Matthäus: BVB muss viel zu lässiges Auftreten endlich abschalten
Matthäus-Kolumne: "So sehe ich das"
05.11.2019 | 18:20 Uhr
Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de. In dieser Woche spricht er über seine drei Überraschungen des Wochenendes.
Freitag: Dreierpack von Timo Werner
Es war das erste Mal, dass Timo drei Tore in einer Bundesliga-Partie gelingen. Ausgerechnet jetzt, da die Zukunft des jungen Top-Stürmers geklärt ist und er in Leipzig verlängert hat, gelingt ihm dieses Kunststück. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die tolle Leistung, die Timo beim schweren Auswärtsspiel in Gladbach gezeigt hat, auch mit der Ruhe und Sicherheit zu tun hat, die er nun, dank der Vertragsverlängerung in sich spürt. Er selbst hat sich zwar in seiner bescheidenen Art bei den Mitspielern bedankt, aber die Umstände und das positive Gefühl, das er seit der Klärung seiner Zukunft in sich trägt, haben einen großen Teil zu seiner Gala beigetragen.
In den letzten Wochen ist vieles auf ihn eingeprasselt, er musste sich lange Zeit Gedanken um seine Zukunft machen und den möglichen Wechsel zum FC Bayern gedanklich verarbeiten. Jetzt ist er frei von anderen Faktoren, weiß wo er hingehört und kann sich voll und ganz auf das konzentrieren, was er so toll beherrscht. Das Ergebnis: sein erster Dreierpack.
Werner weiter auf dem Bayern-Radar
Sowohl Leipzig als auch Timo können sich gegenseitig glücklich schätzen. Er ist ein Straßenfußballer, ein Instinkt-Kicker und ich bleibe dabei, einer, der auch dem FC Bayern sehr gut zu Gesicht gestanden hätte und weiter auf dem Radar des Rekordmeisters bleiben wird.
Nun treffen sich beide Vereine am nächsten Spieltag in 14 Tagen zum Spitzenspiel in Leipzig. Für mich riecht es nach einem Unentschieden. Bereits bei den vergangenen Aufeinandertreffen waren es meistens sehr ausgeglichene Partien. Heute habe ich den Eindruck, dass die Leipziger abgezockter sind. Sie erfreuen sich nicht nur an ihrer spektakulären Offensive, sondern denken vermehrt daran, die Balance zu halten und clever zu sein, um am Ende auch zu gewinnen. Ich freue mich sehr auf den ersten Schlagabtausch zwischen Leipzig und Bayern. Und Timo Werner mit Sicherheit auch.
Samstag: Dortmund verliert bei Union
Die Überschrift zur 1:3-Pleite der Dortmunder bei Union Berlin lautet: Mentalität schlägt Qualität. Es werden sich noch einige Mannschaften wundern, die denken, dass sie mit 80 Prozent ihrer Leistung beim Aufsteiger aus Berlin bestehen können. Denn dann werden sie genauso wie Borussia Dortmund, an der alten Försterei als Verlierer vom Platz gehen. Genauso wie in der letzten Saison patzt der Meisterschaftskandidat bei einem vermeintlich kleinen Gegner.
Natürlich hat das mit mangelnder Einstellung, Wille und Leidenschaft zu tun. Anstatt gerade gegen einen individuellen schlechteren Gegner eine Machtdemonstration zu zeigen, lassen die Dortmunder wie bereits in der vergangenen Saison die spielentscheidenden Eigenschaften außer acht. In der letzten Saison hat ihnen dieser Schlendrian die Meisterschaft gekostet.
Dortmund soll auch mal aus 4-2-3-1 ausbrechen
In Augsburg, Düsseldorf, Nürnberg oder bei der einzigen Heimpleite gegen Schalke 04 haben es die Dortmunder nicht verstanden, den Gegner zu besiegen. Das einzig Positive am BVB war, dass die Spieler und die Bosse nach der Partie selbstkritisch waren und sich nicht in die Tasche gelogen haben. Allerdings müssen Sie dieses viel zu lässige Auftreten endlich abschalten.
Ich finde auch, dass sie mutiger agieren könnten und aus dem 4-2-3-1 mit einer Doppel-Sechs gerne mal ausbrechen, einen defensiven Spieler für einen offensiven opfern und den Gegner mit mehr Angriffs-Power überrollen. Am besten sie machen das auch nicht erst, wenn sie hinten liegen, sondern zeigen von Anfang an, wer hier eigentlich um die Meisterschaft spielen will. All das soll die Leistung von Union Berlin aber nicht schmälern. Sie waren Dortmund in allen Belangen überlegen und das will was heißen. Sie sind mehr gelaufen, hatten die besseren Torchancen und haben ihr fantastisches Publikum so verwöhnt, wie es dieses verdient hat.
Sonntag: Bobic verhandelt auf der Tribüne
Mit einem Schmunzeln habe ich am Sonntagabend am Frankfurter Flughafen die Interviews von Fredi Bobic nach der Partie zwischen Frankfurt und Düsseldorf bei Sky90 verfolgt. Dass ein Sport-Vorstand oder ein Manager das Spiel seiner Mannschaft im eigenen Stadion nicht verfolgen kann, weil er parallel dazu den Wechsel seines Spielers Ante Rebic zum AC Mailand einfädelt, hat schon Seltenheitswert. Sowas habe ich noch nie gesehen. Herrlich wie Fredi ohne um den heißen Brei zu reden, offen und ehrlich zugibt, was sich in den 90 Minuten abgespielt hat.
Am Ende war es mal wieder so, dass ein Spieler alles getan hat, um den Verein zu wechseln und somit bei Rebic ein fader Beigeschmack bleibt. Er hat ohne Zweifel Großartiges für die Eintracht geleistet. Der Abgang war jedoch nicht gentlemanlike. Heute das Wappen küssen und morgen um jeden Preis gehen wollen. Schade, dass das immer öfter so ist. Aber wer Bobic und Frankfurt kennt und verfolgt, der muss sich keine Sorgen machen.