Bobic über den VAR: "Das wird immer das Problem sein"
04.11.2022 | 09:16 Uhr
Fredi Bobic spricht exklusiv im Sky Interview über den bisherigen Saisonverlauf von Hertha BSC und den Unterschied zur vergangenen Spielzeit. Außerdem lobt er die Arbeit von Trainer Sandro Schwarz. Kritisch äußert sich der Hertha-Geschäftsführer allerdings über die Entwicklung des VAR.
… über die bisherige Bilanz nach den ersten zwölf Spieltagen:
"Ja, wir haben ein Drittel der Bundesliga gespielt. Es ist nun sehr schnell die Pause wieder da. Ein Fazit Ist immer ein bisschen schwierig, weil ich das gerne erst mache, wenn die Pause dann da ist. Aber es ist so, dass wir eigentlich gut unterwegs sind von der Art und Weise, wie wir Fußball spielen, aber dass wir ein bisschen zu wenig Punkte haben - finde ich. Der einzige Wermutstropfen ist, dass wir das in der Art und Weise, wie wir auf dem Platz agieren, nicht unbedingt erwartet haben, dass es dann so wenig Punkte sind. Wir arbeiten dran, dass es besser wird und auch für die lange Phase, die nach der Winterpause kommen wird. Das wird eine ganz wichtige Phase sein, uns da gut darauf vorzubereiten und wir werden sicherlich unsere Schlüsse auch noch aus den letzten drei Spielen ziehen und die dann natürlich auch mitnehmen."
… über den Unterschied zu letzter Saison:
"Auf dem Platz war es für mich einfach, weil wir auch die Spieler haben, die wirklich diese Mentalität mitbringen, aber die natürlich auch zusammenwachsen mussten. Nach 31 Personal-Veränderungen im Sommer war es sicherlich klar, dass es ein bisschen Zeit braucht und wir ein bisschen weniger Punkte haben. Wenn du so oft Unentschieden spielst, machst du eben nur einen Punkt. Ich kann mich gut an Spiele in den letzten Jahren erinnern, die wir gewonnen haben und wirklich grausam gespielt haben. Manchmal ist es vielleicht sogar besser schlecht zu spielen und zu gewinnen, dann hast du nämlich drei Punkte. Wir hatten wirklich diese lange Phase mit den vielen Unentschieden, die wir leider nicht vergolden konnten. Wir hatten auch einige Entscheidungen gegen uns - egal ob mit oder ohne VAR - die haarsträubend waren. Das ist keine Generalkritik an den Schiedsrichtern, sondern ich habe mir die Entschuldigung immer ein oder zwei Tage nach dem Spiel anhören müssen, dass ich richtig gelegen bin. Aber das ist insgesamt ein Problem in der Liga."
… über den Videoassistent:
"Wir sind jetzt gerade in einer Diskussion und in so einer Phase, wo man sagt, man muss den VAR wieder abschaffen. Da bin ich auch nicht so ganz dafür, dass man ihn unbedingt abschaffen muss. Aber die Art und Weise, wie er angewendet wird, das wird immer das Problem sein. Da stecken Menschen dahinter und man sollte von dem Glauben weggehen, wo Menschen dahinter stecken, dass alles dann 100% gerecht wird, nur weil man Video hat. Also Menschen machen Fehler und das ist auch gar nicht so schlimm, muss ich sagen. Aber man muss auch ein bisschen daraus lernen. Diese Lerneffekte fehlen mir ein bisschen und die fehlen nicht nur mir, sondern auch vielen Kollegen von mir. Deswegen gibt es natürlich auch sehr viele Diskussionen darüber. (…) Insgesamt muss man einfach die Regeln viel einfacher halten und auch die Regeln nicht so strapazieren und verändern. Das einfachste ist ja immer mit dem Handspiel. Beim Handspiel gab es komplett andere Voraussetzungen, was ein Handspiel sein soll. Damit hat der DFB erstmal jetzt weniger zu tun, sondern die IFAB macht die Regeln bei der FIFA und gibt im Endeffekt vor, wie das immer wieder ganz anders von Spielzeit zu Spielzeit dargelegt wird, dass jetzt das zählt und dann in der nächsten Saison wieder was ganz anderes zählt. Was ist jetzt wirklich ein Handspiel? Man sollte das einfach lassen. In der Einfachheit liegt ja auch der Charme des Fußballs. Dass Fehler gemacht werden - ich glaube - davon hat der Fußball gelebt, auch mehr als ein Jahrhundert. Dementsprechend sollte man die Dinge viel, viel einfacher miteinander machen und auch gestalten, als irgendwelche komplizierten Regeländerungen einzuführen."
… über den Cheftrainer Sandro Schwarz:
"Er ist komplett angekommen, komplett klar, komplett von seiner Idee auch verfolgt und auch begeisternd und mitnehmend von der Art her. Sandro ist aber auch klar und offen, wenn es um Kritik geht. Und so nimmt er alle mit. Und das macht er mit seinem Trainerteam hervorragend. Es macht richtig Spaß und man merkt halt auch die Prozesse in der Mannschaft und nicht nur in der Mannschaft, sondern auch bei den Mitarbeitern um die Mannschaft herum. Da ist eine Gemeinschaft gewachsen, die sehr viel Spaß macht und die aber auch noch viel Potenzial hat. Das ist das Schöne, was wir auch im Zusammenspiel immer haben, dass wir wissen, wie weit wir noch kommen müssen, wie viele Schritte wir noch gehen müssen, dass wir irgendwann auch zufrieden sind. Zufrieden sind wir noch lange nicht und das ist auch ehrlich. Aber trotzdem sind wir auf dem richtigen Weg und wir versuchen immer den konsequent zu begleiten."
…über das aktuell ruhige Umfeld bei der Hertha:
"Erst mal sehen die Fans, dass da eine Mannschaft auf dem Platz steht, die auf jeden Fall alles gibt. Am besten kann man das natürlich am Spiel in Leipzig sehen. Wenn du ein Spiel verlierst und trotzdem die Mannschaft gefeiert wird, dass sie alles gegeben hat. Das ist - glaube ich - wichtig. Dazu kommt natürlich der Faktor, dass wir im Sommer noch einmal unheimlich viele Wechsel hatten, auch auf den führenden Positionen. Es ist viel passiert. Auf der Geschäftsstelle ist ein neuer Präsident gekommen, der natürlich eine sehr große Nähe auch in der Vergangenheit zu den Fans und zu den Mitgliedern hat. Ich glaube, das hat insgesamt dem Verein nochmal geholfen, auch zu versöhnen, weil die Jahre zuvor waren - doch das muss man ganz klar sagen - auch sehr chaotisch und sehr laut und mit sehr viele Parolen auf beiden Seiten, wo man eigentlich hin möchte. Es war unheimlich schwer, da am Ende des Tages etwas zu entwickeln. Jetzt haben wir eine Situation, wo man seit Sommer eigentlich spürt - mit den ganzen Veränderungen der Geschäftsstelle, aber genauso im sportlichen Bereich, - dass ein gutes Miteinander da ist, ein zielgerichtetes Miteinander da ist und wo wir das Gefühl haben, dass es sich in die richtige Richtung bewegt. Der Mut zum Wechsel ist da, der Mut, etwas anders zu machen, als es vorher gemacht worden ist, ist da und das spürt natürlich auch der Fan und das Mitglied draußen."