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Frauen-Fußball: Der DFB kann und muss auf den Boom aufbauen

Frauen-Fußball boomt! Warum sich der DFB darauf nicht ausruhen darf

Seit dem fulminanten Auftritt bei der EM, ist der Frauenfußball so groß wie noch nie. Bei der WM in Australien und Neuseeland wollen die DFB-Frauen eine weitere Erfolgsgeschichte schreiben.
Image: Seit dem fulminanten Auftritt bei der EM ist der Frauenfußball in Deutschland so groß wie noch nie. Bei der WM in Australien und Neuseeland im kommenden Sommer wollen die DFB-Frauen eine weitere Erfolgsgeschichte schreiben.  © Imago

Erst rund 40 Jahre gibt es das deutsche Frauen-Nationalteam mittlerweile. Der Weg dorthin war ein schwerer, das Ziel der vollständigen Anerkennung scheint noch lange nicht erreicht. Aktuell boomt der Frauen-Fußball jedoch wie noch nie. Eine Chance, auf die der DFB aufbauen kann - und muss.

Schon immer war der Frauen-Fußball in Deutschland eng verbunden mit gesellschaftlichen Strukturen und soziokulturellem Wandel. Wurde die Frau in nahezu der gesamten ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in starre Rollenbilder gezwängt, wurde auch der Fußball für sie lange Zeit kategorisch verboten. Der Kampf um Akzeptanz und Anerkennung war allerdings stets stärker als die verankerten Strukturen in der Gesellschaft und jenen im deutschen Fußball-Bund.

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So bedeutete etwa die Frauenbewegung in den 1970er-Jahren auch grundlegende emanzipatorische Veränderungen mit Blick auf den Sport. Die Fußballerinnen etablierten zu dieser Zeit analog zum gesellschaftlichen Umbruch einen langersehnten Liga-Betrieb und erste Förderungsstrukturen im DFB.

Benachteiligung trotz großer Erfolge

Lange belächelt und klischeebehaftet übergangen erkämpften sie sich somit ihren überfälligen Platz auf dem Rasen. Und obwohl die Forderungen in den Jahren zuvor schon lange aufgekommen waren, erlaubte der DFB 1982 schließlich auch die Ernennung einer offiziellen Frauen-Nationalmannschaft - das ist gerade einmal knapp 40 Jahre her. Der Verband selbst hatte zuvor jahrelang aktiv verhindert, dass die offizielle Geschichte des Frauen-Fußballs bereits früher beginnt.

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Trotz dieses großen Schritts bleiben die Akteurinnen bis heute finanziell wie strukturell weit hinter den Möglichkeiten ihrer männlichen Kollegen zurück. Und das, obwohl die Nationalspielerinnen trotz ihres vergleichsweise noch jungen offiziellen Daseins bereits mehr Titel gewonnen haben als jedes andere DFB-Team.

Acht Gewinne bei Europa-, zwei Triumphe bei Weltmeisterschaften und einen Erfolg bei Olympia konnten sie seit 1982 verbuchen. Damit sind die deutschen Fußballerinnen neben den US-Amerikanerinnen die erfolgreichsten weltweit.

Sommer-EM wirkt sich nachhaltig aus

Auch bei der Sommer-EM 2022 in England marschierten die Kickerinnen dank überzeugender Auftritte erfolgreich bis ins Finale durch. Zwar verloren sie das Endspiel gegen England denkbar knapp mit 1:2 nach Verlängerung, doch die Spielerinnen von Trainerin Martina Voss-Tecklenburg haben über das gesamte Turnier hinweg Faszination ausgelöst und sich verdientermaßen in die Herzen der Fans gespielt.

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Auch ohne Titel hat der Wettbewerb gezeigt: So zentral in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit stand der Frauen-Fußball in Deutschland noch nie zuvor - ein Zeugnis des unaufhörlichen Kampfs um Anerkennung. Dabei stellte sich bei all der Euphorie die berechtigte Frage: Wie nachhaltig kann sich diese Entwicklung in den europäischen Ligen wirklich auswirken?

Zu Beginn des Jahres 2023 lieferte eine Analyse der internationalen Sportmarketingagentur Two Circles darauf eine erste Antwort. Demnach verzeichneten England, Deutschland, Frankreich und Schweden, die bei der UEFA Women's EURO 2022 das Halbfinale erreicht haben, nach der ersten Saisonhälfte erstaunliche Rekordzahlen. Gegenüber der Spielzeit 2021/22 ist die Anzahl an Fans in den heimischen Ligen schon um durchschnittlich 182 Prozent gestiegen.

DFB setzt auf Highlightspiele

Die Hochstimmung, ausgelöst durch die EM, wirkt sich dabei in zwei Ligen besonders positiv aus: Die FA Women's Super League in England übertraf die Gesamt-Zuschauerzahl von 250.000 aus der Saison 2021/22 in nur 40 Spielen, also bereits nach erst knapp einem Drittel der aktuellen Spielzeit - ein Zuwachs von 267 Prozent.

Auch in der deutschen Frauen-Bundesliga wurde bereits am 7. Spieltag die Zahl an Fans der gesamten Vorsaison übertroffen. Sie verzeichnet einen bisherigen Zuschaueranstieg von 261 Prozent.

Dem DFB zufolge könne der Anstieg auch auf die eigene Strategie der Highlightspiele zurückgeführt werden: "Ausgewählte Partien finden in großen Stadien statt und werden von den Vereinen und vom Verband mit größerem Marketingaufwand beworben", hieß es in einer Pressemitteilung des Verbands mit Bezug auf die Rekordzahlen.

Sara Doorsoun: "Was wir aufgebaut haben, hat Bestand"

Nach jahrelangen Debatten um zu frühe Anstoßzeiten und mangelnde TV-Präsenz zeichnet sich also auch beim DFB allmählich eine neue Entwicklung ab, um die Sichtbarkeit der Fußballerinnen zu steigern. Auch Nationalspielerin Sara Doorsoun registriert diese hart erkämpfte Gelegenheit, wie sie im exklusiven Interview mit Sky jüngst erklärte: "Das, was wir im Sommer aufgebaut haben, hat Bestand. Wir haben viel Erfrischendes reingebracht, waren sehr authentisch und sehr nahbar und es war einfach total echt. Wir haben uns ein Fundament erarbeitet, worauf man jetzt in den nächsten Jahren aufbauen muss."

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Bei Sky spricht die deutsche Nationalspielerin mit iranischen und türkischen Wurzeln, Sara Doorsoun, über die erfolgreiche EM 2022 als Fundament des Frauenfußball-Booms, die Anerkennung im Iran und ihren Papa.

Der deutsche Frauen-Fußball boomt und ist so groß wie nie zuvor. Der DFB steht in der Pflicht, auch strukturell weiter für Veränderungen zu sorgen. Schließlich ist das Gender-Pay-Gap zwischen Fußballerinnen und Fußballern immer noch immens hoch. So erhielten die DFB-Frauen für ihren zweiten Platz bei der EM zum Beispiel jeweils 30.000 Euro. Für den Titel hätte es 60.000 Euro gegeben. Die Männer auf der anderen Seite hätten bei einem EM-Triumph 2021 je ein Preisgeld von 400.000 Euro erhalten.

Voss-Tecklenburg vertritt in puncto Bezahlung im Frauen-Fußball eine klare Meinung: "Ich würde mir eine Angleichung wünschen, also bei den Männern vielleicht ein bisschen weniger, bei den Frauen ein wenig mehr. Vielleicht irgendwann für den gleichen Titel, den Männer und Frauen erreichen, auch das gleiche Geld", erklärte die Nationaltrainerin nach der EM.

WM im Sommer die nächste Gelegenheit

Die aktuelle Entwicklung macht dabei durchaus Hoffnung, denn die Auswirkungen des Booms sind nicht nur bei der Nationalmannschaft, sondern allmählich auch in der Liga und auf Vereinsebene zu erkennen. Das ist eine große Chance für den DFB. Der Verband scheint allmählich erkannt zu haben, dass im Frauen-Fußball riesiges Potenzial steckt und auch das Interesse auf auf Seiten der Fans in den vergangenen Jahren enorm zugelegt hat. An den Hype wollen die Nationalspielerinnen anknüpfen und ihn schon beim nächsten Großereignis, der WM in Australien und Neuseeland im Sommer (20. Juli bis 20. August 2023), weiter wachsen lassen.

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Der DFB versucht unterdessen, zusammen mit den Verbänden aus Belgien und den Niederlanden die darauffolgende WM im Jahr 2027 auszurichten.

Es wäre eine nächste Gelegenheit, die Präsenz und Sichtbarkeit des Frauen-Fußballs langfristig zu forcieren und dem ersehnten Ziel nach Anerkennung und Gleichberechtigung somit einen weiteren großen Schritt näherzukommen.

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