Leader Kimmich: Eine Mischung aus Schweinsteiger & van Bommel
26.02.2020 | 00:19 Uhr
Joshua Kimmich zählt zu den wichtigsten Leistungsträgern beim FC Bayern und wächst immer mehr in die Rolle des Führungsspielers. Genau das könnte vor allem in der Champions League entscheidend werden.
Auf kaum einen Spieler des FC Bayern trifft die Bezeichnung Dauerbrenner mehr zu als auf Joshua Kimmich. In dieser Saison verpasste der 25-Jährige nur ein einziges Pflichtspiel (Gelbsperre gegen Hertha BSC). Insgesamt stand er seit seinem Wechsel vom VfB Stuttgart an die Isar (Juli 2015) 202 Mal für den Rekordmeister auf dem Rasen. Öfter liefen nur Thomas Müller (212) und Robert Lewandowski (224) in diesem Zeitraum für die Bayern auf.
Als "Mr. Zuverlässig" übernahm Kimmich mehr und mehr Verantwortung, trat auch neben dem Platz immer wieder als Wortführer auf. Die zentrale Rolle als Taktgeber im Mittelfeld verleiht ihm nun den letzten Schliff zum Führungsspieler - und dabei musste er sich seinen Platz in der Schaltzentrale hart erkämpfen.
In seiner ersten Saison bei den Münchnern kam der damals 20-Jährige auf seiner gelernten Position im defensiven bzw. zentralen Mittelfeld noch nicht an den Stammkräften Arturo Vidal, Xabi Alonso oder Thiago vorbei.
Der Durchbruch gelang dem 1,76 großen Kimmich etwas überraschend in der Innenverteidigung, wo er auch aufgrund massiver Verletzungsprobleme vom damaligen Cheftrainer Pep Guardiola das Vertrauen bekam - und dies mit einer durchschnittlichen Zweikampfquote von 57 Prozent und 107 Ballaktionen pro Spiel bemerkenswert zurückzahlte.
Carlo Ancelotti stellte den Nationalspieler dann zunächst wieder ins Mittelfeld, schulte ihn schließlich aber zum Philipp-Lahm-Nachfolger um. Auf der Rechtsverteidigerposition wusste Kimmich besonders durch seinen Offensivdrang zu glänzen: In der Saison 2017/18 unter Jupp Heynckes kam er auf stolze 21 Torbeteiligungen.
Trotz seiner starken Auftritte auf der rechten Abwehrseite betonte Kimmich immer wieder, dass er sich im Mittelfeld am wohlsten fühle. In der fünften Saison bei den Münchnern ist er dort nun offenbar endgültig angekommen.
Bis auf wenige Ausnahmen spielte Kimmich unter Hansi Flick immer in der Schaltzentrale im Mittelfeld. Als Spielgestalter geht der 25-Jährige deutlich körperbetonter zu Werke, sammelte in dieser Spielzeit bereist neun Gelbe Karten - mehr als in jeder anderen Saison bei den Bayern zuvor. Seine Torgefahr nahm hingegen etwas ab (acht Torbeteiligungen).
Besonders das Zusammenspiel mit Thiago habe "in den letzten Wochen sehr gut funktioniert. Wir hatten immer eine hohe Dominanz, Passsicherheit und viel Ballbesitz", schwärmt Kimmich.
Wie wichtig Kimmich für den FC Bayern ist, zeigt sich vor allem, wenn er fehlt. In 202 Spielen mit dem Dauerbrenner gab es 20 (10%) Niederlagen, in den 35 Spielen ohne ihn ging man achtmal als Verlierer vom Platz (23%).
Besonders auffällig ist die Statistik in der Champions League. In den sieben Partien ohne Kimmich kassierten die Bayern fast doppelt so viele Gegentore wie mit ihm. Außerdem verloren die Münchner vier der vergangenen sechs Spiele in der Königsklasse, wenn Kimmich fehlte - auch das Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Liverpool (1:3) in der vergangenen Saison.
In dieser Saison soll im Achtelfinale nicht wieder Endstation sein. Am Dienstag treffen die Münchner im Hinspiel in London auf den FC Chelsea (ab 20:50 Uhr LIVE und exklusiv auf Sky Sport 2 HD). Kimmich selbst sei jedenfalls "sehr heiß", besser abzuschneiden als beim 0:0 in Liverpool im Vorjahr. "Ich erwarte, dass wir morgen eine andere Herangehensweise an den Tag legen!" Schließlich sei beim FC Bayern der Champions-League-Titel immer "das große Ziel".
Wie man den FC Bayern als Mittelfeld-Chef ins Finale der Königsklasse führen kann, haben zuletzt Mark van Bommel (2009/10) und Bastian Schweinsteiger (2011/12 und 2012/13) gezeigt - Letzterer sogar mit Happy End.
Vor seinen Vorgängern muss sich Kimmich in seiner aktuellen Form nicht verstecken. Vor allem spielerisch kann der technisch versierte Rechtsfuß mit den beiden Größen locker mithalten. In puncto Torgefahr darf sich der 25-Jährige dagegen noch das ein oder andere von Schweinsteiger abschauen. Wie "Aggressive Leader" geht, demonstrierte auf der anderen Seite van Bommel in Perfektion.
Alles in allem kann man Kimmich so ein bisschen als Mischung seiner Vorgänger verstehen - vielleicht die Richtige Mischung für den nächsten Einzug ins Endspiel.