice gesetzt, die Mitarbeiter gehen damit sehr diszipliniert um. Wir haben in den einzelnen Fachabteilungen trotzdem kleine Gruppen, die weiterarbeiten. Ansonsten ist die gesamte Geschäftsstelle für den externen Besuchsverkehr geschlossen, unsere Fanshops haben auch zugemacht.

Alle Mitarbeiter, die nicht im Einsatz sind, befinden sich in einer Mischung aus Arbeitspause und Urlaub. Es findet so gut wie überhaupt kein Kontakt hier auf der Geschäftsstelle statt und wir haben den Eindruck und die Hoffnung, dass sich unsere Mitarbeiter auch privat sehr gut an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts halten.

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BVB-Marketingchef Carsten Cramer berichtet über die Lage bei Borussia Dortmund in der Coronakrise. (Video-Länge: 09:00 Minuten)

Sky Sport: Die Spieler haben ihre Trainingspläne mit nach Hause genommen und werden wohl auch noch ein paar Tage dort trainieren müssen. Wie sieht es aktuell in der Mannschaft aus?

Cramer: Zunächst einmal arbeiten die Spieler in der Tat individuell. Auch wir halten uns natürlich an alle Vorgaben der Stadt-, Landes- und Bundesregierung. Aber wir gehen davon aus, dass wir den gezielten Mannschafts-Trainingsbetrieb ab dem nächsten Wochenbeginn wiederaufnehmen werden.

Sky Sport: Zum Thema Gehaltsverzicht: Hans-Joachim Watzke (BVB-Geschäftsführer) hat gesagt, er wird in den nächsten Monaten auch auf Gehalt verzichten. Wie sieht es im gesamten Vorstand aus? Ziehen alle mit?

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Cramer: Wir sind grundsätzlich nicht diejenigen, die irgendwelche Spekulationen befeuern. Wir äußern uns auch zu bestimmten Dingen ungern, gerade, wenn es um Prozente und Zahlen geht. Sonst findet irgendwann ein klassischer Überbietungswettbewerb statt. Aber gehen Sie mal davon aus, dass Hans-Joachim Watzke, der den Verein in einer Phase übernommen hat, als es ihm wirklich nicht gut gegangen ist, ein extrem voranschreitender und solidarischer Mensch ist. Deshalb würde ich das, was Sie gerade gesagt haben, eher bestätigen wollen denn dementieren. Und dass das dann auch für Menschen wie mich gilt, versteht sich von selbst.

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Sky Sport: Viele hatten deshalb etwas gestutzt, als Watzke gemeint hatte, er möchte nicht in erster Linie den Klubs helfen, die vielleicht in der letzten Zeit nicht richtig gewirtschaftet haben. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Cramer: Ich glaube, er hat das sehr differenziert zum Ausdruck gebracht. Borussia Dortmund ist ein extrem solidarischer Verein und ich kann das für Aki Watzke in Person ganz besonders in Anspruch nehmen. Es geht auch, glaube ich, in diesen Tagen nicht darum, sich zunächst einmal um Hilfe Dritter zu bemühen. Wir alle, jeder Verein und die Liga sind erst einmal mit uns selbst beschäftigt und ich glaube, dass es bei einer differenzierten Betrachtung schon legitim ist zu sagen, dass die Vereine, die sich womöglich selbst in Schwierigkeiten gebracht haben, nicht sofort diejenigen sein sollten, die um Hilfe andere bitten.

Das habe ich aber auch in der Liga nicht so wahrgenommen. Ich glaube, die beiden Fälle, die Sie meinen, sind Spezialfälle, die wir nicht weiter kommentieren wollen. Borussia Dortmund wird sich einer solidarischen Lösung des Fußballs in keinster Weise verschließen. Das gilt für alle handelnden Personen. Trotzdem muss man in der Lage sein dürfen, in einer solchen Situation auch etwas differenzierter zu argumentieren. Nichts Anderes hat Aki Watzke aus meiner Sicht getan.

Sky Sport: Haben Sie das Gefühl, dass Solidarität gerade bei allen Klubs an höchster Stelle steht?

Cramer: Ich habe schon den Eindruck, dass die Fußball-Familie enger zusammengerückt ist. Aber wir haben zunächst einmal die Aufgabe, uns um Borussia Dortmund zu kümmern. Wir haben 850 Mitarbeiter, die hier in Lohn und Brot stehen, die Antworten haben wollen. Unsere Fans, die Sorgen haben, die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Stadt, unseres Einzugsgebietes - um die gilt es sich auch zu kümmern. Und deshalb sind wir auch nicht die Ersten, die um Hilfe Dritter bitten, sondern wir versuchen es zunächst einmal aus eigener Kraft zu tun. Dort, wo wir helfen können, wo wir helfen müssen, wird Borussia Dortmund niemals seine Hilfe verweigern.

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Sky Sport: Herr Watzke hat erklärt, der BVB stehe recht stabil da, man müsse sich erst einmal keine Gedanken machen. Bei anderen, besonders vielen kleineren Vereinen kommt das Thema Kurzarbeit auf. Wie ist da der Stand bei Schwarzgelb?

Cramer: Kurzarbeit würde ich eher auf den Umfang der Arbeit beziehen, um es etwas launiger auszudrücken. In der Tat fällt momentan einfach weniger Arbeit an. Aber ich glaube, das (Kurzarbeit) wäre das falsche Signal. Wir haben uns in den vergangenen Tagen an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und gesagt: Die Lage ist ernst, es gilt nicht, sich Sand in die Augen zu streuen. Aber die Kolleginnen und Kollegen müssen sich in keinster Weise Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen und deshalb ist Kurzarbeit bei Borussia Dortmund aktuell kein Thema.

Sky Sport: Die Fans haben sich zusammengetan. Es gibt den Aufruf zu einem digitalen Spieltag für die Dortmunder Gastronomie. Soll das ein Zeichen von Borussia Dortmund sein, Solidarität auch gegenüber den Kleineren zu zeigen?

Cramer: Wenn Sie Dortmund kennen, wenn sie wissen, wo unser Stadion liegt und wenn Sie wissen, wie die Gastronomie und Kneipenkultur hier ausgeprägt ist und 2,4 Millionen Beschäftigte in diesem Gewerbe momentan nicht wissen, wie sie womöglich die nächsten Wochen und Monate überleben, dann ist es ein kleiner, vielleicht auch nur symbolischer, aber ein aus unserer Sicht wichtiger Beitrag hier am Standort in Dortmund. Wir geben den Fans am Sonntag die Möglichkeit, sich quasi virtuell auf den Spieltag einzustimmen. Wenn sie an ihrer Stammkneipe vorbeikommen, haben sie dort die Möglichkeit, einen kleinen Obolus zu entrichten, damit der Gastronom, der Wirt um die Ecke in der Lage ist, ein paar Euro zu bekommen und vor allem symbolische Aufmerksamkeit erfährt. Das Gewerbe ist in Dortmund und der Region von besonderer Bedeutung und hat momentan enorme Probleme aufzuweisen.

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Sky Sport: Im NDR hat ein Virologe gesagt, er glaube nicht daran, dass es in diesem Jahr noch Profifußball geben könne. Was würde das für den BVB bedeuten?

Cramer: Ich glaube, es bringt überhaupt nichts, jetzt Einzelmeinungen zu Aussagen Dritter in den Vordergrund zu stellen. Ich lasse das einfach mal unkommentiert stehen, dafür fehlt mir auch der Sachverstand. Wir bereiten uns hier auf den Tag XY vor. Dieser Tag muss irgendwann kommen, das haben wir auf der Vollversammlung herausgearbeitet. Fußballspiele ohne Zuschauer sind ganz, ganz wichtig und ich glaube, sie bieten auch den Zuschauern zuhause wieder Hoffnung und Zuversicht. Es gibt Anfang der übernächsten Woche die nächste Vollversammlung, es wird weitere Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts geben und ich bin mir sicher, dass Fußball und Politik eine verantwortungsvolle Entscheidung rechtzeitig treffen werden. Von daher sehen Sie es mir nach, dass ich diese - Gott sei Dank Einzelmeinung dieses Herrn - nicht weiter kommentiere.

Sky Sport: Wie ist Ihre Meinung zur Option Geisterspiele?

Cramer: Ich glaube, Spiele ohne Zuschauer sind momentan das Einzige, auf das wir uns freuen können und vor allem sollten. Das ist ganz, ganz wichtig für den Fortbestand der Bundesliga. Ich sehe darin auch mittlerweile keine große Gefahr mehr, denn Sie als Sender tragen ja auch dazu bei, dass der Fußball trotzdem von den Fans konsumiert werden kann. Das Wort Geisterspiele ist mir eh in der aktuellen Situation viel zu negativ. Sie sind eine ganz große Chance für den Fußball. Von daher würde ich mich freuen, wenn wir irgendwann - bitte nicht falsch verstehen, keine übertriebene Hektik auch aus Sicht der Fußballvereine - aber irgendwann freut sich jeder, wenn Fußball irgendwann wieder auf dem Bildschirm zu sehen ist.

Sky Sport: Gibt es sonst noch Ansätze oder Lösungsideen, die Ihnen durch den Kopf gehen?

Cramer: Ich glaube, Ratschläge und kluge Beiträge via Medien sind genau der falsche Weg. Wir beschäftigen uns sehr, sehr stark mit uns. Wir versuchen, den Menschen und unseren Partnern zu helfen. Ich möchte mich bei der Gelegenheit beim BVB-Umfeld auch für die Ruhe und Besonnenheit bedanken. Ich glaube, das sind die beiden Schlagworte, mit denen man eine solche Situation am besten meistern kann: nicht aktionistisch sein, unaufgeregt versuchen, so souverän wie möglich damit umzugehen. Das tun wir. Auch wenn es Momente, in denen es auch uns nicht gut geht und wir uns die Frage stellen: Mensch, in welcher Situation befinden wir uns gerade?

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