Die Hertha-Saison ist gelaufen
Die Alte Dame muss die Aufstiegsträume endgültig begraben, verlieren das dritte Spiel hintereinander. Intern brodelt es, Trainer Cristian Fiel wackelt. Ein Kommentar von Lisa de Ruiter.
09.02.2025 | 15:46 Uhr
Der Aufstieg als Saisonziel - es bleibt für Hertha BSC auch in dieser Saison wohl ein unerfüllter Traum.
Die Alte Dame kommt in dieser Saison regelmäßig unter die Räder, verspielt Führungen, wirkt zu Teilen nicht konzentriert genug, um Spiele zu gewinnen. Das 0:1 im Topspiel gegen Kaiserslautern nur ein weiterer Nackenschlag für Cristian Fiel und seine Truppe. Schon vor dem Spiel gibt es Pfiffe gegen Fiel bei der Mannschaftsaufstellung. Für mich liegt das Problem aber nicht beim Trainer - sondern bei der Mannschaft und den Strukturen im Verein.
In der letzten Woche der Sommer-Transferperiode wurden zwei der wichtigsten Spieler verkauft: Tor-Garant Haris Tabakovic (Hoffenheim) und Defensivmann Marc-Oliver Kempf (Como), auf den der Trainer große Stücke hielt. Beide konnten nicht ersetzt werden. Dazu kamen teilweise neun verletzte Spieler parallel - inklusive der Reese-Ausfall in der ganzen Hinrunde.
Geld schießt keine Tore
Fiel hat versucht, das Beste daraus zu machen - und stieß auf die Grenzen dieser Mannschaft. Im Winter kam keine frische Kraft dazu, weil es der Markt und die finanziellen Mittel nicht zuließen. Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass Hertha BSC den zweitteuersten Kader der 2. Bundesliga hat - aber Geld schießt ja bekanntlich keine Tore.
Kontinuität und Konzentration über 90 Minuten? Fehlanzeige! Stattdessen oft schlampige Aktionen und individuelle Fehler, die den Berlinern schon so viele Punkte gekostet haben in dieser Spielzeit.
Keine Ruhe im Verein
Das Grundproblem ist seit Jahren: Keine Ruhe im Verein. Und das überträgt sich bei Hertha BSC auf alle Bereiche. Sinnbild dafür war die Niederlage gegen Kaiserslautern. An der Seitenlinie war Fiel noch der ruhigste Genosse während des Spiels. Stattdessen sprang Ex-Hertha-Profi Patrick Ebert, der heute Standard- und Individual-Trainer der Berliner ist, bei fast jeder Aktion auf, rannte bei offensiven und defensiven Standards gefühlt bis zu Eckfahne, versuchte Einfluss auf die Mannschaft zu nehmen, wurde aber nicht gehört.
Ebenso wie Zecke Neuendorf, der gerne mehrfach den vierten Offiziellen besucht - meist nicht mit bester Laune. Das mag zeigen, dass beide mit Leidenschaft dabei sind, ist aber in meinen Augen kontraproduktiv und schwächt auch die Kommunikation vom Cheftrainer zu der Mannschaft auf dem Platz.
Fiel-Aus wäre der falsche Schritt
Benjamin Weber, Sportgeschäftsführer, hatte sich nach dem Offenbarungseid in Regensburg kritisch geäußert - endlich mal. In meinen Augen aber zu spät. Viele Fans fordern jetzt das Aus von Fiel als Trainer. In meiner Wahrnehmung wäre das der falsche Schritt.
Realistisch betrachtet kann Hertha BSC bereits am 8. Februar einen Haken unter diese Saison machen. Nach dem 21. Spieltag dümpelt Hertha auf dem 13. Platz herum, hat 13 Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Acht Punkte Vorsprung hat die Alte Dame auf den 16. Rang. Die Frage ist also: WAS NUN, HERTHA?
Trainerwechsel haben in den letzten Jahren keine Früchte getragen. Ich würde mit Cristian Fiel, für den man aus Überzeugung im Sommer 500.000 Euro Ablöse an den 1. FC Nürnberg überwiesen hatte, weitermachen. Ohne Druck, ohne Zwang - aber mit der Marschroute "Berliner Weg".
Chancen schaffen für junge Spieler
Die noch 13 Spiele in der Saison sollten Chancen schaffen für junge Spieler, die die Zukunft auf dem selbst kolportierten Weg der Alten Dame sein sollten. Nicht Wasser predigen und Wein trinken. Hertha darf den Rest der Saison nicht verschenken, sondern sie als Gelegenheit nutzen, Talente aus der Akademie mit einzubinden, sie an den großen (und dreckigen) Fußball der 2. Liga heranzuführen.
Wie gut das klappen kann, sieht man an Ibrahim Maza, der mit seinen 19 Jahren den höchsten Marktwert (12 Millionen Euro, Quelle: transfermarkt.de) der 2. Liga hat und Herthas "Tafelsilber" ist. Darauf ist der Verein auch aus finanzieller Sicht angewiesen. Das gehört eben auch zur Wahrheit.
Und es braucht klare Strukturen, klare Tanzbereiche für alle, die im Verein tätig sind. Viele handelnde Personen müssen ihre Egos jetzt zwingend zurückstellen und sich auf das fokussieren, was am Ende wichtig ist: Den Weg zu ebnen für nicht noch so eine Saison in der 2. Liga - und das auch weiterhin mit Trainer Fiel.
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