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Fußball: Gewalt gegen Schiedsrichter nimmt zu - Interview mit Dr. Thaya Vester

Gewalt gegen Schiedsrichter nimmt zu: "Bedenkliche Entwicklung"

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Image: Die Gewalt gegen Schiedsrichter auf Fußballplätzen nimmt weiter zu.  © Imago

Die Gewalt gegen Schiedsrichter auf Fußballplätzen nimmt weiter zu. Dr. Thaya Vester, die Mitglied der DFB-Projektgruppe "Gegen Gewalt gegen Schiedsrichter*innen" ist, untersucht gewaltbedingte Spielabbrüche. Sky hat exklusiv mit Ihr gesprochen.

Dr. Thaya Vester …

… über den Rückgang der Unparteiischen:

"Es gibt einen negativen Trend. Das heißt, das Sicherheitsgefühl der Schiedsrichter nimmt ab. Immer mehr Schiedsrichter äußern, dass sie mit dem Gedanken spielen, aufzuhören und das ist eine extrem schlechte Nachricht. Wir haben schon einen extremen Rückgang, und selbst die, die jetzt da sind, überlegen auch noch aufzuhören. Gleichzeitig wird der Ruf nach den Verbänden immer lauter. Die Schiris fühlen sich mit der Situation nicht unbedingt gewachsen und möchten mehr Fort- und Ausbildungsangebote."

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Collinas Erben – das Schiedsrichter-Magazin vom 13.05.2023.

… über die Vorfälle in Fußballspielen:

"Wir haben ungefähr in 0,5 Prozent aller Spiele einen gemeldeten Vorfall. Aber jetzt sind wir bei dem Punkt, da geht es nur um die Fälle, die auch wirklich gemeldet worden sind. Wir wissen, dass ist nur die Spitze des Eisbergs. Da passiert sonst auch noch drumherum sehr viel, das aus unterschiedlichen Gründen nicht den Weg in das Meldesystem findet. Wenn man die Zahlen ansonsten im Zeitverlauf einordnen möchte: Die 911 Spielabbrüche sind der bei weitem höchste Wert, den wir haben, seitdem es dieses System gibt - dieses Lagebild. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Alles, was wir bisher wissen, ist auch ein Trend, der sich in dieser Saison fortsetzt. Das heißt, das war jetzt nicht mal ein einmaliger Ausrutscher nach oben, sondern das geht so weiter. Wenn wir uns ansonsten die Gewaltvorfälle angucken. In absoluten Zahlen ist die Hauptgewalt immer noch Spieler gegen Spieler. Aber wir müssen uns vor Augen halten, das sind pro Spiel mindestens 22 plus Auswechselspieler. Aber wenn man es umrechnet und relativ betrachtet, dann ist der Schiedsrichter als Einzelperson die gefährdetste Gruppe. Das sind die, die das größte Risiko tragen, auf dem Fußballplatz angegriffen zu werden. Das ist absolut fatal, dass ausgerechnet die Person, die dafür zuständig ist, das Spiel überhaupt für einen normalen Ablauf zu gewährleisten, dass die angegriffen wird. Das bedroht den Fußball tatsächlich elementar."

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Bundesligaprofi Nils Petersen hat zusammen mit Anton Stach als Schiedsrichter das Spiel der Bezirksliga Rheinhessen zwischen dem VfR Nierstein und TSV Mommenheim gepfiffen. Am Sky Mikro spricht er über seine Erfahrung und was er mitnimmt.

… über die Sensibilisierung des Themas:

"Wir bräuchten diesbezüglich einen Perspektivwechsel, eine Sensibilisierung: Wie wahnsinnig schwer und komplex ist das, was ein Schiedsrichter eigentlich leisten muss? (…) Es wird auch gerne immer geäußert: Wir haben Emotionen im Fußball, das gehört doch dazu. Ich habe aber nicht ein verbrieftes Recht auf negative Emotionen, weil das eine Ausrede dafür ist, dass ich mich benehmen kann, wie ich will. Kann man machen, aber dann muss man auch damit leben, dass es dann Sanktionen gibt, weil dieses Recht gibt es tatsächlich bzw. den Anspruch, dass man für eine Unsportlichkeit bestraft wird. (…) Wir könnten tatsächlich überlegen, wie die gesamte Fußballfamilie dieses elementare Problem des Schiedsrichters angehen kann. Da könnte ich mir zum Beispiel auch folgende Aktion vorstellen: Warum schicken wir nicht Bundesligaprofis zu Neulingskursen? Ab sofort bekommt jeder Schiedsrichter-Neuling seine Urkunde und seinen Schein von einem Bundesligaprofi überreicht. Einfach um die Person vielleicht auch wieder ein bisschen zu erden. Auf der anderen Seite um den jungen Menschen, die sich bereit erklären, Schiedsrichter zu werden, eine Wertschätzung zu zeigen."

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