Lothar Matthäus Kolumne: Sky Experte über Leroy Sane, Bayern und USA-Reise
Sane gehört zu den besten Spielern Europas
09.10.2023 | 15:37 Uhr
Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne, warum Leroy Sane momentan zu den besten Spielern Europas gehört, vergleicht die Topstürmer der Bundesliga und kritisiert die Planung der USA-Reise der deutschen Nationalmannschaft.
Dass Leroy Sane ein Potenzial wie kaum ein Zweiter in Deutschland hat, wissen wir schon seit einigen Jahren. Gerade für den modernen und temporeichen Fußball ist er prädestiniert, weil er eine Kombination aus Geschwindigkeit, Technik und Schusskraft mitbringt. Er zeigt Woche für Woche gute Leistungen und hat auch gemerkt, dass Fußball ein Mannschaftssport ist und nicht nur Offensive, sondern auch aus Defensive besteht. Es hat vielleicht ein bisschen länger gedauert als man es sich als Trainer oder Vereinsverantwortlicher gewünscht hätte, aber Sane hat den nächsten Schritt gemacht und ist jetzt dort angekommen, wo er eigentlich schon seit Jahren hingehört.
Sane hat kapiert, worum es geht
Sane gehört für mich zu den besten Spielern Europas. Er ist einer, der alles mitbringt, um auch mal bei einer Weltfußballerwahl oben dabei zu sein. Er performt konstant und macht Tore, sowohl beim FC Bayern als auch in der Nationalmannschaft. Als Fußballfan, -freund und -experte ist man froh, einen Spieler wie ihn bei seiner Entwicklung verfolgen zu können.
Viele haben gesagt, er wird es nie schaffen, aber jetzt ist sein Kopf frei. Sane ist kein einfacher Typ, er ist nicht so gesprächig, man kann nicht in ihn hineinschauen. Vielleicht hat er sich ein bisschen geöffnet und mit Leuten über seine Gedanken gesprochen. Das heißt nicht, dass es Probleme gab, aber womöglich hat er es sich zu leicht gemacht und gedacht, dass alles ganz einfach geht. Aber es geht eben nichts einfach von selbst. Vielleicht hat Thomas Tuchel ihm in Gesprächen aufgezeigt, was er kann, welche Qualität und welchen Wert er für die Mannschaft hat. Wer es war, weiß ich nicht, aber ich bin ganz sicher, dass er durch Gespräche dorthin geführt wurde, wo er jetzt ist.
Bayern hat die Personalie Boateng unterschätzt
Was die geplatzte Rückkehr von Jerome Boateng angeht, hat Bayern München diese Geschichte von Anfang an unterschätzt. Sie wussten, dass es ein Echo auf diese Personalie geben würde. Die Bayern haben einen Innenverteidiger gesucht und Boateng kennt sich im Verein aus. Er hat in München super performt, aber bei privaten Geschichten sollte man nicht die Augen zudrücken und sagen, "es geht uns nichts an". Ich habe in Bremen live mitbekommen, wie die Werder-Fans zu dem Thema Stellung bezogen haben. Auch die Bayern-Fans sind sensibel und vertreten Werte, die ihnen wichtig sind. Das Thema ist jetzt erledigt, man sollte dieses Fass nicht noch einmal aufmachen.
Trending
- Interesse wird konkreter! Topklub will Davies
- Füllkrug-Flucht aus England?
- Nur Platz 16! BVB will den ersten Auswärtsdreier
- Drastische Maßnahmen bei Chelsea || Mbappe-Streit mit PSG geht weiter
- 360 Mio.! Details zu Reds-Deal durchgesickert
- Kuriose PK-Momente! Kind amüsiert Rose
- Drastische Maßnahmen! Chelsea setzt Top-Talent unter Druck
- "Irritiert über die Kritik": Weltmeister nimmt Neuer in Schutz
- Money Messi! Superstar in anderen Sphären
- Streit zwischen Mbappe und PSG geht in die nächste Runde
Sportlich gesehen haben die Bayern keinen Grund zur Unzufriedenheit. Sie haben noch kein Spiel verloren und zweimal gegen hochkarätige Gegner unentschieden gespielt. Man hat gegen Leverkusen und in Leipzig zwei Gegentore kassiert, aber man hat auch jeweils zwei Tore geschossen. Aber natürlich ist Platz drei nicht das, was sich die Bayern vorstellen.
Leverkusen performt optimal - auf und neben dem Platz
Über Leverkusen habe ich schon vor der Saison gesagt, dass Bayer 04 der größte Widersacher des FC Bayern sein wird. Beim 2:2 in München hat die Werkself unter Beweis gestellt, dass sie ein ernsthafter Meisterschaftskonkurrent ist. Leverkusen hat in Xabi Alonso einen Trainer, der klare Vorstellungen hat. Er hat die Sommer-Vorbereitung komplett geleitet, die Mannschaft konnte sich einspielen. Florian Wirtz ist nach seiner Verletzung wieder zu seiner Form aufgelaufen, Bayer hat sich auf mehreren Positionen gut verstärkt, und Profis wie Jonathan Tah, der eine überragende Saison spielt, sind besser geworden. Es macht einfach Spaß, dieser Leverkusener Mannschaft zuzuschauen.
Das unterscheidet Guirassy und Boniface von Kane
Stuttgart ist überraschenderweise oben dabei. In der vergangenen Saison musste der VfB um den Klassenerhalt zittern, daraus hat man gelernt. Auch in Stuttgart hat der Trainer - im Gegensatz zur Vorsaison - die komplette Vorbereitung geleitet, auch bei Sebastian Hoeneß ist ein klares System zu erkennen. Serhou Guirassy hat schon in der vergangenen Saison wichtige Tore erzielt, natürlich wird er seine Torquote der laufenden Saison nicht halten können, aber er ist ein Unterschiedsspieler. Das sieht man nicht nur an seinen Treffern, sondern auch an seinen Bewegungen und an seiner Technik.
Guirassy, Victor Boniface bei Leverkusen und Harry Kane bei Bayern tragen jeder auf seine Weise zum Erfolg ihrer Mannschaft bei. Kane mit seiner Erfahrung ist eiskalt im Sechzehner, Guirassy ist schnell und körperlich stark, ähnlich wie Boniface, der auch durch Dribblings im 1:1 zum Torerfolg kommt. Es sind unterschiedliche Typen, aber zum aktuellen Zeitpunkt performen alle drei auf einem Niveau.
Dortmund hat sich als Mannschaft gefunden
Borussia Dortmund hat etwas gebraucht, um die Enttäuschung der vergangenen Saison aus den Köpfen zu bekommen. Nach dem Weggang von Jude Bellingham mussten sie die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen. Sie sind in der Breite gut aufgestellt, verfügen über einen überragenden Torhüter und haben jetzt eine Mannschaft gefunden, die als Team zusammenarbeitet. Der BVB hat Spiele wie gegen Köln, in Freiburg und Hoffenheim glücklich gewonnen, aber das ist auch eine Qualität. Am Samstag haben sie gegen Union ein gutes Spiel gemacht und sind nach einem Rückstand zurückgekommen.
Köln in Not: Baumgarts System wird durchschaut
Am Tabellenende steht der 1. FC Köln mit nur einem Punkt aus sieben Spielen. Die Kölner haben vor der Saison wichtige Stützen wie Jonas Hector und Ellyes Skhiri verloren, im vergangenen Jahr schon Anthony Modeste und Salih Özcan. Darauf habe ich Steffen Baumgart beim Livespiel in Bremen angesprochen, aber er redet nicht gerne über die Vergangenheit und sagte: "Ich habe die Spieler, die da sind, die sind gut und die ziehen mit."
Baumgart schätzt die Situation richtig ein, er hat sich seine Position erarbeitet und hat nach wie vor das Sagen, aber die Kölner müssen unbedingt punkten, dann kommen das Selbstvertrauen und der Glaube zurück. Die Kölner haben in den vergangenen Jahren über performt und waren unangenehm zu spielen. Doch die Abgänge konnten nicht ersetzt werden und dazu wird Baumgarts System durchschaut, die Teams halten anders dagegen, deswegen tun sich die Kölner in dieser Saison schwerer.
Auch Borussia Mönchengladbach spielt nicht überragend. Früher ging es im Traditionsduell zwischen Köln und Gladbach um die Meisterschaft oder die Europapokalplätze, nach der Länderspielpause wird es ein Duell gegen den Abstieg sein.
Mit der USA-Reise tut man niemandem einen Gefallen
Über die Reise der Nationalmannschaft in die USA wurde in den vergangenen Tagen viel diskutiert. Ich habe vor vier Monaten schon gesagt, dass ich die Konstellation für unglücklich halte. Erstens: Wenn ich im kommenden Jahr eine Europameisterschaft in Deutschland habe, spiele ich doch in deutschen Stadien und nicht am anderen Ende der Welt. Ich hätte versucht, die Reisestrapazen so gering wie möglich zu halten und gegen europäische Gegner zu testen. Als Verantwortlicher hätte ich die letzten Länderspiele vor der EM in den deutschen EM-Stadien austragen lassen, um vor Ort Atomsphäre zu schaffen und die Fans und die Mannschaft jetzt schon zu vereinen. Von den nächsten vier Länderspielen sind aber drei auswärts (am 18. 11. spielt Deutschland in Berlin gegen die Türkei, am 21. 11. in Wien gegen Österreich, Anm. d. R.), das ist unglücklich.
Was die Ansetzungen der Partien gegen die USA und Mexiko angeht, hätte man auch am Freitag und Dienstag statt am Samstag und Mittwoch spielen können. Aber die Termine waren schon länger vereinbart, deshalb will ich den aktuell Verantwortlichen beim DFB gar keine Schuld geben. Wer diese Reise und diese Ansetzungen geplant hat, der hat den Spielern und den Bundesligavereinen keinen Gefallen getan. Die Zeit zwischen dem Mexiko-Spiel und dem nächsten Bundesliga-Spieltag, ich gehe gar nicht speziell auf die Partie Dortmund gegen Bremen am Freitag ein, ist einfach zu kurz. Ich hoffe, dass der DFB aus diesen Fehlern lernt.
Mehr zum Autor Lothar Matthäus
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.