So sieht mein EM-Kader aus
13.05.2024 | 15:41 Uhr
Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne, welche Spieler er für die Europameisterschaft nominieren würde - und welche nicht. Der Sky Experte blickt auf das Abschneiden von Dortmund, Leverkusen und Bayern in Europa und sieht den deutschen Fußball auf einem guten Weg.
Ich habe bereits am Samstag darüber gesprochen, dass ich Nico Schlotterbeck mit zur EM nehmen würde. Überrascht hat mich nur, dass sein Name, der nicht unbedingt ganz oben auf der Liste stand, als erster offiziell verkündet wurde.
Ich finde es sehr gut, dass der DFB bei der Bekanntgabe seines EM-Kaders einen neuen, modernen Weg geht. Diese Kampagne soll das ganze Land mitnehmen und zeigen, dass alle, ob unbekannt oder bekannt, ob jung oder alt, bei der Europameisterschaft eingebunden sind.
Und dadurch, dass man die Kaderbekanntgabe auf mehrere Tage verteilt, haben wir alle bis zum Donnerstag etwas zu diskutieren und zu schreiben.
Ich würde auf jeden Fall vier Torhüter nominieren. Manuel Neuer und Marc-Andre ter Stegen sind Weltklassetorhüter, aber beide waren in der Vergangenheit immer wieder von Verletzungen geplagt. Die beiden anderen Torleute sind bei mir Bernd Leno und Alexander Nübel. Nübel erstens wegen seiner starken Leistungen in dieser Saison für den VfB Stuttgart, und zweitens wegen seines Alters. Er ist der Einzige im Kandidatenkreis, der noch unter 30 ist, hat aber mit seinen 27 Jahren auch schon einige Erfahrungen gesammelt.
Ich bin ein Fan von Kevin Trapp, er ist ein positiver Typ und würde sicher nicht für Ärger sorgen. Aber vielleicht gibt er durch seine Art und seinen Namen für die Medien mehr her als andere. Ich glaube, dass der Bundestrainer bei engen Kader-Entscheidungen unter anderem auf diese Dinge schaut, auch wenn die Leistungen nicht schlechter sind als die der anderen Spieler.
Das könnte auch ein Problem für Leon Goretzka und Mats Hummels sein. Trotz seiner überragenden Auftritte für Dortmund in der Champions League.
Ich glaube nicht, dass einer dieser Spieler Probleme machen würde. Aber wenn es mal nicht läuft, kann es sein, dass von den Medien Fragen oder Forderungen gestellt werden. Ich denke, dass Nagelsmann so etwas vermeiden will.
Leon Goretzka gehört für mich - von seiner Persönlichkeit her und vor allem leistungsmäßig - in den Kader. Er ist ein Box-to-Box-Spieler ist, den wir sonst in dieser Form nicht haben. Vor allem mit seinen Läufen in den gegnerischen Strafraum kann er sehr wichtig werden.
Angelo Stiller hat in Stuttgart eine überragende Saison gespielt. Er bringt hohe Qualität mit und ist ein ruhiger, verhaltener Typ. Ich sehe ihn auf seiner Position momentan besser als Pascal Groß.
Spieler wie Stiller (23) oder der Hoffenheimer Maximilian Beier (21) können auch über die EM hinaus wichtig sein. Der Bundestrainer muss für zukünftige Turniere Perspektivspieler heranziehen, darum auch meine Entscheidung für Nübel im Tor.
Bei einer Nominierung gibt es immer Härtefälle. Kevin Trapp, Oliver Baumann, Pascal Groß, Robin Koch oder Julian Brandt könnten auch alle dazugehören, aber nur 26 dürfen nominiert werden.
Brandt hat wie seine Teamkollegen Schlotterbeck und Hummels beim BVB in der Champions League starke Leistungen gezeigt, aber das offensive Mittelfeld ist mit Jamal Musiala, Florian Wirtz, Leroy Sane, Müller und Co. sehr gut besetzt.
Toni Kroos, Ilkay Gündogan, Musiala und Wirtz können auf der Acht spielen, Robert Andrich und Stiller auf der Sechs, Goretzka auf der Sechs und auf der Acht. Auf den Außen habe ich Sane und Führich, auch Wirtz, Musiala, Undav und Beier können die Halbpositionen besetzen oder um die Sturmspitze herumspielen. Es gibt viele Varianten, aber nicht jeder kann dabei sein.
Abschließend noch ein Wort zu den Leistungen der deutschen Vereine in Europa. Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen haben die Endspiele in der Champions League und Europa League erreicht, der FC Bayern ist unglücklich ausgeschieden. Unsere Klubs haben Werbung für den deutschen Fußball betrieben - was auch im Hinblick auf die Vermarktung im Ausland sehr positiv ist. Sollte Dortmund das Finale gegen Real Madrid gewinnen, wären wir mit sechs Mannschaften in der Königsklasse vertreten. Der deutsche Fußball genießt immer noch großen Respekt - und jetzt kommen auch die Ergebnisse wieder dazu. Das untermauert, dass man auf dem richtigen Weg ist.
In der Bundesliga gibt es einen neuen Meister, der Abstiegskampf ist immer noch spannend, auch die 2. Liga ist sehr attraktiv. Dass mit St. Pauli und Kiel zwei Klubs aufgestiegen sind, die vor der Saison nicht unbedingt zu den Favoriten gezählt wurden, zeigt, dass der deutsche Fußball auch für Überraschungen gut ist. Deswegen haben wir gute Stimmung und ausverkaufte Stadien. Auch das sollte man am Ende einer Saison nicht unerwähnt lassen.
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