Matthäus Kolumne zum Zwist zwischen dem FC Bayern und Manuel Neuer
Matthäus: Neuers öffentliche Aussagen "nicht clever"
21.04.2020 | 17:21 Uhr
Rekordnationalspieler und Sky Experte Lothar Matthäus analysiert jede Woche exklusiv in seiner Kolumne "So sehe ich das" aktuelle Themen der Fußballwelt auf skysport.de. In dieser Woche geht es um die Nebengeräusche bei den Vertragsverhandlungen zwischen dem FC Bayern und Manuel Neuer.
Das Thema Vertragsverlängerung von Manuel Neuer sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. Nicht zuletzt, weil der Bayern-Kapitän und sein Berater Thomas Kroth in der Bild am Sonntag ihrem Unmut über das Ausplaudern von Vertragsinhalten Luft gemacht haben.
Ich schätze Thomas und Manuel sehr. Mit Thomas habe ich früher zusammen in der U21 gespielt und weiß, dass er ein absolut seriöser Manager ist und die Verhandlungen mit Bayern garantiert nie unverschämt oder respektlos ablaufen. Generell finde ich die getätigten Aussagen im Kern positiv. Manuel hat betont, unbedingt bei Bayern bleiben zu wollen. Aber er erwähnt eben auch, was ihn aktuell so sehr stört.
Öffentliche Aussagen waren nicht clever
Es war in meinen Augen nicht clever, das Thema durch öffentliche Aussagen größer zu machen, als es schon ist. Das hätten sie sich sparen können und es stattdessen intern - so wie es sie sich ja auch wünschen - ansprechen und klären können. So wurde nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen. Ich kann das aber ein Stück weit verstehen und nachvollziehen. Wenn ich mich zu meiner Zeit als Spieler öffentlich ungerecht behandelt gefühlt habe, bin ich oft den gleichen Weg gegangen und habe meinen Frust in den Medien kundgetan. Das war im Nachhinein selten der richtige Weg.
Neuer und sein Management sind verständlicherweise enttäuscht darüber, dass Interna nach außen dringen. Der Inhalt von Verhandlungen bleibt jedoch nie nur bei den Personen, die mit am Verhandlungstisch sitzen. Am Ende kommt es manchmal zu einem Domino-Effekt, bei dem kaum einer sagen kann, wer wem was warum erzählt hat. Das gehört leider manchmal zum Geschäft dazu.
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Neuer wird beim FC Bayern verlängern
Es steht für mich außer Frage, dass Manuel und Bayern sich einig werden und der Vertrag in naher Zukunft verlängert wird. Es wird für beide Parteien eine Win-win-Situation sein und ich hoffe, dass dies nicht mehr lange dauert.
Manuel Neuer ist weiterhin einer der drei besten Torhüter der Welt und nicht einfach irgendwer. Er ist Bayerns und Deutschlands Kapitän. Und wenn der Vertrag um drei Jahre verlängert werden sollte und er dabei bestens verdient, dann sollte das für alle in Ordnung sein.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Neuer der Raffzahn ist, als der er jetzt rüberkommt, weil manch einer der Meinung ist: mitten in der schlimmsten Krise, die die Welt seit zig Jahren aktuell erlebt, kommt ein Fußballer und will in fünf Jahren 100 Millionen Euro verdienen. Die Verhandlungen und Annäherungen haben mit Sicherheit vor Monaten begonnen und dann ist dies etwas ganz anderes.
Fehlende Wertschätzung? Neuer liegt falsch
In Zeiten, in denen Bayern Rekordumsätze verkündet, Neuer Weltklasse-Leistungen zeigt und es zu den ersten Gesprächen kommt, erscheinen solche Zahlen in einem anderen Licht und sind moralisch auch vertretbar.
Ich war bei Robert Lewandowski der Meinung, dass er sein Gehalt selbst eintragen möge. Denn er liefert im Vergleich zu vielen anderen Spielern seit Jahren Tore, ist nie verletzt, entscheidet wichtige und unwichtige Spiele und ist von niemandem zu ersetzen. Sein Verdienst von annähernd 25 Millionen Euro ist gerechtfertigt. Bei Neuer ist es sportlich ähnlich. Der eine trifft vorne wie er will, der andere hält hinten so gut wie alles. Es ist sein gutes Recht, so gut wie möglich für seine tollen Leistungen bezahlt zu werden.
Aber wenn Neuer eines nicht kann, dann ist es dem FC Bayern fehlende Wertschätzung zu unterstellen. Es gab auch ein paar Monate in der Vergangenheit, in denen er sich den einen oder anderen überflüssigen Ball ins Netz gelegt hat und wehe, jemand hat ihn öffentlich kritisiert. Die Antwort der Bosse ließ nicht lange auf sich warten. Also eines ist Fakt: Der FC Bayern ist unglaublich sportlich und fair bei Angelegenheiten außerhalb des Platzes. Alte Spieler, die in Not geraten, werden unterstützt. Verträge werden gern demonstrativ dann verlängert, wenn ein Spieler lange verletzt ist und aufgebaut werden muss. Ich könnte noch etliche Beispiele aufzählen, die das untermauern.
Bayern wird Gespräch mit Ulreich suchen
Aber wie das Wort Wertschätzung schon vermuten lässt, geht es Neuer und seinem Management auch um einen gewissen Wert und den bemisst man eben auch in Geld. Aber so ein Vertrag ist ja ein komplexes und detailliertes Papier. Da steht nicht einfach nur 20 Millionen drin. Das ist oftmals an vieles gekoppelt. Ein eventuelles Triple, die Wahl zum Welttorhüter, Einsätze, Zu-Null-Spiele, etc. Ich wünsche mir von nun an bei allen, die zu diesem Thema beitragen, etwas mehr Fingerspitzengefühl und dann wird es auch ein vernünftiges und baldiges Ergebnis geben.
Was den Torhüter-Platz auf der Bayern-Bank betrifft, kann ich mir nicht vorstellen, dass der Verein den hoch talentierten Alexander Nübel verpflichtet, um ihn dann bei den Amateuren spielen zu lassen. Sven Ulreich hat seine Sache bisher gut gemacht und war ein ruhiger und meist zuverlässiger Vertreter von Neuer. Aber ich denke, dass Bayern das Gespräch mit ihm suchen wird. Es ist kaum vorstellbar, dass Nübel erst noch verliehen wird. Die Tür bei Schalke ist zu, einen besseren Klub als S04, um Spielpraxis zu sammeln, wird er nicht finden und das wohl auch nicht wollen. Somit dürfte klar sein, dass er zur neuen Saison die Nummer zwei hinter Manuel Neuer sein wird.