Chance vertan! Schalkes Hoffnung auf ein Wunder schwindet
12.01.2023 | 16:16 Uhr
Der FC Schalke 04 geht als Tabellenletzter mit fünf Punkten Rückstand auf das rettende Ufer in die restliche Saison. Nach den überzeugenden Leistungen kurz vor der Winterpause unter Thomas Reis keimte Hoffnung auf, dass eine Aufholjagd möglich ist, doch die Königsblauen haben eine Chance verpasst.
Für Schalke geht es auf die Zielgeraden der Wintervorbereitung. Das zehntägige Trainingslager in Belek ist vorbei, am 21. Januar steht schon das erste Bundesligaspiel auf dem Programm. Doch obwohl die Knappen in der Türkei tolle Bedingungen vorfanden, intensiv trainieren konnten und die Stimmung innerhalb der Mannschaft richtig gut ist, scheint Schalke nicht wirklich gerüstet für die erhoffte Aufholjagd. Viele Fans haben die Hoffnung schon aufgegeben.
Die lange Winterpause verlief nämlich bei weitem nicht so, wie sich die Knappen das nach dem letzten Bundesligaspiel gegen den FC Bayern am 12. November vorgestellt haben. Dabei geht es nicht darum, dass Schalke keines seiner fünf Testspiele gewinnen konnte. Schließlich hat Cheftrainer Thomas Reis in den Partien viel durchgewechselt und auch wenn er mit der zweiten Halbzeit gegen den Club nicht einverstanden war, so hat Schalke in den Partien davor durchaus auch positive Zeichen gesendet.
Die schwindende Hoffnung hat auch nur bedingt mit den beiden schweren Knieverletzungen aus dem Trainingslager zu tun. Für Ersatztorhüter Justin Heekeren und Stürmer Sebastian Polter ist die Saison gelaufen, sie werden in der Rückrunde nicht eingesetzt werden können.
Aber Heekeren war ohnehin nur für die zweite Mannschaft eingeplant und für Polters Position stehen noch der gesetzte Simon Terodde und Kenan Karaman zur Verfügung. Polter hätte zwar in einigen Partien möglicherweise für etwas Punch von der Bank aus sorgen können, aber andere Personalien und Entscheidungen schmerzen auf Schalke weit mehr und drücken die Stimmung.
Alex Kral zum Beispiel. Der spielstarke Mittelfeldspieler war einer der wichtigsten Spieler in den Partien unter Reis, plagte sich während der Vorbereitung aber mit Rückenproblemen herum. Nach wochenlangem Rätselraten entschied sich Schalke vor wenigen Tagen endlich ein MRT durchzuführen und hat nun auch einen Grund für Krals Schmerzen. Der Tscheche leidet an einer Bandscheibenproblematik und wird im Januar nicht mehr zum Einsatz kommen. Eine sehr bittere Nachricht für den Tabellenletzten.
Auch bei einem weiteren Hoffnungsträger ist ein Comeback nicht in Sicht. Linksverteidiger Thomas Ouwejan trainiert immer noch nicht mit der Mannschaft, obwohl die Verantwortlichen beim Niederländer eigentlich darauf gehofft hatten, dass er - und damit auch seine brandgefährlichen Standards - im Jahr 2023 wieder vollumfänglich zur Verfügung stehen würden.
Mit Jere Uronen wurde daher auch ein neuer Linksverteidiger vom französischen Erstligisten Stade Brest bis zum Saisonende ausgeliehen. S04 hat zudem eine Kaufoption bei dem 28-Jährigen. In Frankreich kam der Finne nicht zurecht - ob er auf Schalke als Soforthilfe dienen kann, muss abgewartet werden.
Apropos Soforthilfen: Eigentlich sollte Reis nach der langen Winterpause deutlich mehr Optionen im Kader haben als noch in der Hinrunde. Nicht nur Ouwejan sollte wieder dabei sein, auch auf ein Comeback von Rodrigo Zalazar und Innenverteidiger Sepp van den Berg hatte der Coach gehofft. Beim Spielmacher war zwar schon vor Weihnachten klar, dass der 23-Jähirge in den ersten Partien nicht zur Verfügung stehen würde, aber dafür kündigte Sportvorstand Peter Knäbel exklusiv bei Sky an, dass man deshalb noch auf dem Transfermarkt tätig werden würde.
"Wir sehen schon, dass wir aufgrund der Rehabilitationszeiten der Spieler durchaus noch etwas tun sollten. Wir haben die Angel weiterhin im Teich und es nicht mit zweien abrupt fertig, sondern da geht es ja eigentlich erst los, was die Transferzeit als solches betrifft. Da musst du immer Möglichkeiten haben, einzugreifen", so Knäbel damals.
Passiert ist aber seitdem nichts. Schalke hat nach wie vor erst zwei Neuzugänge vorzuweisen: Neben Uronen wurde Ende Dezember mit Niklas Tauer ein junger Sechser für anderthalb Jahre von Mainz 05 ausgeliehen. Zudem erhielt Soichiro Kozuki - der Shootingstar der Vorbereitung - einen Profivertrag. Man wird den Eindruck nicht los, dass Schalke bei Transfers nicht All-in geht, sondern den Fokus bereits auf die kommenden Zweitligasaison legt:
Tauer würde nämlich auch im Abstiegsfall bleiben und könnte mithelfen, den erneuten Wiederaufstieg zu realisieren. In der 2. Bundesliga könnte der Youngster zusammen Florian Flick, den man an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen, um dort Spielpraxis zu sammeln, die Doppelsechs bilden, wenn Tom Krauß und Kral den Verein verlassen haben.
Ob der Sechser auch schon in der Rückrunde eine Verstärkung darstellt, ist fraglich, denn über Spielpraxis verfügt er nicht. Für Mainz kam er in der Bundesliga bislang nur dreimal zum Einsatz und stand nur 90 Minuten auf dem Platz. Hinzu kommt noch ein Kurzeinsatz im DFB-Pokal über zehn Minuten.
Einen Spieler, der die Reis-Elf definitiv sofort besser macht, aber eine gewisse Stange Geld kostet und dann im Sommer möglicherweise wieder geht, wird es dagegen wohl eher nicht mehr geben in diesem Winter. Das zeigt sich allein schon daran, dass Schalke immer noch auf Unions Tim Skarke hofft. Der Flügelspieler wäre die gewünschte zusätzliche Option für die Offensive, aber auch Skarke würde für mindestens 18 Monate ausgeliehen, um bei einem möglichen Abstieg - genauso wie übrigens auch Uronen - noch an Bord zu sein. Es wird spannend zu sehen, wie Schalkes Plan B bei der Personalie aussieht.
Fehlender Mut bei Transfers, verletzte Schlüsselspieler wie Kral, van den Berg und Ouwejan und ein Auftaktprogramm mit Partien bei Eintracht Frankfurt und gegen RB Leipzig. Aktuell spricht viel dafür, dass Schalke zum zweiten Mal in drei Jahren den Weg in die 2. Bundesliga antreten muss.
Klar ist aber: Sollte Schalke am Ende tatsächlich absteigen, lag es nicht an der Zurückhaltung in der Winterpause, sondern an Entscheidungen, die im Sommer getätigt wurden. Die Installierung von Cheftrainer Frank Kramer war eine massive Fehlkalkulation. Auch das viel zu lange Festhalten am 50-Jährigen war fatal. Unter Reis machte die Mannschaft große Fortschritte und bewies, dass man in der Bundesliga mithalten kann.
Doch ohne Wenn und Aber haben die Verantwortlichen in der Winterpause bisher die Chance verpasst, noch einmal durch Transfers eine Euphorie im Umfeld zu schaffen, die den Verein vielleicht doch zum Klassenerhalt hätte tragen können. Die Beispiele Mainz vor zwei Jahren und Stuttgart in der vergangenen Saison zeigen, dass zum einen Aufholjagden möglich sind und bis zur letzten Sekunde in der Bundesliga alles passieren kann.
Knäbel & Co. wählen einen anderen Weg und es scheint, dass Schalke den Klassenerhalt schon abgeschrieben hat, dafür aber finanziell weiter den rigorosen Sparkurs durchzieht, um bei der Lizenzierung im Unterhaus bessere Karten zu haben. Unter Reis soll dann der erneute Aufstieg angepeilt werden, es sei denn, der Coach schafft es tatsächlich mit dem vorhandenen Spielermaterial. Aber daran glauben offenbar nicht einmal seine Bosse mehr...