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FC Liverpool: Thiago Alcantara könnte Historisches schaffen

Thiago - endlich unantastbar

Thiago Alcantara (Foto) ist aktuell einer der wichtigsten Spieler im System von Jürgen Klopp beim FC Liverpool.
Image: Thiago Alcantara (Foto) ist aktuell einer der wichtigsten Spieler im System von Jürgen Klopp beim FC Liverpool.  © DPA pa

Thiago Alcantara gewann als Fußballer alles, was man nur gewinnen kann. Dennoch wurde er oft kritisch beäugt. Dies ist nun vorbei, denn der Spanier ist endlich unantastbar.

Es gibt nur ganz wenige Spieler wie Thiago Alcantara. Das Talent bekam er wohl schon in die Wiege gelegt, denn sein Papa Mazinho wurde 1994 mit Brasilien Weltmeister. Auch bei Thiago war früh klar, dass er das Zeug zur Weltklasse hat. Beidfüßig, technisch perfekt, und ein sensationelles Stellungsspiel sind nur einige Attribute, die den Mittelfeldspieler beschreiben. Was den Strategen aber am meisten von anderen Fußballern abhebt, sind seine unglaubliche Übersicht und eine Passschärfe, die seinesgleichen sucht.

Thiago und der Weihnachtsmann

Unvergessen, als er einst im Trikot des FC Bayern den Ball "blind" auf die linke Seite hinausspielte, weil er aus dem Augenwinkel einen Teamkollegen erahnte. Der Teamkollege war zwar nur ein sich bewegender Weihnachtsmann auf einer Bandenwerbung, zeigt aber, dass der Spanier auf dem Fußballplatz scheinbar auch im Hinterkopf Augen hat.

"Er ist die Ballsicherheit in Person. Er reißt mit seinen Bewegungen Extra-Lücken und verkörpert die hohe Kunst des Fußballs. Ich weiß nicht, wie viele Augen er im Kopf hat, aber was er macht, ist schon unglaublich", schwärmte kürzlich auch sein aktueller Teamkollege Joel Matip im Kicker.

Und was sagt Thiago selbst zu seinem Stil? "Ich hasse den modernen Fußball, ich bin etwas klassischer", erklärte der Liverpool-Star im Jahr 2021 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Der Spielmacher vermisst vor allem die immer weniger werdenden "magischen Momente" und versucht diese "Magie" durch sein eigenes Spiel am Leben zu halten. Doch seine Spielweise sorgte auch dafür, dass er oft etwas kritisch beäugt wurde.

Profidebüt 2009 beim FC Barcelona

Nachdem Thiago beim FC Barcelona unter Pep Guardiola im Mai 2009 als 18-Jähriger sein Profidebüt feierte, verlängerte Barca 2011 zwar den Vertrag mit dem Youngster um vier Jahre und Thiago gehörte fortan auch zum erweiterten Stammpersonal. Am genialen Duo Xavi/Iniesta kam er häufig aber nicht vorbei und Stimmen wurden laut, dass er nicht gut genug für die Blaugrana sei. Vor allem nach dem Rücktritt Guardiolas waren die Verantwortlichen offenbar nicht komplett von den Fähigkeiten des Nationalspielers überzeugt.

Resultat: 2013 durfte Thiago für gerade einmal 25 Millionen Euro zum FC Bayern wechseln. Die geringe Ablöse kam zustande, da Barca der Personalie Thiago schlicht keine Aufmerksamkeit schenkte. Hätte man den Edeltechniker in nur einer einzigen zusätzlichen Partie 30 Minuten auf dem Platz gelassen, hätte eine Ausstiegsklausel von 90 Millionen gegriffen. Doch so verpasste Thiago die nötigen 60 Prozent mit mindestens einer halben Stunde Spielzeit und die Spanier mussten ihn für einen Bruchteil nach München verkaufen.

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"Thiago oder nix"

Dort angekommen waren Fans und Experten zunächst gleichermaßen verzückt von den Fähigkeiten von Guardiolas Wunschspieler. Dessen Ausspruch "Thiago oder nix" genießt heute an der Säbener Straße fast schon Kultstatus. Doch auch bei den Bayern wurden mit der Zeit immer mehr kritische Stimmen laut. Niemand zweifelte am Talent oder an der Klasse Thiagos, aber zahlreiche Verletzungen warfen den Mittelfeldspieler immer wieder zurück.

Zudem musste er sich auch immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, dass er in den wichtigen Spielen in der Champions League zu oft abtauchen und seine Leistung nicht bringen würde. Dennoch blieb er sieben Jahre in der Bundesliga und verabschiedete sich schließlich doch noch mit dem langersehnten Henkelpott. Im Champions-League-Finale 2020 war er dabei gegen Paris St. Germain Denker und Lenker des Bayern-Spiels und neben dem Torschützen Kingsley Coman der entscheidende Mann beim zweiten Triple der Vereinsgeschichte.

Überragend im CL-Finale gegen PSG

Völlig zurecht erhielt er auch die Sky Note 1, aber wenn es nach vielen Experten gegangen wäre, hätte Thiago zu Spielbeginn auf der Bank gesessen. Stattdessen sollte Johua Kimmich, der für den verletzten Benjamin Pavard als Rechtsverteidiger aushalf, in der Zentrale spielen. Trainer Hansi Flick ließ sich aber nicht beirren, vertraute Thiago und der zahlte es mit seiner vielleicht besten Leistung im Bayern-Dress zurück.

Champions League Finale 2022 - wann und wo?

  • Datum: Sa., 28. Mai 2022
  • Stadion: Stade France, Paris
  • Zuschauer: 81.338
  • Übertragung: ZDF und DAZN

Der mittlerweile 31-Jährige suchte anschließend aber nach einer neuen Herausforderung, nachdem er mit den Münchnern jeden erdenklichen Titel gewinnen konnte. Ein Jahr vor Vertragsende ließ der deutsche Rekordmeister Thiago für etwa 22 Millionen Euro zum FC Liverpool ziehen. Dort stellte er gleich in seinem ersten Spiel einen neuen Passrekord auf. Beim 2:0-Sieg beim FC Chelsea wurde er zur Pause eingewechselt und brachte 75 Pässe zum Mitspieler - dies gelang zuvor noch keinem Einwechselspieler in der Premier League.

Kritiker verstummen

Doch eine Covid-Erkrankung und eine Knieverletzung warfen Thiago zurück. Erst in der Rückrunde konnte er wieder angreifen und hatte letztlich auch großen Anteil an der Aufholjagd der Reds, die sich auf den letzten Drücker doch noch für Champions League qualifizieren konnten.

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Dennoch gab es einige Kritiker, die bezweifelten, dass eine Passmaschine wie Thiago seine Stärken in der Pressingfabrik Liverpool unter Jürgen Klopp wirklich ausspielen kann. Diese wurden in der laufenden Saison jedoch immer weniger und dürften spätestens nach Thiagos Gala-Auftritt im Champions-League-Halbfinale gegen den FC Villarreal wohl endgültig verstummt sein. Von der internationalen Presse wurde Thiago gefeiert, die Daily Mail schrieb beispielsweise, dass er im Ballbesitz "unantastbar" gewesen sei.

Spieler des Spiels gegen Villarreal

Tatsächlich scheint es so, dass Thiago im Alter von 31 Jahren zum ersten Mal in seiner Karriere nicht nur mit dem Ball, sondern auch vom Standing her unantastbar ist. Liverpools Achter ist seit Monaten Klopps Schlüsselspieler und war gegen seine Landsleute derart spielbestimmend, wie man es selten von einem einzelnen zentralen Mittelfeldspieler sieht.

Thiagos Statistiken gegen Villarreal.
Image: Thiagos Statistiken gegen Villarreal.  © Sky

Völlig zurecht wurde er gegen den Bayern-Bezwinger auch zum Spieler des Spiels gekürt. Auch in der Liga beim schweren Spiel bei Newcastle am Samstag (ab 13:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport 1 HD) wird es auf den Strategen ankommen. Klopp selbst konnte die Kritik an seinem Ballverteiler ohnehin nie nachvollziehen: "Es gibt Leute, die bezweifelt haben, ob Thiago zu unserer Spielweise passt?" Ja, die gab es. Der Coach hielt kurz inne und sagte dann: "Gott sei Dank haben diese Leute nichts zu entscheiden."

Auf den Spuren von Seedorf und Eto'o

Entscheiden werden aber Thiagos Leistungen über den weiteren Saisonverlauf der Reds. Thiago selbst könnte dabei weitere Argumente für sich sammeln: Sollte LFC nämlich die Champions League gewinnen, wäre Thiago der erst zweite Spieler nach Clarence Seedorf, der die Königsklasse mit drei verschiedenen Vereinen gewinnt. Dem Niederländer gelang dies mit Ajax (1995), Real Madrid (1998) und Milan (2003 & 2007). Thiago selbst konnte den Henkelpott neben 2020 mit den Bayern auch schon 2011 mit Barcelona gewinnen.

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Und sollte Liverpool sogar das Triple aus Pokal, Meisterschaft und CL-Trophäe "abstauben", wäre Thiago auch hier der erst zweite Profi, dem dies mit zwei unterschiedlichen Vereinen gelingt. Bislang steht Samuel Eto'o in dieser Wertung alleine da. Der Kameruner räumte 2009 mit Barca und 2010 mit Inter alles ab. Thiago ist ihm nun auf den Spuren, aber wirklich überraschend ist das nicht, denn: Es gibt eben nur ganz wenige Spieler wie Thiago Alcantara...

Mehr zum Autor Robert Gherda