DFB-Team: Babbel über Werner, Füllkrug, Hummels & Götze
Babbel zur WM: "Diese Rolle könnte ich mir bei Moukoko gut vorstellen"
05.11.2022 | 10:48 Uhr
Das WM-Aus von Timo Werner hat die DFB-Elf hart getroffen. Im exklusiven Interview mit skysport.de spricht Markus Babbel über mögliche Alternativen im Angriff. Zudem macht sich der Europameister von 1996 für eine Nominierung von Mario Götze und Mats Hummels stark.
skysport.de: Herr Babbel, wie schwer wiegt der Ausfall von Timo Werner?
Markus Babbel: Für ihn selber ist es natürlich wahnsinnig schade. Im Angriff haben wir unsere größte Baustelle. Wir haben gute Stürmer, aber keine Weltklasse-Stürmer oder einen Stürmer a la Miroslav Klose, der bei den großen Turnieren immer voll da war. Hansi Flick hat nun die Alternativen Kai Havertz oder Thomas Müller für die Spitze. Serge Gnabry hat es auch schon gespielt. Wenn ich aber vor allem Kai Havertz bei Chelsea vorne gesehen habe, das gefällt mir persönlich schon sehr gut. Er bringt sehr viel mit, ist technisch herausragend, kopfballstark. Mittlerweile hat er durch die Premier League auch an Körperlichkeit dazugewonnen. Daher glaube ich, dass Havertz die Nummer-eins-Lösung für Hansi Flick ist.
skysport.de: Nach dem WM-Aus für Werner werden die Rufe nach Niclas Füllkrug noch lauter. Sollte der Bundestrainer ihn mit ins WM-Aufgebot nehmen?
Babbel: Seine Entwicklung ist seit Längerem im Gange. Die 2. Liga darf man nicht unterschätzen. Da hat er absolut seine Leistung gebracht, die er eins zu eins mit in die Bundesliga genommen hat. Im Moment ist er in einer sehr, sehr guten Form. Füllkrug wirkt selbstbewusst und ist für Werder Bremen extrem wichtig. Dort hat er sich einen Status erarbeiten können. Füllkrug war aber noch nie bei der Nationalmannschaft dabei. Er ist zwar unser bester Torschütze in der Bundesliga, international hat er es aber noch nicht nachweisen können. Da habe ich ein wenig Bauchschmerzen. Möglicherweise vertraut Flick aber auch Lukas Nmecha. Er war zuletzt verletzt, muss beim VfL Wolfsburg gerade um seinen Platz kämpfen, war aber schon bei der Nationalmannschaft dabei. Er kennt die Abläufe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Flick beide mitnehmen wird. Sie sind sich zu ähnlich.
"Diese Rolle könnte ich mir bei Moukoko gut vorstellen"
skysport.de: Was ist mit Youssoufa Moukoko?
Babbel: Er hat sich in den vergangenen Wochen bei Borussia Dortmund toll entwickelt, war ein belebendes Element. Man braucht bei einem Turnier auch Spieler, die einfach nur dankbar sind, dass sie mit dabei sind. Diese Rolle könnte ich mir bei Moukoko gut vorstellen. Wenn er im Training aber gut performt, kann er auch die Chance bekommen. Vom Spielerprofil ist er aber doch anders als ein Füllkrug oder ein Nmecha.
skysport.de: Mario Götze spielt mit Eintracht Frankfurt eine herausragende Saison. Würden Sie ihn gerne bei der WM sehen?
Babbel: Götze hat eine sensationelle Entwicklung genommen. Er ist zu 100 Prozent fit. Hut ab, wie er einen Schritt zurück gegangen ist, um jetzt wieder zwei nach vorne zu gehen. Ich beobachte Götze sehr intensiv, weil ich auch einer war, der ihn kritisiert hat - unwissend, dass er damals diese Krankheit hatte (Stoffwechselstörung Anm. d. Red.). Wenn ich ihn jetzt spielen sehe, das ist ein Traum. Wegen solchen Spielern geht man ins Stadion. Von der Leistung her würde ich es ihm gönnen und mir als Fan auch wünschen, wenn er bei der WM mit dabei wäre.
skysport.de: Sprechen wir noch über die Defensive. Muss Mats Hummels mit zur WM?
Babbel: Ich bin ein großer Fan der Leistungsgesellschaft. Hummels ist in dieser Saison einer der wenigen Konstanten beim BVB. Wenn er auf dem Platz stand, hat er immer seine Leistung abgerufen. Er hat die internationale Erfahrung und bringt auch viel Führungsqualitäten mit. Ich habe jetzt auch keinen Spieler gesehen, der Hummels auf fünf Meter drei abgenommen hat. Dortmund hat im Sommer mit Nico Schlotterbeck und Niklas Süle zwei Alternativen geholt, gespielt hat aber immer Hummels. Das ist ein klares Zeichen.
Babbel: "Deutschland zählt zu den Favoriten"
skysport.de: Was trauen Sie der DFB-Elf in Katar zu?
Babbel: Die Qualität ist definitiv vorhanden. Die Mannschaft braucht sich vor keinem zu verstecken. Wenn die DFB-Elf es schafft, defensiv gut zu stehen und nur wenige Gegentore kassiert, wird sie eine sehr gute Rolle spielen. Entscheidend wird aber auch sein, einen Teamspirit zu entwickeln. Sie haben nicht viel Zeit in der Vorbereitung. Der größte Teil muss daran glauben, den Titel holen zu können. Es braucht auch das Matchglück. Viele Spiele werden eng sein. Da kann es auch bis in das Elfmeterschießen gehen. Deutschland zählt zu den Favoriten, der Top-Favorit sind sie aber nicht.
skysport.de: Wer ist für Sie denn der Top-Favorit?
Babbel: Für mich sind das die Brasilianer. Sie haben eine tolle Qualifikation gespielt. Der Vorsprung zu den anderen Mannschaften ist aber nicht groß. In einem Spiel ist immer alles möglich. Normalerweise hast du immer ein Spiel dabei, das sehr zäh ist. 2014 war es für das deutsche Team das Achtelfinale gegen Algerien, wo Manuel Neuer herausragend gut gespielt hat. Geheimfavorit für mich sind die Engländer. Sie fahren zum ersten Mal während einer Saison zu einer Weltmeisterschaft. Jeder weiß, wie intensiv es in der Premier League zugeht. Zum Ende einer Saison sind sie kaputt. Jetzt ist die Belastung für alle gleich hoch. Alle haben diesen engen Terminkalender. Daher glaube ich, dass die Engländer zum ersten Mal die Möglichkeit haben, den ganz großen Wurf zu schaffen.
Das Interview führte Fabian Schreiner.
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