Mehr denn je ruhen die Hoffnungen in der deutschen Nationalmannschaft auf Jamal Musiala. Hansi Flick erklärt die besonderen Fähigkeiten des Bayern-Youngsters. Der 19-Jährige spürt keinen Druck.
"Bring ihn mal vorbei, dann schauen wir uns den mal an", sagte Hansi Flick nichtsahnend zu Hermann Gerland, als ihm sein damaliger Co-Trainer beim FC Bayern in der Saison 2019/2020 Jamal Musiala anpries, der gerade im Nachwuchszentrum der Münchner von sich reden machte.
Wenig später wurde Musiala am 20. Juni 2020 mit 17 Jahren und 125 Tagen der bis dahin jüngste Bundesliga-Debütant des FC Bayern.
Knapp zwei Jahre ist das her, es folgten einige weitere Rekorde und mittlerweile kennt ihn nicht nur Hansi Flick, sondern die gesamte Fußball-Nation. "Die Entwicklung, die er jetzt gemacht hat, ist fantastisch", schwärmte der Bundestrainer auf der DFB-Pressekonferenz am Sonntag.
Flick: "Bin froh, dass er für Deutschland spielt"
16 Länderspiele hat Musiala schon für Deutschland bestritten. Und doch wirkt er trotz feinem DFB-Anzug auf dem Podium der Pressekonferenz immer noch wie ein Nachwuchsspieler, der vor seinem ersten Einsatz für die Bundesligamannschaft steht und nicht wie jemand, der zuletzt von Sky Experte Lothar Matthäus als kommender Weltfußballer geadelt wurde.
Eigentlich hatte der DFB den 19-Jährigen für die Pressekonferenz ausgewählt, weil das Nations-League-Spiel gegen England am Montagabend (20.45 Uhr im LIVETICKER) für ihn eine Rückkehr in seine zweite Heimat bedeutet.
Aber im Grunde genommen geht es um mehr als nur um Musialas persönliche Heimkehr. Der Bayern-Youngster ist spätestens nach dem ernüchternden 0:1 gegen Ungarn am Freitag schon für die WM in Katar der große deutsche Hoffnungsträger.
In einer zuletzt ideenlos wirkenden Elf soll er für die Überraschungsmomente sorgen. "Er kann sich in engen Räumen behaupten, ist sehr sehr dribbelstark. Er kann für uns Situationen lösen, wo wir einen Vorteil dadurch haben", beschrieb Flick Musialas Fähigkeiten und fügte hinzu: "Ich bin sehr froh, dass er für Deutschland spielt."
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Musiala bereut Entscheidung für Deutschland nicht
Denn das war lange Zeit nicht sicher.
Neun Jahre verbrachte Musiala in England, wo er in der Nachwuchsakademie des FC Chelsea zu einem Top-Talent heranwuchs. Als 7-Jähriger war der gebürtige Stuttgarter mit seiner Familie auf die Insel gezogen. Musiala durchlief die englischen Nachwuchsnationalmannschaften, spielte als Doppelstaatsbürger aber auch für die deutsche U16. Erst im Februar 2021, als er bereits das Trikot des FC Bayern trug, entschied er sich endgültig für den DFB.
"Es war keine leichte Entscheidung, weil ich lange hier in England war", sagte er am Sonntag. "Ich habe die Entscheidung zusammen mit meiner Familie getroffen und bin glücklich damit. Ich bereue sie nicht."
Dass er nun Deutschlands großer Hoffnungsträger ist, perlt an ihm ab: "Ich will jetzt keinen Extra-Druck, ich will einfach spielen, der Mannschaft helfen und so viel gewinnen wie möglich."
Bayern-Krise kann Musiala nichts anhaben
Aber nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten ist Musiala im DFB-Team jetzt der richtige Mann zur richtigen Zeit, sondern auch wegen seiner Unbekümmertheit.
Während Serge Gnabry, Thomas Müller, Joshua Kimmich und Leroy Sane durch die aktuelle Bayern-Krise gehemmt wirken, ist Musiala nichts anzumerken.
"Ich habe immer die gleiche Einstellung, egal wie es läuft. Ich versuche alles im Spiel zu geben. Ich habe für jedes Spiel die gleiche Motivation", erklärte der Youngster. Mit vier Treffern in sechs Bundesliga-Spielen ist er ohnehin Bayerns erfolgreichster Torschütze der laufenden Saison.
Spaß und gute Erinnerungen
Herzerfrischend, was Musiala zur Diskussion um die möglicherweise zu hohe WM-Prämie von 400.000 Euro sagt. "Ich habe mir über Geld nie viel Gedanken gemacht. Ich habe viel Liebe für den Sport und habe viel Spaß, wenn ich auf dem Feld bin."
Mit diesem Spaß steckt er im Idealfall auch die Mitspieler am Montagabend im Wembley-Stadion an.
Die guten Erinnerungen, die Musiala ans Wembley-Stadion hat, dürften ihr Übriges tun, um ihn zu beflügeln.
2014 durfte er in der Halbzeitpause des Playoff-Finales der League 2 mit seinem Schulteam auf den heiligen Rasen. Sein herausragendes Talent war schon damals unverkennbar.
"Das Stadion ist Wahnsinn, auch die Stimmung ist immer cool", sagt Musiala rückblickend.
Vier Tore schoss der damals 11-Jährige beim 7:1-Sieg seiner Mannschaft. Am Montag gegen England würde vielleicht schon eines reichen.