Nagelsmanns "Problem": Rekord-FCB trotz Rotation eine Klasse für sich
22.08.2022 | 15:54 Uhr
Bayern legt gegen den VfL Bochum die nächste Machtdemonstration hin. Und das trotz Veränderungen in der Startelf. Nagelsmann bekommt ein Luxusproblem - und die Liga Angst.
Julian Nagelsmann hat ein Problem. Er darf auch am kommenden Samstag beim Spiel gegen Borussia Mönchengladbach (Samstag, ab 18:30 Uhr live auf Sky Sport Bundesliga) nur elf Spieler aufstellen. Aktuell empfiehlt sich beinahe jedoch sein gesamter Kader für einen Platz in der Startelf, wenn es am 4. Spieltag zum Topspiel gegen den Tabellenzweiten kommt.
Schon vor dem Spiel deutete der Bayern-Trainer an, dass es für ihn künftig nicht so einfach sein könnte, Spieler draußen zu lassen: "Ich werde mehr Gespräche führen müssen, weil immer Top-Stars auf der Bank sitzen werden, die hoffentlich nicht leistungsbedingt dort sitzen. Es muss eine Gewöhnung für die Spieler stattfinden, dass es normal ist, auch mal draußen zu sitzen und erst in den nächsten Partien wieder zu spielen."
Bayerns Machtdemonstration beim 7:0-Sieg gegen den zugegebenermaßen derzeit nicht annähernd ebenbürtigen VfL Bochum ist ein Zeichen an die Ligakonkurrenz aus Dortmund und Leipzig, die am 3. Spieltag Federn lassen mussten. "So zerstört wurde ich noch nie", resümierte Bochums Simon Zoller nach dem Spiel bei DAZN. Aktuell ist nicht auszumachen, wer die durch die Bank torhungrigen "Zerstörer" stoppen soll.
Zumal die Bayern schon nach 270 Bundesligaminuten Bestmarke um Bestmarke pulverisieren und auch die kleine Rotation der FCB-Maschinerie nichts anhaben kann. Der Einsatz von drei neuen Spielern tat der Performance des amtierenden Meisters keinen Abbruch. Im Gegenteil. Leroy Sane, Matthijs de Ligt und Kingsley Coman trugen sich am Sonntag schon in der ersten Halbzeit allesamt in der Liste der Torschützen ein und waren an den ersten vier Toren direkt beteiligt. Wann das Limit seiner Mannschaft denn erreicht wäre, wurde Nagelsmann nach der Partie gefragt. "Wir setzen uns erstmal keins. Wir versuchen immer die Leistung zu bringen", kündigte der Übungsleiter bei DAZN an.
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Neun Punkte und eine Tordifferenz von plus 14 Toren sind der beste Start, den je eine Bundesliga-Mannschaft hingelegt hat. Das Nagelsmann-Team demonstriert die Vielseitigkeit, die man sich nach dem Wechsel von Robert Lewandowski zum FC Barcelona erhofft hatte. "Die Energie, die in der Mannschaft steckt, die Stimmung, da gönnt jeder jedem alles", schwärmte Nagelsmann. "Das war letztes Jahr nicht immer so, das ist sehr angenehm."
Nicht nur, dass Neuzugang und Lewy-Ersatz Sadio Mane sich bestens bei seinem neuen Klub eingefunden hat, die gesamte Mannschaft übernimmt in der Abwesenheit des mehrmaligen Torschützenkönigs das Toreschießen. Neun verschiedene Spieler konnten sich beim Rekordmeister in den ersten drei Spielen schon in die Torschützenliste eintragen. Kein anderes Bundesliga-Team erzielte bisher mehr als sieben Tore - die Münchener stehen aktuell schon bei 13. Diese Tatsache lässt den Bayern-Angriff so unberechenbar wie selten zuvor wirken. Man fragt sich: Wer trifft als nächstes?
Das von Nagelsmann implementierte 4-2-2 funktioniert bisweilen sehr erfolgreich und jeder im Team der Bayern scheint sich mit diesem System zu identifizieren. Den einen Zielspieler der letzten Jahre gibt es nicht mehr und den brauchen die Bayern, wie es scheint, aktuell auch nicht mehr.
Müsste man sich dennoch einen Matchwinner aus der Partie gegen Bochum herauspicken, dann hätte Coman beste Karten gewählt zu werden. Der Franzose war schon fast vergessen, weil seine Teamkollegen an den ersten beiden Spieltagen während seiner Rotsperre fulminant loslegten. Doch der pfeilschnelle Außenstürmer brauchte nicht lange, um sich in die neuformierte Bayern-Mannschaft einzufinden. Coman war in der ersten Halbzeit gleich an drei Toren direkt beteiligt, eins davon erzielte er selbst.
Doch nicht nur der Franzose wusste zu gefallen. Auch Sane, de Ligt oder Joker Gabriel Vidovic überzeugten. Das 18-jährige Talent legte sogar einen Treffer auf. Der Kroate darf sich Hoffnung auf weitere Einsätze machen. Bei der Kaderbesetzung ist das eindrucksvoll. Schon vor Tagen schwärmte sein Trainer von ihm: "Ich halte von ihm unfassbar viel. Er ist auf seiner Position einer der talentiertesten Spieler in Deutschland. Der ist extrem gut, was Raumdeutung und Freilaufverhalten angeht. Er hat eine riesige Qualität."
Nagelsmann kann sich eines qualitativ hochwertigen Kaders sicher sein. In der aktuellen Verfassung ist dieser nur schwer zu stoppen. Der Trainer deutete nach dem Spiel aber auch schon an, dass diese Leistung von März bis Mai richtig wichtig wird, wenn die Silberware verteilt wird.
"This is not Frankfurt" prangte auf einem Bochumer Zuschauer-Banner. Die VfL-Fans hofften kein ähnliches Debakel wie das der Hessen beim Saisonstart zu erleben. Am Ende wurde es noch schlimmer. Und es ist nicht auszuschließen, dass der eine oder andere gegnerische Anhänger mit ähnlichem Gut im Gepäck anreist, wenn der bajuwarische Offensiv-Tornado das nächste Mal durch das eigene Stadion fegt.