Weltmeisterschaft in Frankreich
07.06.2019 | 15:10 Uhr
Es könnte ihre Weltmeisterschaft werden: Dzsenifer Marozsan spielt in der Form ihres Lebens und will Deutschland in ihrer Wahlheimat Frankreich zum Titel führen.
Dzsenifer Marozsan kann den WM-Anpfiff in ihrer Wahlheimat kaum erwarten. "Frankreich ist ein Stück weit mein Zuhause, es ist etwas ganz besonderes und super schön hier zu spielen", sagte die Spielmacherin der deutschen Nationalmannschaft.
Seit drei Jahren spielt die begnadete Technikerin bei Olympique Lyon - und würde mit der DFB-Auswahl Anfang Juli nur zu gerne dorthin zurückkehren. Dann finden in Frankreichs Frauenfußball-Hauptstadt die Halbfinals und das Endspiel statt. "Es wäre überragend, vor heimischem Publikum zu spielen", sagte die 27-Jährige, "aber wir wissen, das wird ein weiter Weg."
Die Franzosen liegen Marozsan auch außerhalb von Lyon zu Füßen. Beim öffentlichen Training des zweimaligen Weltmeisters vor dem Auftakt gegen China am Samstag (15 Uhr) in Rennes riefen die anwesenden Schülerinnen und Schüler immer wieder nach "Maro", kein Autogramm war begehrter als ihres. "Meine Bekanntheit ist hier enorm größer als in Deutschland. Das ist schön, wenn die Kids im Trikot da sind, macht mich das stolz."
Seit ihrem Wechsel vom 1. FFC Frankfurt zum derzeit erfolgreichsten Frauenverein der Welt häufte Marozsan als Regisseurin des internationalen Starensembles eine imposante Trophäensammlung an. Auch in dieser Spielzeit holte sie mit OL das Triple, zum dritten Mal in Serie wurde sie zur Spielerin des Jahres in Frankreich gekürt.
Doch die in Budapest geborene Tochter des viermaligen ungarischen Nationalspielers Janos Marozsan will mehr: "Der WM-Titel fehlt noch, das wäre natürlich ein Traum." Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg weiß, dass ihre Nummer 10 den Unterschied machen kann. "Ich bete jeden Tag: Lieber Gott, lass diese gute Form noch ein paar Wochen anhalten", sagte die 51-Jährige.
Wie schnell es mit dem Fußball vorbei sein kann, hat Marozsan im vergangenen Sommer erlebt. Eine beidseitige Lungenembolie, ausgelöst durch die Einnahme der Anti-Baby-Pille, setzte sie monatelang außer Gefecht. Umso bemerkenswerter, dass sie danach in absoluter Topform spielte und 14 Tore in 27 Pflichtspielen für Lyon erzielte.
Eine solche Weltklassespielerin hautnah erleben zu können, ist für die jungen deutschen Spielerinnen große Motivation. Klara Bühl, mit 18 Jahren die Zweitjüngste der DFB-Auswahl, schaute bei der Pressekonferenz im Teamhotel "Domaine de Cice-Blossac" zwischendurch ehrfürchtig zu ihrer Mitspielerin hinüber.
"Ich genieße hier jede Sekunde", sagte die Angreiferin des SC Freiburg, die nach der WM ihr Abitur mit den mündlichen Prüfungen abschließt. Die Schulbank noch drücken musste zwei Tage vor dem WM-Anpfiff das Küken der Kompanie.
Weil Lena Oberdorf eine Klausur im Fach Sport (Thema Muskelphysiologie) schreiben musste, kam die 17-Jährige von der SGS Essen am Vormittag verspätet zum Training. Mit solch einer Doppelbelastung muss sich Marozsan nicht mehr herumplagen. Mit einem geschätzten Jahresgehalt von 160.000 Euro ist sie die Topverdienerin im deutschen Team.
Wer aber denn nun ein Duell zwischen Olympique Lyon und der DFB-Auswahl gewinnen würde? Auf diese knifflige Frage hatte Marozsan eine schnelle, nicht ganz ernst gemeinte Antwort parat: "Wenn ich für Deutschland spiele, gewinnen wir."