EM-Qualifikation - Gruppe C
12.09.2019 | 16:56 Uhr
Ein Traumtor als Erlösung: Marcel Halstenberg hat die totale Verunsicherung bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit einem perfekten Linksschuss vertrieben und sein Team ein großes Stück näher Richtung EM geführt.
Joachim Löw umarmte lächelnd den "Erlöser" Marcel Halstenberg, dann bedankten sich alle Spieler erleichtert für die Unterstützung bei den Fans. Nach dem wegweisenden 2:0 (0:0) in Nordirland fiel vom Bundestrainer eine große Last ab, drei Tage nach der bitteren Heimpleite gegen die Niederlande liegt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft als Tabellenführer der Gruppe C wieder klar auf EM-Kurs.
"Wir waren unter Druck und mussten einige Schwierigkeiten und Probleme überwinden. In der zweiten Halbzeit war es besser", sagte Löw bei RTL. "Die Niederlage gegen die Niederlande mussten wir erst einmal verarbeiten", ergänzte Marco Reus. Die Verarbeitung dauerte eine ganze Halbzeit, dann sorgte Halstenberg mit einem Traumtor für die Befreiung (48.). Den Schlusspunkt gegen kampfstarke Gastgeber in Belfast setzte Serge Gnabry (90.+2).
Trotz einer ganz schwachen ersten Hälfte liegt der dreimalige Europameister nun mit zwölf Zählern vor den punktgleichen Nordiren, die Niederländer (9 Punkte) sind in Lauerstellung. Angesichts des Restprogramms mit der Begegnung in Estland und den Heimspielen gegen Weißrussland und Nordirland sollte die deutsche EM-Teilnahme nur noch Formsache sein.
"In der ersten Halbzeit war es schwierig. Da hatte Nordirland einige Großchancen. Der Gegner hat uns extrem hoch angegriffen. In der zweiten Halbzeit war es deutlich besser", sagte Reus.
Nach dem enttäuschenden 2:4 in Hamburg gegen den Erzrivalen Niederlande veränderte Löw sein Team auf zwei Positionen. Halstenberg ersetzte den verletzt abgereisten Nico Schulz auf der linken Abwehrseite. Julian Brandt besetzte die nach der Umstellung auf eine Vierer-Abwehrkette freigewordene Stelle in der Offensive. Der gegen die Niederlande indisponierte Jonathan Tah saß dafür ebenso wie Top-Talent Kai Havertz zunächst nur auf der Bank.
Löw forderte unmittelbar vor dem Anpfiff bei RTL einen "Mentalitätswechsel". Er wolle mehr "Körperspannung und Aggressivität" sehen, so der Bundestrainer. Doch davon setzte seine verunsichert wirkende Mannschaft in der Anfangsphase vor 18.104 Zuschauern im ausverkauften Windsor Park nichts um. Während die Gastgeber viel Leidenschaft an den Tag legten, wirkte der viermalige Weltmeister gegen das Pressing der Nordiren teils hilflos. Nach einem Ballverlust von Toni Kroos rettete Manuel Neuer in höchster Not gegen den frei vor ihm auftauchenden Conor Washington (7.).
Die Gäste spielten ihre wenigen Umschaltsituationen meist schlampig aus, die Offensive um Marco Reus, Timo Werner, Serge Gnabry und Brandt setzte sich kaum einmal in Szene. Erst Mitte der ersten Halbzeit bekam der Favorit über längere Ballbesitzphasen etwas mehr Zugriff - auch wenn Matthias Ginter angeschlagen seinen Platz für Tah räumen musste (40.).
Kurz vor der Halbzeit wurde es dann hektisch. Neuer rettete gegen Washington erst im Nachfassen (45.), im Gegenzug vergab Werner nach Vorlage seines Leipziger Teamkollegen Lukas Klostermann die beste Chance des DFB-Teams vor dem Seitenwechsel, als er Torhüter Bailey Peacock-Farrell anschoss (45.+1).
Die Gäste traten nach dem Wechsel wie verwandelt auf und kamen mit deutlich mehr Schwung aus der Kabine. Halstenberg traf bei seinem ersten Länderspieltor sehenswert in den Winkel zur Führung.
Der Treffer gab zunächst Sicherheit. Klostermann (50.), Gnabry (52.) und Werner (53.) vergaben im Minutentakt große Möglichkeiten zum 2:0. Der Ball lief nun flüssiger durch die eigenen Reihen, die Kombinationen wurden schneller und zielstrebiger.
Die Nordiren blieben aber gefährlich. Stuart Dallas verzog nach starker Vorarbeit des eingewechselten Gavin Whyte nur knapp (63.). Die Gäste waren gewarnt und ruhten sich auf dem knappen Vorsprung nicht aus, doch der eingewechselte Leverkusener Havertz verfehlte per Kopf sein Ziel knapp (63.).
In der hektischen Schlussphase erhöhten die Nordiren das Risiko, die deutsche Deckung war nun wieder mehr gefordert. Im Gegensatz zum Spiel gegen die Niederlande leisteten sich Niklas Süle und Co. aber nicht ganz so viele Aussetzer.