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Hamanns Top 3: Die Kolumne des Sky Experten über das CL-Viertelfinale

Hamann: "Die Situation bei Bayern erinnert an den FC Hollywood"

Dietmar Hamann analysiert für skysport.de das Geschehen im nationalen und internationalen Fußball.
Image: Dietmar Hamann analysiert für skysport.de das Geschehen im nationalen und internationalen Fußball.  © DPA pa

In seiner Kolumne blickt Sky Experte Dietmar Hamann auf die Viertelfinal-Partien der Champions League zurück und analysiert die unglückliche Pleite der Bayern. Dazu äußert er sich über die Personalpolitik der Münchener und ordnet die Chancen des BVB im CL-Rückspiel ein.

TOP 1: Mit die beste Saisonleistung der Bayern…

2:3 verloren, aber großartig gespielt. Für mich haben die Bayern gegen Paris mit die beste Saisonleistung gezeigt und das obwohl mit Robert Lewandowski und Serge Gnabry zwei extrem wichtige Spieler gefehlt haben. Hinzu kam, dass mit Leon Goretzka der wichtigste Motor des Teams frühzeitig vom Platz musste. Die Chancen auf ein Weiterkommen sind natürlich gesunken, aber immer noch zu Genüge vorhanden.

In den letzten Wochen haben die Bayern oftmals nicht so sehr überzeugt, lagen gegen so ziemlich jeden Gegner im Rückstand und haben das Spiel dann durch Klasse und Willen gedreht. Gegen PSG hatten sie unzählige Großchancen und der Gegner nur eine Handvoll. Die Effektivität und der aktuell beste Spieler der Welt haben aber den Ausschlag für Mbappe und Co. gegeben. Natürlich Hand in Hand mit unerklärlichen Konzentrationsfehlern wie vor dem 0:2 bei Niklas Süle. Die Bayern können überall gewinnen und hätten auch in diesem Spiel locker sechs Tore erzielen können.

Aber es kam eben anders. Wer hat den Sieg am Ende eher verdient: Derjenige, der 30 Mal aufs Tor schießt und zwei Mal trifft, oder eher die Mannschaft, die aus fünf Chancen drei Tore erzielt? Beides verdient Respekt und die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Die Chancen aufs Weiterkommen sind nun vielleicht bei 35:65 aus Sicht der Bayern. Aber wenn eine Mannschaft in Paris 2:0 oder 3:1 gewinnen kann, dann die Münchner. Und trotzdem wird das natürlich alles andere als leicht. Sollte neben Lewandowski und Gnabry dann auch noch weiter Goretzka ausfallen, ist das kaum aufzufangen.

TOP 2: Keiner will sagen, was längst jeder weiß…

Die aktuelle Situation bei Bayern erinnert mich ein wenig an meine eigene Zeit. Damals nannte man uns den FC Hollywood. Allerdings lagen die zwischenmenschlichen und daraus resultierenden sportlichen Probleme im Bereich der Mannschaft. Heute spielt es sich eine Etage drüber ab. Und langsam nimmt das Ganze groteske Züge an.

Uli Hoeneß hat als RTL-Experte angeregt, Neuer könne Nübel doch ein paar Spiel schenken, damit der sich ein bisschen wohler fühlen möge. Da kann man natürlich auf die Idee kommen, dass er dies öffentlich kundtut, weil es vor allem seine Idee war Hasan Salihamidzic zum Sportdirektor und Sport-Vorstand zu machen und dieser der Nübel-Seite mehr Einsätze in München versprochen hat, als er nun von Flick bekommt.

Außerdem hat sich Hoeneß gegen eine Rückkehr von Jerome Boateng in die Nationalelf ausgesprochen und nun wurde nur ein paar Tage später bekannt, dass Boateng nach der Saison die Bayern verlassen muss. Auf die Personalie Boateng angesprochen, reagiert Hansi Flick immer wieder äußerst emotional und angefasst. Muss das sein? Tut er sich mit öffentlichen Retourkutschen wirklich einen Gefallen? Auch Rummenigge und Hoeneß waren nicht immer einer Meinung.

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Wenn sie aber das Gefühl hatten, dass ihre Meinungsverschiedenheiten eskalieren oder dem Erfolg des Vereins schaden, haben sie eingelenkt. Aktuell ist es aber so, dass die Interessen und Machtspielchen über Dritte ausgetragen werden und das kann kein gutes Ende nehmen. Hoeneß und Salihamidzic auf der einen, Rummenigge und Flick auf der anderen Seite und mittendrin Oliver Kahn.

Dazu schwebt über allem die Frage, ob Flick über die Saison hinaus Trainer des FC Bayern München bleibt. Ich denke, eine Zusammenarbeit zwischen Brazzo und Hansi kann sich spätestens nach den Aussagen und vor allem den Zwischentönen der letzten Tage, wirklich keiner mehr vorstellen. Der Einzige, der sich öffentlich für einen Verbleib von Flick regelmäßig stark macht, ist Karl-Heinz Rummenigge. Und wenn man sich die Erfolge von Flick bei Bayern vor Augen führt, hat er das eigentlich auch verdient.

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Es ist mit Sicherheit auch nicht ganz so leicht, den permanenten Fragen nach der Zukunft von Flick gerecht zu werden. Keiner traut sich zu sagen, was längst jeder weiß. Aber das Thema lässt sich zum einen nicht mehr aufhalten und wird vor allem dann zum absoluten Dauerbrenner, wenn die Bayern nächste Woche gegen Paris ausscheiden sollten und es sportlich kaum mehr etwas zu besprechen gibt, weil die Meisterschaft gelaufen ist. Ich bleibe dabei: Selbst wenn Flick nicht Bundestrainer werden sollte, sitzt er nächste Saison nicht mehr auf der Bayern-Bank. Denn es ist davon auszugehen, dass Salihamidzic weiter Vorstand bleibt. Diese beiden haben offensichtlich keine Lust mehr, miteinander zu arbeiten. Also ist es das Beste, wenn sie sich demnächst nicht mehr täglich über den Weg laufen und für den FC Bayern arbeiten.

Die Machtspielchen in Puncto Transfers sind für Flick offensichtlich so nicht mehr zu ertragen. Die Transfers von Roca und Sarr zeigen, dass bereits zwei Kaderplätze quasi "verschenkt" sind. Diese Spieler bekommt der FC Bayern im Sommer auf keinen Fall verkauft. Und wenn Brazzo noch mal zwei Profis holen sollte, die bei Flick keine Rolle spielen, dann wars das mit der Dominanz in der Bundesliga. Es gab beim FC Bayern übrigens auch Zeiten, in denen die Wünsche des Trainers ganz anders gewürdigt wurden. Pep Guardiola ließ wissen: Thiago oder nix. Er hatte den Satz kaum ausgesprochen, da war der Spieler schon verpflichtet.

Ich sehe im Übrigen keinen anderen Kandidaten für die Flick-Nachfolge außer Julian Nagelsmann. Er dürfte sowohl die Wunsch als auch die Ideallösung für die Zeit nach Hansi Flick sein…

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TOP 3: Außer Chelsea ist keiner weiter…

Auf den ersten Blick würde ich nach den Ergebnissen der Hinspiele sagen: Paris, Real, Chelsea und City kommen ins Halbfinale. Bei näherer Betrachtung bin ich allerdings der Meinung, dass nur Chelsea zu 100 Prozent unter den letzten vier steht. Dortmund hat in Manchester wirklich sensationell gespielt. Ich hätte das nie für möglich gehalten. Aber man hat gesehen, welch Potenzial diese Mannschaft hat, wenn sie nur will.

Sie haben eine historisch große Chance im Rückspiel und ich traue es ihnen absolut zu. Mats Hummels hat es im Interview nach der Partie angedeutet. Das Thema, vor allem für die jungen Spieler wie Bellingham oder Haaland lautet trotz ihrer Qualität: Disziplin. Kein Abwinken, kein Ball wegschlagen, kein Dauer-Gemecker. Das fängt im Training an und hört in der 94. Minute auf. Ein 17 oder 18-Jähriger darf sich so etwas einfach nicht erlauben. Und wenn sie eine ideale Woche hinlegen, samt einem guten Ergebnis gegen Stuttgart sowie fokussiertem Training, kann der BVB ins Champions-League-Halbfinale kommen. Wer im Hinspiel auf Augenhöhe mit einem der besten Teams der Welt agiert hat, kann im Rückspiel die Sensation schaffen.

Für Klopp und Liverpool wird es glaube ich ziemlich eng. Sie hatten über lange Strecken gegen die Erfahrung und Ballsicherheit von Real kaum Torchancen. Es kommt keiner der Verletzen bis zum Rückspiel zurück und Zidane kann eventuell wieder mit Sergio Ramos planen. Nach dem 3:1 spricht sehr viel für ein Weiterkommen von Real Madrid.

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