BVB News: Ist Borussia Dortmund zu abhängig von Erling Haaland?
Neue Saison, alte Sorgen: Der BVB und das Haaland-Problem
27.08.2021 | 11:12 Uhr
Mit Erling Haaland hat der BVB einen der wohl schon jetzt besten Stürmer der Welt in seinen Reihen. Das Problem dabei: Die Abhängigkeit von den Leistungen des Norwegers erweisen sich wie schon im vergangenen Jahr als Fluch und Segen zugleich.
Nach nur zwei Pflichtspielen in dieser Saison hatte Haaland bereits fünf Treffer und zwei Vorlagen auf seinem Konto. Eine unglaubliche Statistik, die Borussia Dortmund zu einem phänomenalen Auftakt in die neue Spielzeit verhalf. Erst der souveräne 3:0-Sieg in der ersten Pokalrunde gegen Wehen Wiesbaden, dann das 5:2-Spektakel samt absoluter Haaland-Gala zum Bundesliga-Start.
Haaland ohne Tor - BVB-Euphorie verpufft
Doch die Euphorie, die neben dem 21-Jährigen auch der neue Trainer Marco Rose mit seiner erfrischenden Offensiv-Spielweise zu entfachen schien, verpuffte in nur wenigen Tagen. Im Supercup am vergangenen Dienstag unterlagen die Schwarz-Gelben mit 1:3 gegen den FC Bayern, beim SC Freiburg setzte es am darauffolgenden Samstag eine 1:2-Pleite. Und Haaland?
Der Angreifer blieb zweimal ohne Torbeteiligung. Gerade gegen den SC Freiburg, der tief in der eigenen Hälfte verteidigte, kam der schnelle Stürmer nicht wirklich zum Zug. Der Verdacht, der BVB kann ohne eine Glanzleistung von Stürmer Haaland nur schwer punkten, erhärtet sich. Wenngleich dem Spieler selbst kein Vorwurf zu machen ist, wenn er einmal nicht trifft, zwingt es die Dortmunder zum Überdenken der derzeitigen Spielausrichtung.
Rummenigge befürchtet Haaland-Abhängigkeit
Auch Karl-Heinz Rummenigge zweifelt derzeit am zu sehr auf Haaland fokussierten Spiel der Borussen. "Ich habe das Gefühl, beim BVB wird sofort versucht, das Mittelfeld zu überspielen, um Haaland ins Spiel zu bringen", analysierte der ehemalige Bayern-Geschäftsführer beim Bild-Talk "Reif ist live". An den Qualitäten des Stürmers läge das nicht, doch die Eindimensionalität im System hemme das BVB-Spiel.
"Ich weiß nicht, ob das dem taktischen und technischen Spiel von Dortmund gerecht wird. Es fällt auf: Gegen Bayern und Freiburg wurde er aus dem Spiel genommen, dann tut sich Dortmund schwer", meint Rummenigge. Und die Statistik gibt dem FCB-Boss durchaus recht.
Statistik zeigt: Haaland muss treffen, wenn er spielt
Seit Haaland im Winter 2019/2020 zum BVB wechselte, verpasste der 21-Jährige zwölf Partien. In den Spielen ohne den Angreifer holten die Borussen im Schnitt sogar 0,3 Punkte mehr pro Partie. Abhängig von der Form des Teams und den Gegnern ist das kein Wert, der einen Bankplatz für Haaland ansatzweise rechtfertigen würde. Doch auffällig wird es dann, wenn man nur die Spiele betrachtet, in denen der Knipser gespielt hat.
Die Abhängigkeit von Haaland - wenn er spielt - macht sich dahingehend bemerkbar, dass der BVB wesentlich schwächer punktet, wenn der Stürmer nicht trifft. In den 35 Spielen mit Haaland-Treffer holten die Dortmunder starke 2,3 Punkte pro Spiel im Schnitt. In den 28 Partien ohne Tore des Angreifers erreichte der BVB-lediglich 1,4 Punkte pro Spiel im Schnitt. Ein Unterschied von 0,9 Punkten. Auch der Toreschnitt liegt mit 3,0 Treffern pro Partie statt 1,5 (!) um das doppelte höher, wenn Haaland trifft.
Diese Daten zeigen: Spielt Haaland, lastet die Verantwortung in hohem Maße auf seinen Schultern.
Dem BVB fehlen spielerisch noch die Ideen
Problematisch werden dabei gerade die Spiele gegen die vermeintlich kleinen und disziplinierten Gegner - wie den SC Freiburg. Steht ein Gegner tief, schaffen die Tempoläufe des Norwegers keinen Raum. Im BVB-Spiel braucht es mehr Kreativität, um die Abwehr auch ohne die Durchschlagskraft Haalands zu durchbrechen. "Was mich überrascht hat, ist, dass der BVB in der letzten halben Stunde bis auf eine Halbchance von Haaland keine Mittel gefunden hat", resümierte Sky Experte Didi Hamann nach dem Spiel und fügt an: "Das war für mich sehr ernüchternd."
Doch auch bei einem Fehlen von Haaland oder einem etwas schwächeren Spiel des Angreifers sollten die Dortmund-Anhänger nicht direkt verzagen. Die BVB-Funktionäre scheinen dieses Problem bereits in der Vorsaison erkannt zu haben und haben den Kader dahingehend umgestellt.
Malen: Sancho-Ersatz UND Haaland-Entlastung
Als Ersatz für Jadon Sancho holten die Borussen in diesem Sommer Donyell Malen. Der Niederländer ist anders als Sancho kein gelernter Flügelstürmer. Malen spielte bei der PSV Eindhoven meist im Sturmzentrum, hat seine Qualitäten weniger als der abgewanderte Engländer im Dribbling, sondern vielmehr in seinem Zug zum Tor. Der 22-Jährige hat einen guten Torinstinkt, schoss in der letzten Saison 27 Treffer in 45 Pflichtspielen.
Durch die Variabilität Malens, der als flinker Angreifer über den Flügel oder in der Spitze für Unruhe sorgen kann, erhält auch das BVB-Spiel mehr Optionen. Noch scheint der Neuzugang allerdings nicht die nötige Fitness für einen Unterschiedsspieler zu haben - auch die Abläufe sitzen noch nicht zu 100 Prozent.
Ohne Haaland wird es immer schwer
Nach zwei Spieltagen und einer zehrenden Vorsaison samt EM sollte Malen daraus allerdings noch kein Vorwurf gemacht. Auch Trainer Rose braucht noch Zeit, seinem Team zusätzliche Spielzüge und Taktiken nahe zu bringen.
Fürs erste muss der BVB dennoch auf gute Leistungen von Chef-Knipser Haaland hoffen. Denn auch wenn der BVB neue Wege findet: Den Stürmer zu ersetzen wird in keinem Fall leicht.