Nach Heynckes-Aussage
30.11.2018 | 15:08 Uhr
Jupp Heynckes hat aus dem Nähkästchen geplaudert und erzählt, dass es beim FC Bayern "Diven" und "liebe Jungs" gibt. Sky erklärt, welche Spieler zu welcher Gruppe gehören.
Es war eine Szene, die man so ähnlich schon gesehen hat in der Allianz Arena, aber sie zeigt, wie es im Inneren des FC Bayern aussieht: Arjen Robben hatte gerade das 2:0 beim 5:1 gegen Lissabon erzielt, doch Robert Lewandowski beschwerte sich beim Niederländer, weil er wohl meinte, er selbst hätte besser gestanden. Thomas Müller ging dazwischen und machte Lewandowski mit einer Geste unmissverständlich klar: Das Team ist wichtiger als Einzelinteressen.
"Momentan ist eine Ansammlung von Ich-AGs auf dem Feld. Jeder denkt an sich, keiner an das Kollektiv und schon gar nicht an die enttäuschten Bayern-Fans", schrieb Lothar Matthäus vor dem Spiel in seiner Kolumne "So sehe ich das". "Die Spieler des FC Bayern brauchen einen Trainer, auf den sie aufschauen", erklärt Matthäus. Die Frage ist: Machen sie das bei Niko Kovac? Dass die Mannschaft trainierbar ist, habe Jupp Heynckes bewiesen, so Matthäus.
Ausgerechnet dieser Heynckes verriet vor dem Lissabon-Spiel Details aus seiner Zeit in München. "Es gibt liebe Jungs dort und Diven", sagte der 73-Jährige der Westdeutschen Zeitung, "Niko Kovac hat's nicht einfach in München."
So war es auch bei Carlo Ancelotti. Sein Nachfolger müsse "dieselben Probleme in Angriff nehmen, die ich erlebt habe", sagte der Italiener am Tag vor Neapels Königsklassenspiel gegen Roter Stern Belgrad. Ende Oktober hatte der Starcoach über seine Bayern-Zeit gesagt, er habe "am Ende nur vier, fünf Spieler auf seiner Seite gehabt."
Bei Kovac soll es sich angeblich ähnlich verhalten. "Man sprach von Vieren, die gegen mich seien", sagte der 47-Jährige auf der Pressekonferenz nach dem Benfica-Spiel, "aber man sprach nicht von denen, die schon irgendwo auf unserer Seite sind." Die Umarmung von Ribery sei "eindeutig genug. Davon gibt's viele in der Mannschaft."
Unabhängig davon, ob sie für oder gegen den Trainer sein sollen - wer sind eigentlich die "lieben Jungs" und wer sind die "Diven", von denen Heynckes sprach?
Köhler sieht "James weit oben im Diven-Organigramm" des FC Bayern. Der momentan verletzte Kolumbianer meinte zuletzt in Richtung Kovac, dass der FC Bayern nicht Eintracht Frankfurt sei. Ein extravaganter Typ ist auch Sandro Wagner, der nach dem 3:3 gegen Düsseldorf ein Interview gab, das zwischen den Zeilen durchaus als Kritik am Trainer interpretiert werden konnte.
Hoffmann zählt neben Lewandowski auch Robben und Ribery zu den Diven. "Gute Jungs sind Niklas Süle, Serge Gnabry, David Alaba und Joshua Kimmich." Alaba und Kimmich hätten sich aber zuletzt wiederholt nicht an die taktischen Vorgaben des Trainers gehalten, merkt Köhler an. Als pflegeleicht gilt auch Javi Martinez.
Es sei zwar durchaus förderlich, eigenwillige Charaktere im Team zu haben, "denn mit 23 Musterschülern wirst du keinen Erfolg haben. Mit 23 Einzelkämpfern allerdings auch nicht", sagt Hoffmann. Wichtig sei, dass Trainer, Sportdirektor oder Präsident immer wieder dazwischen gehen.
Doch gerade hier liegt das Problem bei den Bayern. Kovac bekommt zu wenig Untersützung und kann es sich allein schon wegen der aktuellen Verletztensituation gar nicht erlauben, nörgelnde Spieler einfach auf die Bank zu setzen, wie es andere Bayern-Trainer getan haben.
"Pep Guardiola hat Toni Kroos einmal ausgewechselt, Kroos hat dann das Trikot weggeworfen - und was macht Guardiola? Kroos saß zwei Spiele auf der Bank. Da war Ruhe im Karton", erinnert Köhler an die Zeit unter dem spanischen Starcoach. Auch Heynckes hat es verstanden, mit den Launen der Stars umzugehen.
"Renato Sanches oder Leon Goretzka auszuwechseln ist nicht so schwierig", erzählt Köhler, "bei Robben, Ribery oder Alaba wäre ein Aufschrei da. Die Frage ist: Hat Kovac die Rückendeckung? Und da sind wir bei Uli Hoeneß."
Einige Spieler sollen sich lieber dem Präsidenten anvertrauen als zum Trainer oder zum Sportdirektor zu gehen, wenn sie ein Problem haben. Hoeneß hatte den Trainer nach dem 3:3 gegen Düsseldorf am Samstag aber öffentlich angezählt, statt ihm die Rückendeckung zu geben, die er wenige Wochen zuvor noch mit den Worten beteuert hatte, er werde Kovac "bis aufs Blut verteidigen."
Hoeneß' Vorgehen mag nicht bei jedem gut ankommen, allerdings ist der FC Bayern mit genau dieser Politik der Bosse zu einem der erfolgreichsten Vereine Europas geworden. Oder wie Uli Köhler es ausdrückt: "Der FC Bayern war immer ein Spieler-Klub."