FC Bayern Transfers: Markus Babbel im Interview über Hernandez, Kim, Kane, Walker und Neuer
Sky exklusiv || Babbel: "Nicht sicher, ob Kane 100 Prozent zu Bayern passt"
11.07.2023 | 15:26 Uhr
Im exklusiven Sky Interview hat Europameister und Ex-Bayern-Star Markus Babbel über die aktuelle Transferperiode des Rekordmeisters gesprochen. Den möglichen Transfer von Harry Kane sieht er kritisch - im Gegenteil zu den Wechseln von Min-jae Kim und Raphael Guerreiro. Die Scholl-Kritik an Lucas Hernandez teilt er.
Sky Sport: Herr Babbel, wie bewerten Sie den Abgang von Hernandez?
Markus Babbel: Ich finde, das ist ein toller Move von beiden Seiten. Für Bayern ‐ und auch für ihn. Die Bayern haben viel Geld für ihn bezahlt und kriegen jetzt nochmal viel Geld. Er hat es gut gemacht und war mitbeteiligt, dass der FC Bayern den ein oder anderen Titel gewinnen konnte.
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Sky Sport: Teilen Sie die Kritik von Mehmet Scholl unter den Abschiedsworten von Hernandez?
Babbel: Total! Mir geht so ein Gesäusel im Nachhinein auch auf den Keks. Damit tue ich mich auch immer schwer. Deswegen kann ich das sehr gut nachempfinden.
Sky Sport: Ist Min-jae Kim ein gleichwertiger Ersatz?
Babbel: Ich glaube, dass er besser ist. Er hat eine herausragende Saison letztes Jahr gespielt, ich habe einige Spiele von ihm gesehen und da hat er mir schon sehr, sehr gut gefallen. Er spielt schlauer als Hernandez. Was mir an Hernandez gefallen hat, war die Aggressivität, die er hatte. Er ist halt oft stur in die Zweikämpfe gegangen und dadurch hat er sich selbst sehr oft schwer verletzt. Kim ist genauso zweikampfstark, aber was die Schlauheit betrifft, da ist Kim ganz klar im Vorteil.
Sky Sport: Alphonso Davies hat vergangene Saison geschwächelt. Sehen Sie Raphael Guerreiro als Konkurrenz?
Babbel: Absolut. Es war dringend notwendig, da etwas zu machen. Davies hat seit dem Sieg der Champions League seine Performance wie in dieser Saison nicht mehr auf den Platz bekommen. Die letzten zwei Jahre waren defensiv mit vielen Fehlern, im Spiel nach vorne mit vielen Stockfehlern und vielen Fehlpässen behaftet. Da muss er eine Schippe zulegen. Wenn du einen Guerreiro ablösefrei bekommst, ist das ein super Schachzug vom FC Bayern. Und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass er vor Davies spielt.
Sky Sport: Benjamin Pavard will den Rekordmeister nach einer starken Saison verlassen. Wie schwer würde sein Abgang wiegen?
Babbel: Ich finde sehr. Gerade als Innenverteidiger oder rechter Verteidiger hat er seine Aufgaben größtenteils sehr gut gelöst. Dieser Abgang wäre schmerzhaft, da er flexibel einsetzbar ist. Du weißt, was du an ihm hast, was du bekommst. Wenn man ihn irgendwie dazu bringen könnte, sich mit der Position des rechten Verteidigers anzufreunden - da hat er seine besten Spiele gemacht - dann wäre das Problem auf der rechten Abwehrseite gelöst.
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Sky Sport: Wäre Kyle Walker der richtige Ersatz für die rechte Seite?
Babbel: Wenn du einen Walker kriegen kannst, dann gibt es keine zwei Meinungen. Ich finde ihn schon seit Jahren herausragend gut. Mich hat es oft gewundert, dass er bei Man City trotz alldem nicht so oft gespielt hat und immer wieder auch draußen war. Aber das ist für mich ein herausragender rechter Verteidiger, der eigentlich alles vereint, was man haben will: Zweikampfstark, unfassbare Pace nach vorne, technisch gut. Wenn du den Spieler bekommen kannst, dann musst du zugreifen.
Sky Sport: Sie würden also eine Walker‐Verpflichtung befürworten?
Babbel: Wenn du diesen Spieler bekommen kannst, was ich zwar nicht ganz glaube, sofort. Mich würde es sehr wundern, wenn Man City ihn gehen lassen würde. Aber klar, er hat noch ein Jahr Vertrag. Wenn er unbedingt weg will und zu den Bayern möchte, dann musst du ihn holen. Bei allen Sympathien, die ich gegenüber Pavard habe, aber das ist dann schon eine andere Hausnummer. Pavard sieht sich selber eher in der Mitte. Der FC Bayern sieht ihn eigentlich eher auf der rechten Seiten, deswegen glaube ich, dass dieser der Grund ist, wieso er weg möchte.
Sky Sport: Sollte der FC Bayern 100 Millionen Euro für Kane ausgeben?
Babbel: Dass das ein herausragender Stürmer ist, da gibt es keine zwei Meinungen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob er auch zu 100 Prozent zum FC Bayern passt. Weil er eben vom Spielertyp einer ist, der sich gerne mal ins Mittelfeld zurückzieht, aus dem Mittelfeld die Bälle holt. Ich sehe ihn nicht als klassischen Spieler, der im Sechszehner steht und wartet, dass die Bälle kommen. Deswegen weiß ich nicht, ob das die perfekte Lösung für den FC Bayern ist. Der Spieler an sich bringt unfassbar viel Qualität mit und ist herausragend gut. Die Frage ist, ob er ins System vom FC Bayern reinpasst.
Sky Sport: Wenn fänden Sie denn besser als Neuner?
Babbel: Ob Kolo Muani oder Osimhen: Das sind alles fantastische Spieler ‐ wie Kane eben auch. Die zwei sind in meinen Augen idealer für Bayern. Gerade Osimhen, weil er bei Napoli sehr oft im Sechszehner seine Tore gemacht hat. Kolo Muani hat enorme Qualität, was das Umschaltspiel anbelangt. Auch wenn er wenig Raum, wenig Platz hat. Aber wie gesagt, Harry Kane ist ein Wahnsinnsspieler mit unfassbarer Abschlussqualität. Aber die Tore, die man sehr oft sieht, die sind alle aus dem Mittelfeld kommend mit anschließendem Abschluss. Wenn der Gegner tief im Sechszehner steht, weiß ich nicht, ob er die Qualität hat, auf engem Raum die Tore zu machen.
Sky Sport: Das Comeback von Manuel Neuer wird sich verzögern. Was hätte es zur Folge, wenn er sich nicht mit der veränderten Abwehr einspielen kann?
Babbel: Das leidige Thema Manuel Neuer. Es ist wirklich ein Drama. Es nimmt kein Ende, hat man das Gefühl. Er ist extrem wichtig. Vor allem hat er jetzt auch lange Zeit nicht mehr gespielt. Du brauchst diesen Rhythmus, die Spielpraxis, bei allem Training hin oder her ‐ du brauchst die Spiele. Ich sehe das als ganz, ganz großes Problem. Es gibt Verzögerungen beim gesund werden und deswegen bin ich mal gespannt, wie lange es noch dauert. Das bereitet auch den Bayern ein bisschen Kopfzerbrechen. Auf der einen Seite darf Yann Sommer gehen, wenn ein Angebot kommt, mit dem er zufrieden ist, auf der anderen Seite hat man eine absolute Nummer eins parat. Es ist eine Zwickmühle und ich bin sehr gespannt, wie sie das Thema lösen.
Sky Sport: Wäre es ein großer Nachteil, wenn Bayern mit Sommer in die Saison gehen sollte?
Babbel: Yann Sommer ist ein toller Bundesligatorwart, aber Manuel Neuer hat das Torwart‐Spiel auf ein ganz anderes Level gebracht. Und wenn ein Manuel Neuer fit ist, dann wird er auch spielen. Da kann sich ein Sommer so anstrengen wie er will, da wird er nicht vorbeikommen, weil Manuel Neuer einfach eine andere Qualität hat. Ich kann mir schon sehr gut vorstellen, dass Sommer sich nochmal verändern und einen anderen Verein finden wird. Er will Nummer eins sein, er will für die Schweiz bei der Europameisterschaft im Tor stehen und spielen. Er hat eine große Konkurrenz mit Gregor Kobel. Deswegen wird er meiner Ansicht nach auch gehen und dann hast du beim FC Bayern die Fragen: Wir könnten abwarten bis Manuel dazukommt und man geht mit Ulreich in die Saison oder man kauft nochmal einen, den man zwei Jahre aufbaut, der Manuel Neuer beerben kann.
Sky Sport: Ist Neuer auch für die Nationalmannschaft die klare Nummer eins?
Babbel: Erstmal muss er gesund werden und zurückkommen. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, wenn er zurückkommt, wird er stärker denn je sein. Dann hat sein Körper auch nochmal ein halbes Jahr Pause bekommen, dann wird er regeneriert sein. Ich gehe davon aus, dass er stark zurückkommen wird. Und wenn Manuel Neuer fit ist, dann ist er für mich auch die klare Nummer eins.
Sky Sport: Könnte Giorgi Mamardashvili ein möglicher Neuer‐Erbe werden?
Babbel: Ich habe das große Glück gehabt, ihn auch live sehen zu können. Ich war bei der U21 Europameister und er macht einen herausragenden Eindruck. Er war mitverantwortlich dafür, dass sie in der wahnsinnig schweren Gruppe, die sie hatten, weitergekommen sind, weil er mit tollen Paraden die Mannschaft im Rennen gehalten hat. Er hat eine hohe Qualität. Ob er schon so weit ist, das kann ich nicht beurteilen, da müssten wir mit dem Torwarttrainer reden, aber das, was ich gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen.
Das Interview führte Nina Stein.
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