40-Tore-Stürmer Tel? Chancen und Risiken des Rekord-Transfers
25.07.2022 | 09:59 Uhr
Die Bayern greifen für Sturmtalent Mathys Tel tief in die Tasche. Doch lohnt sich diese Investition auch?
Der FC Bayern hat den nächsten Transfer klar gemacht. Nach Sky Informationen ist die Verpflichtung von Mathys Tel fix. Die Münchner haben mit Stade Rennes eine Einigung über den Wechsel des Stürmertalents erzielt. Das finanzielle Gesamtpaket soll sich auf circa 28,5 Millionen Euro belaufen. Noch nie haben die Bayern für einen 17-Jährigen so viel Geld in die Hand genommen.
Tel, der nach Sky Infos einen Vertrag bis 2027 unterschreiben soll, scheint diese Summe wert zu sein. Nicht nur in Frankreich wird er als das kommende europäische Stürmertalent gepriesen. Viele sehen in ihm den nächsten Karim Benzema oder Kylian Mbappe.
Allerdings verfügt Tel erst über 49 Minuten Erstliga-Erfahrung in der Ligue 1. Eine Garantie, dass sich der junge Franzose bei den Bayern durchsetzen kann, gibt es nicht.
Wie die Vergangenheit zeigt, setzten sich Talente dieser Preisklasse auf Anhieb in der jeweiligen Profi-Mannschaft durch. Sei es Jude Bellingham, der als 17-Jähriger für 25 Millionen zum BVB kam, Pedri, der mit 16 Jahren für 17,5 Millionen zum FC Barcelona wechselte oder Eduardo Camavinga.
Der Franzose stammt wie Tel aus Rennes Talentschmiede. Real Madrid zahlte im Vorjahr 31 Millionen Euro für den damals 18-Jährigen. In seiner ersten Saison in der Primera Division bestritt er 26 Spiele.
Entwickelt sich Tel wie erhofft, könnte er beim FC Bayern irgendwann den Sprung in Marktwert-Sphären von 100 Millionen Euro schaffen.
Trainer Julian Nagelsmann äußerte sich nach dem Testspiel gegen Manchester City (0:1) begeistert über den Neuzugang, den die Bayern zeitnah offiziell verkünden werden.
"Er kann einer der besten Stürmer werden", ist sich der Coach sicher, der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, Talente zu formen und weiterzuentwickeln. "Wir versuchen, junge, talentierte Spieler zu finden, die wir zu Weltklasse-Spielern entwickeln können", beschrieb Nagelsmann die Strategie der Bayern.
Zumindest bei Jamals Musiala und Alphonso Davies hat das zuletzt geklappt. Musiala reifte bei den Bayern zum deutschen Nationalspieler, Davies zu einem der besten Linksverteidiger der Welt.
Nagelsmann beschreibt Tel als "sehr schnell und stark". Der 1,83 Meter-Mann bringt die Voraussetzungen mit, um sich auch auf Anhieb bei den älteren Profis einen Platz zu erkämpfen
Das ist er ohnehin aus der Vergangenheit gewohnt. Als 14-Jähriger spielte er im U17-Team von Montrouge, einem Pariser Vorort - und setzte sich durch.
Ehemalige Trainer beschreiben Tel als sehr lerneifrig. Er ist ein Spieler, der jeden Tag an sich arbeiten will.
Neben dem persönlichen Ehrgeiz bringt er sich aber auch für die Mannschaft ein. Bei der U17-WM, bei der er Frankreich mit drei Treffern zum Titel führte, fungierte er als Teamkapitän.
Die Gefahr, dass ihm die hohe Ablösesumme zu Kopf steigt, ist gering. Tel verfügt über ein stabiles privates Umfeld. Seine Familie hat bereits angekündigt, mit nach München zu ziehen.
Robert Lewandowski spielte in den vergangenen Jahren nahezu immer, war nicht Teil eines Rotationsprinzips. Die Einsatzchancen für den Neuner hinter Lewy waren deshalb selten. Sein Abschied kommt Tel zugute.
Nagelsmann weist außerdem auf einen weiteren Vorteil des 17-Jährigen hin: "Er kann auf mehreren Positionen spielen." Dank seiner Schnelligkeit kann Tel auch über den Flügel kommen. Diese Flexibiltät erhöht Tels Einsatzchancen nochmal deutlich.
Tels Vorgänger wie Renato Sanches oder Breno kamen sich in München umringt von all den bekannten Stars verloren vor. Bei Tel wird das nicht der Fall sein. Seine französischen Landsmänner Lucas Hernandez, Kingsley Coman, Dayot Upamecano, Benjamin Pavard und Tanguy Nianzou werden ihm die Eingewöhnung erleichtern.
Tel muss nicht nur mit der Bürde der hohen Ablöse zurechtkommen. Vergleiche mit Benzema, Mbappe oder Henry können auch belasten, wenn sich in der Gegenwart keine Erfolge einstellen. Nagelsmann erhöhte gleich nochmal den Druck. Er traue Tel "eines Tages 40 Tore pro Saison" zu. Eine Marke, die bislang in der Bundesliga nur Lewandowski und Gerd Müller geschafft haben.
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Und auch in der nahen Zukunft muss Tel schon liefern: "Aber wenn er diese Saison zehn Tore schießt, sind wir alle glücklich." Wie Tel mit den hohen Erwartungen umzugehen weiß, wird spannend.
Der Sprung von Stade Rennes zum FC Bayern ist gewaltig. Tels längster Erstliga-Einsatz dauerte bislang 16 Minuten. Insgesamt bestritt er sieben Spiele in der Ligue 1.
Bei allem Talent: Bis Tel eine Bundesliga-Partie über 90 Minuten absolviert, wird es dauern. Es wird sich zeigen, wie geduldig Klub und Fans mit dem Rohdiamanten sind.
Jamal Musiala und Alphonso Davies sind die positiven Ausnahmen einer langen Reihe von mehr oder weniger gescheiterten Talente in München. Es ist noch nicht lange her, da verpflichteten die Bayern für 35 Millionen Euro den 19-jährigen Renato Sanches.
Der Mittelfeldspieler galt 2016 ebenfalls als das größte europäische Talent auf seiner Position. Mit Portugal war er gerade Europameister geworden. Durchsetzen konnte er sich beim Rekordmeister nie. In drei Jahren, in denen er zwischenzeitlich zum FC Swansea ausgeliehen war, absolvierte Sanches nur 35 Bundesliga-Spiele.