Hau das Ding raus - Kolumne von Sky Reporter Sven Töllner || Naby Keita

Wenn die Scheinriesen schrumpfen

Sven Töllner schreibt in seiner Kolumne über die aktuellen Themen in der Welt des Fußballs.
Image: Sven Töllner schreibt in seiner Kolumne über die aktuellen Sport-Themen in der Welt.  © Sky

Sky Reporter Sven Töllner blickt in seiner Kolumne "HAU DAS DING RAUS" auf die aktuellen Ereignisse im Sport. In der neusten Ausgabe schaut Töllner auf die Personalie Naby Keita und welche Spieler bereits ähnliche Schicksale ereilte.

Es ist doch ganz einfach. Wenn Arnold Schwarzenegger versucht, sich den Anzug überzuziehen, der eigentlich für Louis de Funes rausgehängt wurde, platzt höchstwahrscheinlich der Stoff. Weil es einfach nicht passt. In der jüngeren Geschichte des deutschen Fußballs war schon bemerkenswert häufig zu beobachten, wie ein schöner Schein die Sinne mancher Verantwortungsträger erst blendet und dann betäubt. Große Stars in kleiner Umgebung - nicht gerade eine verlässliche Erfolgsgeschichte.

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Werders Keita-Hoffnung wankt

Derzeit erhärtet sich an der Weser der Verdacht, dass der potenzielle Weltklassespieler Naby Keita keine verlässliche Hilfe im Abstiegskampf sein wird. Insgesamt hat der Star-Zugang aus Liverpool nach sieben Spieltagen ungefähr eine Dreiviertel-Partie absolviert. Weitere Auftritte werden nach dem Faserriss in Keitas Oberschenkel nicht vor November dazukommen.

Die Hoffnung, dass der Ausnahmekönner das strauchelnde Werder-Ensemble auf ein stabileres Niveau hieven wird, hört man im Großraum Osterdeich derzeit nicht mehr allzu oft. Frustrierend für Spieler und Verein, dass sich die Befürchtungen, die wohl jeder Beobachter nach der quälenden Verletzungs-Historie der Mittelfeld-Maschine in Liverpool zumindest im Hinterkopf hatte, in Bremen bewahrheiten.

Natürlich ist denkbar, dass sich Keitas Körper stabilisiert und der 28-Jährige noch zum Trumpf im Kampf um den Klassenerhalt wird. Gleichwohl ist ganz sicher nicht auszuschließen, dass es ähnlich läuft wie bei anderen namhaften Verstärkungen diverser Bundesligisten, die sich relativ schnell als Scheinriesen entpuppten.

HSV mit negativem Parade-Beispiel

Der ungeliebte Rivale aus Hamburg zum Beispiel hatte 2006 einen artverwandten Plan entworfen wie die Bremer jetzt. Juan Pablo Sorin hatte Argentinien gerade noch als Kapitän durchs Sommermärchen navigiert - bis Jens Lehmann und dessen Zettelwirtschaft Maradonas Erben im Elfmeterschießen des Viertelfinals den Stecker zogen. Sorin kam auf den Markt, der HSV griff zu - ein aufsehenerregender Transfer-Coup. 24 - zum Teil anständige - Auftritte hatte der Linksverteidiger im HSV-Trikot.

Mit einem Privat-Physio und unter den skeptischen Augen der Kollegen versuchte er schließlich elf Monate lang, sich von einer hartnäckigen Knieverletzung zu erholen. Am Ende glaubte niemand in Hamburg mehr daran, dass das nochmal was werden würde. Sorin verließ die Stadt schließlich ein Jahr vor Vertragsende - mit einer Million Euro Abfindung im Gepäck.

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Als sie sich beim VfB Stuttgart 2010 entschieden hatten, sich mit einem Weltmeister zu schmücken, hatten sie vermutlich nicht einkalkuliert, dass allein in der Hinrunde drei Trainer die Verantwortung für den sportlichen Niedergang übernehmen mussten.

Den hatte auch Mauro Camoranesi - mit der Squadra Azzurra Sommermärchen-König 2006 - nicht stoppen können. Eher im Gegenteil. Von der einstigen Dynamik des Schienenspielers war am Neckar nichts zu sehen. Kein Stammplatz, keine Zukunft - frustrierter Abgang nach nur fünf Monaten.

Lautern und Düsseldorf ereilte bereits ähnliches Schicksal

Auch in Kaiserslautern sollen die Stirnpartien mancher Zeitzeugen noch heute stabile Runzelspuren erkennen lassen. Der französische Weltmeister Youri Djorkaeff war 1999 auserkoren, den Sensationsmeister von 1998 ins neue Jahrtausend zu führen. Nach verheißungsvollem Start erwies sich die pfälzische Provinz seinerzeit schnell als ein Umfeld, in dem es dem Superstar zunehmend schwerfallen sollte, seine Kunst zur vollumfänglichen Blüte zu entfalten.

Proportional zu seiner abnehmenden Leistungskurve katapultierte sich die Verwunderung seiner Mitspieler in erstaunliche Höhen. Hartnäckige körperliche Probleme machten die Djorkaeff-Episode am Betzenberg mehr und mehr zum Treppenwitz. Im Februar 2002 wurde der Vertrag schließlich vorzeitig aufge- und alle Beteiligten dadurch erlöst.

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In seiner Zeit bei Roter Stern Belgrad, gekrönt vom Europapokalsieg der Landesmeister, war Darko Pancev die wundersamen Zuspiele der Ausnahmekönner Prosinecki, Mihajlovic und Savicevic gewohnt. Das hatte den bulligen Mittelstürmer schließlich selbst zum internationalen Extraklassemann werden lassen, von Belgrad nach Mailand und von dort zum VFB Leipzig geführt.

Ein Jahr 1. Liga in einer Zeit, in der Energy-Drinks noch nicht mal ein Nieschen-Produkt waren - da war den Machern um Trainer Bernd Stange nach ein bisschen Glanz zumute. Die Rückrunden-Leihe des damaligen Jugoslawen konnte den Abstieg nicht verhindern. Pancevs zweiter Bundesliga-Exkurs in Düsseldorf endete mit ähnlichem Erfolg.

Süße Früchte sind schwer zu erreichen

Direkt im Anschluss an die WM 1990 begeisterte viele Hamburger Fußball-Fans das Gerücht, der FC St. Pauli stünde kurz vor der Verpflichtung der Kamerun-Legende Roger Milla. Vier WM-Treffer, geschmeidige Schlängeltänze an der Eckfahne. Betagt, aber so begabt - viele fieberten dem Transfer entgegen, der nie zustande kam. Wer weiß, wofür es gut war!?

Kaderplanung ist eine Kunstform - Augenmaß und Bauchgefühl sind gefragt. Und Widerstandsfähigkeit. Es ist zutiefst menschlich, eine Kiste Kaviar erwerben zu wollen, wenn sich die Gelegenheit als günstig erweist. Es ergibt nur keinen Sinn, wenn das vorbereitete Menü überwiegend aus ehrlicher Hausmannskost besteht.

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Peter Alexander hatte schon vor 70 Jahren ein Einsehen und trällerte bescheiden: "Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere, nur weil die Bäume hoch sind und diese Tiere groß sind! Die süßesten Früchte schmecken dir und mir genauso, doch weil wir beide klein sind, erreichen wir sie nie!"

Höchstens mit `ner Leiter - aber wenn die nicht stabil steht, gerät man leicht mals ins Wanken.

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