Der Mann der Zahlen als Kahn-Nachfolger: Das ist der neue FCB-Boss
30.05.2023 | 19:31 Uhr
Nach einer chaotischen und turbulenten Saison stellt sich der FC Bayern neu auf. Nach der Entlassung von Oliver Kahn wird Jan-Christian Dreesen neuer CEO. Auf den bisherigen Finanzchef wartet einiges an Arbeit.
Eigentlich sahen die Zukunftspläne des Ostfriesen Dreesen anders aus, bei der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr verabschiedete sich der bisherige CFO, der Mann der Zahlen, von den Fans des FC Bayern. Nach über zehn Jahren als Vorstand und Hauptverantwortlicher für die Finanzen des Rekordmeisters kündigte der Banker damals seinen Abschied an - auch, weil er mit Kahn nicht gut konnte.
Doch nun beerbt er eben jenen als Vorstandsvorsitzenden. "Wenn etwas das Herz berührt, kann man seine Pläne ändern", sagte Dreesen bei der Vorstellungs-PK über seine Kehrtwende. Gemeinsam mit Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß soll er den FC Bayern nach einer Saison voller Unruhen und Misserfolge wieder in die Spur führen.
Dreesen ist - erstaunlich für einen zunächst eher kühl wirkenden Banker - bei den kritischen Fans durchaus beliebt. Seit seinem Amtsantritt verkündete er Jahr für Jahr Gewinne; bei seinem letzten Auftritt als "Zahlen-Mann" auf der Jahreshauptversammlung im Herbst 2022 wurde er mit stehenden Ovationen verabschiedet.
Er gilt als nahbar, einer, der gerne im Austausch mit den Fans steht und für Verbesserungsvorschläge offen ist - ein kompletter Kontrast also zu seinem Vorgänger Kahn, der sich abschottete, unnahbar wirkte und durch seine Berater eine "katastrophal schlechte Stimmung" im Verein produzierte, wie Uli Hoeneß erst kürzlich im kicker kritisierte.
2013 trat er das schwere Erbe von Karl Hopfner als Finanzchef beim FC Bayern an, präsentierte immer neue Rekordgewinne und führte den Rekordmeister durch die schweren Pandemie-Jahre - ohne rote Zahlen zu schreiben.
Auch von einem Jagdunfall 2017 und einem Herzinfarkt nur Monate später ließ er sich nicht bremsen. Das Handelsblatt beschrieb ihn einmal als "freien Geist, der kein Blatt vor den Mund nimmt und im Zweifelsfall persönliche Konsequenzen zieht".
Nun steht für den Ostfriesen eine große Aufräumarbeit an. Nach der Entlassung von Sportvorstand Hasan Salihamidzic ist der Rekordmeister auf der Suche nach einem Ersatz, doch unter Zeitdruck sieht sich Dreesen nicht. "Wir haben so etwas schon einmal gehabt", erinnerte der neue Vorstandsvorsitzende auf der Pressekonferenz.
Als Matthias Sammer 2016 den Verein aus gesundheitlichen Gründen verließ, habe man "eine ganze Weile lang eine Zeit gehabt, wo wir auch keinen Sportdirektor oder Sportvorstand im Team hatten", so Dreesen. "Und in dieser Zeit habe ich zusammen mit Karl-Heinz Rummenigge das Transfer-Geschäft betrieben und das war ja nicht ganz unerfolgreich, wenn man sich die Jahre anschaut."
Auf diese Konstellation greift der Rekordmeister nun einmal mehr zurück. Neben Dreesen als neuer CEO wird auch Rummenigge in den Aufsichtsrat zurückkehren. Gemeinsam mit Hoeneß soll das Schiff "in Teamarbeit", wie Dreesen betonte, zurück auf Kurs gebracht werden - es ist ein Schritt zurück zu alten Strukturen aus erfolgreichen Zeiten.
Der allseits beliebte Dreesen kennt den Verein wie kaum ein anderer, betonte mehrfach die bevorstehende Teamarbeit, auch Trainer Thomas Tuchel soll großes Mitspracherecht für die kommende Transferphase genießen.
Baustellen auf der sechser- und neuner-Position, Spieler wie Benjamin Pavard, die den Verein verlassen möchten - der Einstand für den Ostfriesen wird kein leichter. Dreesen, der einst Vorstand der HypoVereinsbank war und auch bei der UBS und der BayernLB Chefposten bekleidete, kommt im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht aus dem Fußball. Natürlich werde er sich als Vorstandsvorsitzender in sportlichen Fragen nun auch einbringen, "aber in angemessener Form", so Dreesen.
Nach der Trennung von Salihamidzic und Kahn, der Rückkehr von Rummenigge und Benennung von Dreesen als neuen CEO ist die Botschaft klar: Die Erfolgsgaranten des FC Bayern, eigentlich schon oder auf dem Weg in den Ruhestand, müssen nach einer turbulenten Saison mit glimpflichem Ausgang den Verein wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen. Es wartet viel Arbeit.