Mehmet Scholl kritisiert das neue DFB-Jugendkonzept
Sky exklusiv || Scholl über Beziehung zu Kahn: "Waren gegenseitig Luft"
03.11.2023 | 15:33 Uhr
Ex-Bayern-Star Mehmet Scholl gibt im Sky Format "Meine Geschichte" Einblicke in sein Leben. Er spricht über seine Beziehung zu Uli Hoeneß und Oliver Kahn und kritisiert das Jugendkonzept des DFB deutlich.
Im Interview mit Riccardo Basile erklärt Scholl, warum er Hoeneß vertraut und wie angespannt sein Verhältnis zu Oliver Kahn war.
Mehmet Scholl…
--- über seine Beziehung zu Oliver Kahn:
"Ich war froh, diesen Typen hinter mir im Tor zu haben. Er sucht Seinesgleichen. Auf der anderen Seite ist die menschliche Komponente. Wir kannten uns aus Karlsruhe, seit er 13 und ich elf war. Und dann saßen wir auch bei Bayern München zehn Jahre in der Kabine gegeneinander - äh, ich meine nebeneinander. Das ist ein interessanter Versprecher. Ich würde sagen, dass wir auf den Platz gegangen sind und wussten, dass wir uns zu 100 Prozent aufeinander verlassen konnten. In der Kabine hatten wir auch echt gute Zeiten - das bedeutet, dass wir uns schon mal gegrüßt haben. Das waren dann wirklich die guten Zeiten. In schlechten Zeiten waren wir gegenseitig Luft.
... über sein Verhältnis zu Uli Hoeneß:
"Da gab es einen dieser Schlüsselmomente, wo ich gesagt habe: 'Ich vertraue diesem Mann einfach. Wenn einer diesen Weg kennt, den ich selbst noch nicht kenne, wie mein Weg auszusehen hat, dann er.' Es war eine Abschlussfahrt im Oman und dann saßen wir am Strand und er hat ein Routinegespräch angefangen und mich gefragt, wie es mir geht in München und ob es mir bei Bayern gefällt. Ich habe ihm dann geantwortet, dass ich das nicht schaffe und wegwill. Er hat sich meine Begründung angehört, hat nichts gesagt und gelächelt und sagte dann: 'Wir möchten gerne jetzt schon verlängern, aber...' Und dann habe ich den Einlauf meines Lebens bekommen: 'Du benimmst dich wie ein kleines Kind, du arbeitest nicht, du hast einen Körper wie ein 15-Jähriger, du hast 63 Kilogramm, bist kein Athlet und suchst dir aus, wann du Leistung bringst.' Da habe ich mich als junger Kerl geschüttelt und mich gefragt, was hier grad passiert."
…über den Auslöser, weshalb er sich nach langer Abstinenz wieder in der Öffentlichkeit zeigt und äußert:
"Es gab nicht den einen Moment, der der Auslöser dafür war. Allerdings geht im Fußball aktuell wieder ein bisschen mehr in die richtige Richtung. Der Einzige, der das zerstören kann, ist der DFB mit seinem Konzept. Als ich das gelesen habe, dachte ich mir nur - Um Gottes Willen."
…auf Rückfrage von Riccardo Basile, ob er dabei auf das neue Jugendkonzept abzielt:
"Genau. Ich habe es vorab zugesendet bekommen. Das Konzept wird sicherlich erfolgreich sein - das habe ich den Beteiligten auch so kommuniziert. Sie werden alle ihre Jobs behalten. Das, was mit dem Konzept jedoch an Erfolg erzielt werden soll, wird ganz schwierig umzusetzen. Ich lasse mich überraschen."
…darüber, warum er sich mit dem neuen Jugendkonzept des DFB keinen Erfolg verspricht:
"Das Konzept schreibt zwar, dass wir Erfolg haben wollen, darüber hinaus umfasst es allerdings alles. Es gibt keine Reihenfolge, keine Gewichtung, keine Unterschiede zwischen den Kindern und den Menschen, mit denen man zu tun hat. Ein Franck Ribéry tickt ganz anders als ein Stefan Effenberg - schon in der Jugend. Dass an dieser Stelle nicht unterschieden wird - schwierig. Sagen wir mal so: ich hatte nach 10 von 60 Seiten den Eindruck, dass man nicht versteht, was ausgedrückt werden soll. Ich persönlich kenne diese Sprache, weil ich die Ausbildung zum Fußballlehrer genossen habe. Jemand, der dies nicht getan hat, der versteht in diesem Konzept nichts. Noch dazu ist nicht herauszulesen, wie man den Erfolg erzielen will. Wie sieht der Weg eines Kindes aus? Wie fördert man das Kind entsprechend? Es wird vielmehr versucht, die altherkömmlichen Muster, wie Profifußball im Endeffekt in der Entwicklung auszusehen hat, neu zu gestalten. Ich bin nicht Nostradamus und kann nicht in die Zukunft schauen, deswegen lasse ich mich einfach überraschen und wenn es letztendlich funktioniert, bin ich der Erste, der Bravo sagt."
Das Interview führte Riccardo Basile.
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