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EM 2024: Wie sich Schottland überraschend für die Euro qualifiziert hat

Von wegen "Müll": Schottlands EM-Einzug kommt nicht von ungefähr

Haben allen Grund zum Feiern: Schottlands Andrew Robertson und Scott McTominay.
Image: Haben allen Grund zum Feiern: Schottlands Andrew Robertson und Scott McTominay.  © DPA pa

Schottland hat sich überraschend für die EM qualifiziert, dank einfachsten Mitteln und Scott McTominay. Für Spanien ist die schottische Spielweise "Müll", doch die eigenen Fans sind begeistert von ihren "Bravehearts". Was ist den cleveren Schotten in Deutschland zuzutrauen?

Zugegeben: Neben stolzen europäischen Fußball-Größen wie Deutschland, Spanien, Frankreich oder Portugal kommt Schottland eher wie ein Zwerg daher.

Was vielleicht daran liegt, dass die älteste Fußballnationalmannschaft der Welt (neben dem ewigen Rivalen England) in ihrer langen Geschichte noch nie auch nur ein einziges Mal über die Vorrunde einer Welt- oder Europameisterschaft hinauskam.

UEFA EURO 2024

  • Datum: 14. Juni - 14. Juli 2024
  • Ort: Deutschland (zehn Austragungsorte)
  • Eröffnungsspiel: München Fußball Arena (14. Juni)
  • Finale: Olympiastadion Berlin (14. Juli)
  • Teilnehmer: 24 Länder, Deutschland in Gruppe A
  • Spielmodus: Rundenturnier (6 Gruppen à 4 Teams), K.-o.-System
  • Austragungsorte: München, Berlin, Dortmund, Stuttgart, Hamburg, Gelsenkirchen, Düsseldorf, Leipzig, Köln, Frankfurt
  • Ticketverkauf: Ab 3. Oktober 2023

Überhaupt ist es alles andere als selbstverständlich, dass sich Schottland einfach mal so für die Endrunde eines Turniers qualifiziert. Im Gegenteil: Die "Bravehearts" hatten zwischen 1998 und 2021 eine schier endlose Turnier-Durststrecke von ganzen 23 Jahren.

Doch spätestens seit vergangenem Sonntag ist man auch in Fußball-Schottland wieder mindestens genauso stolz wie in den oben genannten Nationen, wenn nicht sogar noch ein wenig mehr. Das Team von Trainer Steve Clarke hat dank eines Sieges von Spanien gegen Norwegen von der Couch aus sein EM-Ticket gelöst, der Fußball-"Zwerg" ist damit erst zum vierten Mal überhaupt bei einer Europameisterschaft dabei.

Neu-Goalgetter McTominay

Grund dafür ist eine phänomenale Qualifikation, die bewiesen hat, dass die Zuschauer in den deutschen Stadien im bevorstehenden Sommer die vielleicht beste schottische Nationalmannschaft jemals auf dem Rasen zu sehen bekommen werden.

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Ende März startete Schottland in Gruppe A einen beeindruckenden Lauf, der bis zum September anhalten sollte. Die Bravehearts fegten zunächst Zypern mit 3:0 weg, schlugen auch Spanien mit 2:0, Norwegen mit 2:1, Georgien mit 2:0 und schließlich Zypern erneut mit 3:0.

Fünf Siege am Stück, ein Torverhältnis von zwölf zu eins. Der überragende Mann: Scott McTominay. Bis zum besagten März dieses Jahres war der 26-Jährige vor allem bei seinen Gegnern auf dem Platz für seine knallharte Gangart bekannt. McTominay war so etwas wie der Prototyp der schottischen Spielweise, sammelte gelbe Karten am laufenden Band. Doch der Mittelfeldmann von Manchester United fand eine neue Berufung.

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In den genannten fünf Partien erzielte McTominay die Hälfte aller zwölf Tore. Zum Vergleich: Zuvor lag seine Quote bei einem Treffer aus 37 Spielen. Doch es ist nicht allein Neu-Goalgetter McTominay, der den Weg Richtung EM 2024 für die Schotten ebnete.

Mit Verstand & stoischer Ruhe zum Erfolg

Clarke, seit 2019 schottischer Nationaltrainer, hat es geschafft, binnen kurzer Zeit und mit einfachsten Mitteln eine ganze Fußballnation neu zu inspirieren. Dabei hat der 60-Jährige nichts weiter getan, als der Mannschaft schottische Grundwerte an die Hand zu geben: Harte Arbeit, Bescheidenheit und Stoizismus. Mit Verstand und stoischer Ruhe also zum Erfolg, die Grundphilosophie des Fußballlehrers Clarke.

Anders ausgedrückt fordert der Coach auf dem Rasen ein extrem physisch betontes und klares Spiel nach vorn, was vielleicht nicht immer schön anzusehen, aber unglaublich effektiv ist. Manchen passt - anders als den schottischen Fans, die wieder zurück in die Stadien strömen und begeistert von der tiefen Überzeugung innerhalb der Nationalmannschaft sind - diese pragmatische Art des Fußballspielens ganz und gar nicht.

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Nach dem 2:0-Sieg der Schotten über Spanien, bei dem United-Profi McTominay einen Doppelpack schnürte, hatte der spanische Mittelfeldregisseur Rodri, ausgerechnet bei Manchester City tätig, nur wenige Worte der Bewunderung für den kampfstarken Gegner übrig: "Diese Art, wie sie Fußball spielen, ist für mich Müll. Immer auf Zeit spielen, provozieren, sich fallen lassen - das ist für mich kein Fußball."

"Wir kämpfen immer, aber hier geht es nicht ums Kämpfen. Es geht um Zeitverschwendung. Aber es ist, wie es ist. Sie haben ihre Waffen […]", fügte der 27-Jährige an.

Schottland-Legende begeistert von Clarke

Und was für welche! Schottland spielt clever, weiß, in den entscheidenden Momenten einer Partie einen Gang nach oben zu schalten und geduldig zu sein, wenn etwas mal nicht auf Anhieb klappt. Clarkes Truppe ist eine eingeschworene und angsterregend selbstbewusste. Anders als bei den spanischen Ballkünstlern verhält es sich wenig überraschend mit der Bewunderung im eigenen Land.

Setzt auf einfache, aber effektive Mittel: Schottlands Coach Steve Clarke.
Image: Setzt auf einfache, aber effektive Mittel: Schottlands Coach Steve Clarke.  © Imago

Schottland-Legende Paul Lambert ist begeistert von Clarkes Arbeit, wie er im August gegenüber dem kicker verriet: "Die aktuelle Mannschaft ist die erste seit langer Zeit, die international konkurrenzfähig ist. Ich kenne Steve aus gemeinsamen Zeiten, wir haben in Schottland zusammen beim FC St. Mirren gespielt. Er macht einen tollen Job."

Und weiter: "Spieler wie Andrew Robertson vom FC Liverpool, McTominay von ManUnited oder Scott McGinn von Aston Villa sind sehr gute Spieler. Ebenso Kieran Tierney von Arsenal. Wir haben einfach wieder gute Jahrgänge, und deswegen sind wir nächstes Jahr in Deutschland auch dabei."

Noch nicht am Ziel angekommen

Der Kern dieser schottischen Mannschaft hat sich kollektiv entwickelt. Robertson, Tierney, McGinn und McTominay sind mittlerweile allesamt erfahrene internationale Fußballer. Diese Spieler wissen im Gegensatz zu vielen ihrer Vorgänger, wie es ist, Teil einer erfolgreichen schottischen Mannschaft zu sein. Ihr Ehrgeiz, Großes zu erreichen, wurde bereits durch die Qualifikation für die Euro 2021 geweckt. Unter Clarke hat man das Gefühl, beständig zu den Besten zu gehören.

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Der Coach selbst lobte seine Schützlinge dafür jüngst: "Ich bin nicht sicher, ob meine Spieler schon begreifen, was sie geleistet haben. Sich nach mehr als 20 Jahren zweimal in Folge für die Euro zu qualifizieren ist phänomenal und ein Beleg für ihre harte Arbeit."

Doch die "Bravehearts" sind noch nicht an ihrem Ziel angekommen: Endlich einmal in die K.o.-Runde eines Turniers einziehen. Dank Clarkes früchtetragendem Stoizismus, McTominays ungewohntem Torriecher und der unbändigen Begeisterung der schottischen Fans scheint ein Bestehen in der Vorrunde diesmal wahrscheinlicher denn je.

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